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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Czechisches Recht

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Czechisches Recht

buch" (2 Bde., ebd. 1844-46); J.^[Josef] Rank, "Taschenwörterbuch der böhm. und deutschen Sprache" (5. Aufl., ebd. 1887); ein neues großes Wörterbuch giebt Kott heraus (5 Bde., ebd. 1878-87; dazu bis 1892 zwei Nachtragsbände). Das Slowakische behandeln: Hattala, "Mluvnica jazyka slovenského" (Pest 1864), J.^[Josef] Victorin, "Grammatik der slowak. Sprache" (4. Aufl. von J.^[Josef] Loos, Budapest 1878), J.^[Josef] Loos, "Wörterbuch der slowak., ungar. und deutschen Sprache" (Pest 1871). Die czech. Dialektologie behandeln Šembera, "Základové dialektologie československé" (Wien 1864) und Bartoš, "Dialektologie moravská" (Tl. 1, Brünn 1886).

Czechisches Recht. Das C. R., soweit es auf Grund der wenigen und überdies nicht immer zuverlässigen Nachrichten der ältesten böhm. Chronisten (insbesondere Cosmas, gest. 1125, und seine Fortsetzer) in seiner ursprünglichen Gestaltung konstruiert werden kann, zeigt den gleichen Charakter wie die Rechte der den Czechen stammverwandten Polen, Russen und Serbo-Kroaten. Die eigentümlichen Formen einer Gentilverfassung von welcher sich bei allen slaw. Völkerschaften Spuren vorfinden, und welche bei den Südslawen in den sog. Hauskommunionen bis auf die Gegenwart sich erhalten haben, erscheinen auch im C. R. nicht bloß als Grundlagen des gesamten Privatrechts, sondern üben einen merklichen Einfluß auch auf die Entwicklung des öffentlichen, insbesondere des Staatsrechts aus. Das älteste Gesetz über die Erbfolge auf dem Herzogsstuhl von Böhmen, das Gesetz Herzog Břetislaws I. von 1055, bestimmt in Übereinstimmung mit dem Grundprincip der gesamten czecho-slaw. Familienverfassung, es habe von mehrern Mitgliedern der regierenden Familie der jeweilig Älteste den Thron zu besteigen. Dieses Princip des Seniorats, welches auch bei den übrigen Slawen thatsächlich in Geltung stand, bisweilen auch grundgesetzlich ausgesprochen wurde, erhielt sich in Böhmen bis ins 13. Jahrh. hinein (1216). Auf dem gleichen Princip war auch das Institut der Gesamtbürgschaft aufgebaut. Indes lassen sich die einzelnen, der ältesten Periode der czech. Rechtsgeschichte angehörenden Rechtsinstitute nur durch Vergleichung mit den über das älteste Rechtsleben der übrigen slaw. Völker vorhandenen Quellen feststellen. (S. Slawisches Recht.)

Das älteste, speciell czech. Rechtsdenkmal bildet das in lat. Sprache geschriebene, mit vielen czech. technischen Ausdrücken untermengte sog. Statut Herzog Konrad Ottos (1189-91). Dieses Statut (jus Conradi) gewährt ein Bild der czech. Gerichtsverfassung und des Rechtsganges vor den sog. Gaugerichten (Cuden, s. d.). Daneben trat für Streitigkeiten über geringfügigere Gegenstände eine Art Schiedsgericht (slubný sud) zusammen. Neben prozessualischen enthält das Jus Conradi auch mehrere Bestimmungen über Privat-, namentlich Erb- und Familienrecht, sowie auch über Strafrecht. So wie nun die Ottonischen Statuten auf bestehende Rechtsgewohnheiten ausdrücklich verweisen, setzen auch die spätern Gesetze der böhm. Könige und die besonders im 14. Jahrh. zahlreicher auftretenden Rechtsbücher (das sog. Rosenberger Rechtsbuch, der Ordo judicii terrae, Andreae a Duba Explanatio juris terrae Boemiae, das erste und letzte in czech. Sprache geschrieben) das Vorhandensein eines ziemlich ausgebildeten Gewohnheitsrechts voraus. Der böhm. hohe Adel hielt fest an diesem Charakter des Rechts und hinderte alle Versuche der böhm. Könige (Přemysl Ottokar II., Wenzel II. und Kaiser Karl IV., dessen Entwurf eines Gesetzbuchs, die sog. Majestas Carolina, 1355 zurückgezogen wurde), an Stelle schwankender Rechtsgewohnheiten ein festes Gesetz zu stellen.

Im 13. und 14. Jahrh. begann die Städtegründung und damit die Einführung des deutschen Rechts, das sich bei den Kolonisten im Lande und dann auch bei der einheimischen Landbevölkerung selbst verbreitete. Dadurch wurde das czecho-slaw. Recht, neben welchem ursprünglich das deutsche nur als Sonderrecht eines Standes gelten sollte, thatsächlich allmählich selbst zu einem Ausnahmsrechte, und die Geltung desselben beschränkte sich auf den Adelstand allein, der ihm aber nun eine um so größere Pflege angedeihen ließ. Es kamen Darstellungen zu stande, die (wie das sog. Neunbücher-Recht Vict. von Vschehrds von 1499) ein klares Bild des gesamten czech. Rechtssystems boten, teilweise auch (wie das sog. Tobitschauer Rechtsbuch von 1482 bis 1486) gesetzliche Autorität hatte und den spätern Kodifikationen des Landrechts zu Grunde gelegt wurden.

Die älteste Kodifikation des czech. Landrechts erfolgte unter der Regierung König Wladislaws II. 1500, und es reihen sich dieser sog. Landesordnung die Landesordnungen von 1530, 1549 und 1564 für Böhmen an, während in Mähren neben einer kurzen Landesordnung von 1516 die Landesordnungen von 1535 (von den Ständen ohne königl. Bewilligung 1545 neu gedruckt) und 1562 zu stande kamen. Diese Landesordnungen, welche in erster Reihe Bestimmungen über das Prozeßverfahren vor dem Landrechte enthalten, überdies jedoch vielfach Fragen des Privat-, Straf- und des Staatsrechts feststellen, fußen meistens auf Entscheidungen des Landgerichts, welche in der sog. Landtafel (s. d.) verzeichnet wurden. Die Kodifizierung des Landrechts hinderte jedoch keineswegs die Beeinflussung desselben durch die Stadtrechte, unter denen inzwischen das Stadtrecht von Prag immer mehr Ansehen erlangt und die Geltung namentlich des Magdeburger Rechts auf ein stets engeres Gebiet beschränkt hatte.

Nach der Schlacht am Weißen Berge (1620) wurde dem böhm. und mähr. Adel in der sog. "verneverten" Landesordnung Kaiser Ferdinands II. (für Böhmen von 1627, für Mähren von 1628, beide 10. Mai) das Recht der Mitwirkung bei der Gesetzgebung ausdrücklich entzogen, das Gesetz als alleinige Quelle des Rechts erklärt und die Absicht des Kaisers direkt ausgesprochen, das böhm. und mähr. Landrecht nicht nur mit dem Stadtrechte, sondern auch mit den in den übrigen österr. Ländern in Geltung stehenden Rechten in Einklang zu bringen. Diese Landesordnung wurde durch königl. Novellen und Deklaratorien erläutert und vervollständigt und durch dieselben der Rechtszustand des Landes dem in den übrigen österr. Ländern bestehenden immer mehr genähert. Gleiches geschah auf dem Gebiete des Stadtrechts; das Prager Stadtrecht, das 1579 von P. K. Koldin zusammengestellt und von Kaiser Rudolf II. bestätigt und 1610 für ganz Böhmen als ausschließlich geltend erklärt worden war, wurde durch kaiserl. Entschließungen von 1680 und 1697 für alle Städte Mährens und Schlesiens, 1784 schließlich auch für den Bauernstand Mährens als ausschließlich geltendes Gesetzbuch eingeführt.

Die österr. Gesetzbücher des 18. Jahrh. wurden sofort nach ihrer Bestätigung auch in den böhm. Län-^[folgende Seite]

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