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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dändliker - Dandy
Tändliker, Karl, schweiz. Historiker, geb. 6. Mai ^ dc
1849 zu Elsau im Kanton Zürich, studierte in Zü-
i"l: !
rich und München Geschichte, wurde 1872 Geschichts-
lehrer am Seminar in Kühnach, 1875 anherdem
Privatdocent an der Hochschule Zürich, 1887 auher-
ord. Professor für Schweizcrgeschichte. Er schrieb
namentlich: "Lehrbuch der allgemeinen Geschichte"
(mit I. I. Müller, Zür.^1872; 3. Aufl. 1891), "Lehr-
buch der Geschichte des ^chweizervoltes" (ebd. 1875'
2. Aufl. 1889 u. d. T. "Kleine Geschichte der Schweiz"),
"Ursachen und Vorspiel der Burgunderkriege" (ebd.
1876), "Der Ustertag und die polit. Bewegung der
dreißiger Jahre im Kanton Zürich" (ebd. 1881),
"Geschichte der Schweiz" (Bd. 1-3, ebd. 1884-
87; neue Ausgabe 1892-93), "Hans Waldmann
und die Züricher Revolution von 1489" (ebd. 1889),
"Übersichtstafeln zur Schweizergeschichte" (ebd.
1890), "Übersichtstafeln der allgemeinen Geschichte"
(ebd. 1891).
Tandölo, venet. Patricierfamilie, deren ältesteo
nachweisbares Glied einer der 12 Wähler des ersten
Dogen (697) war, und die Venedig vier Dogen und
unter diesen seinen größten gab; dieser ist Enrico
D., geb. um 1108. Früh zu hohen Stellungen ge
langt, ging er 1173 als Gesandter nach Byzanz an
den Hof des Kaisers Manuel, der seinen bisherigen
Gewaltakten gegen Venedig die Blendung D.s hin-
zufügte. Doch verlor D. nicht ganz das Augenlicht;
er wurde 1. Jan. 1192 zum Togen gewählt. Unter
seiner Leitnng begann für Venedig ein neues Zeit-
alter, das seiner Großmachtstellung im Orient. D.
fing damit an, die Genucsen, die sich in Pola und
Istrien festgesetzt hatten, von dort zu verjagen. Alc
darauf franz.-flandr. Unterhändler die Republik zur
Überführung des Heers für den vierten .^rcuzzug
zu bestimmen suchten, beredete D. dieselben, sich
zur Mahlung einer bedeutenden Summe bierfür zu
verpflichten und brachte dadurch die Leitung de5
ganzen Unternehmens in seine Hände. Nackdem er
trotz seiner hohen Jahre den Flottenbefehl persönlich
übernommen, brachte er, dein Willen des Papstes
entgegen, die Kreuzfahrer dazu, erst Dalmatien,
namentlich Zara, für Venedig zu erobern, dann an-
läßlich der in Konstantinopel aufgebrochenen Tbron-
wirren dorthin statt nach Palästina zu steuern. Unter
persönlicher Teilnahme des blinden Dogen am .^ampf
wurde die Vosporusftadt angegriffen; erst unterwarf
sie sich auf Bedingungen, erhob sich aber, als die
auferlegten Verpflichtungen sich als nicht ausfübr-
bar erwiesen und wurde nun 13. April 1204 ein-
genommen und furchtbar verheert. Aus der unge-
heuern Bellte sandte D. zahlreiche Reliquien und
Kunstwerke, namentlich die herrücken vier Pferde
und die Thüren der Hagia Sopbia, welche jetzt
noch die Markustirche fchmücken, nach Venedig.
Das Griechische Reich zerteilte man auf D.s Rat in
eine Ne'che von Fürstentümern, welche alle der Obev^
Hoheit des in Konstantinopel errichteten Lateinischen
Kaisertums unterstellt wurden. Frei von dessen
Lehnsherrlichkeit blieb nur Venedigs nmfangrcicker
Anteil an dem eroberten Gebiet: Nikopolis, Heraklea,
Nitomcdia, Rodosto, Gallipoli, ein ^nartier von
Konstantinopel, die Küste von Morea (s. Romania)
und zahlreiche Inseln von der Adria bis zu den
Dardanellen; zu diesem Gewinn fügte D. nachträg-
lich noch das käuflich erworbene Kreta. Venedig
gewann damit außer der Seidenindustrie von Morea
die Herrschaft über die Hauptstraße für den asiat.-
europ. Handel, welcher damals großenteils durch
das Schwarze Meer ging und die thatsächlich leitende
Stellung im Orient, deren Gehässigkeit D. dem
scheinbar an die Spitze gestellten Lateinischen Kaiser-
tum zuzuschieben die Klugheit hatte. Doch war der
Macktzuwachs der Republik so ungeheuer, daß nach
D.s Tode eine Verlegung der Regierung von Vene-
dig nach Konftantinopel in ernste Erwägung gezogen
wurde (s. Ziani). D. starb 14. Juni 1205 in Kon-
stantinopel, nachdem er noch einen nicht glücklichen
Feldzug in Rumelien unternommen. Seine Gruft
in der Hagia Sophia zerstörten die Türken 1453.
- Vgl. Vuckbolz, Heinrich D., Doge von Venedig
(in der "Zeitschrift für Geschichte und Politik",
1805, Bd. 1); Cipolla, Enrico D. (im "^renivio
Vkueto", 1880).
Giovanni D., Doge von Venedig seit März
1279, gest. Nov. 1289, Nachfolger des Giacomo
Contarini, verhinderte trotz des päpstl. Interdikts,
daß Venedig in den Kampf für Karl von Anjou
gegen Peter von Aragonien, zu welchem Martin IV.
aufrief, eintrat. Ebenso wahrte er Venedigs Frei-
beit gegen Rom, als Honorius IV. nach Aufhebung
des Interdikts bier die Inquisition einführte, indem
er deren Urteilssprüche an die vorherige Zustimmung
der Repuplik knüpfte. Unter ihm sollen die ersten
Zecchinen geprägt worden sein.
Francesco D., Doge von Venedig 8. Jan. 1328
bis 31. Okt. 1339. Unter ihm faßte Venedig festen
Fuß auf der ^m-ra tsrina, indem es Martino della
Scala, mit welchem es wegen seines Salzmonopols
zum Krieg gekommen war, schlug und ihm Treviso
und Bassano abnahm.
A n d r e a D., geb. 1310, Doge vonVenedig 4. Jan.
1343 bis 7. Ott'. 1354. Er bekämpfte die Türken,
die Venedigs Besitzungen am Ägäischen Meer be-
drohten, verständigte sich aber bald mit ihnen, als
sie der Republik günstige Handelsbedingungen ge-
wäbrten und die Verdrängung der Genuesen, die
seit 1261 Herren des Schwarzen Meers waren, aus
dem Alleinbesitz des Handels mit Indien in Aussicht
stellten. Venedig schlug nun zwar die von Ungarn
begünstigte Erbebung von Zara nieder, litt aber
durch Pest und Erdbeben 1348 dermaßen, daß Genua
glaubte ungestraft die venet. Schiffe im Schwarzen
Meer wegnebmen zu können. Allein D. verbündete
sich mit dem griech. Kaiser und dem König von
Sicilien und vernichtete bei Cagliari die Flotte der
Genuescn. Durch ihn oder auf fein Geheiß wurden
verfaßt die Urkundenbücher: I^idkv dienen", o. i.
Verträge des venet. Staates mit den occident. Mäch-
ten, und I^id6i- aldu8, d. i. Verträge mit den orient.
Mächten; ferner das Onronieon Venstorum, das
sind Annalen, die die Geschichte Venedigs von seinem
Ansänge bis zum Tode des Dogen Contarini (1280)
in 7 Büchern umfassen. Eine bis ins 15. Jahrb.
reichende Fortsetzung zu letzterm Werk schrieb Rafaele
Caresini. - Vgl. Tafel und Thomas, Der Doge An-
dreas D. und dievondcmselbenangelegtenUrtunden-
sammlungen zur Staats- und Handelsgeschichte Ve-
nedigs (Münck. 1855); Thomas, Kommission des
Togen Andreas T. sür die Insel Kreta vom 1.1350
(ebd. 1877); Simonsfeld, Andreas D. und seine
Geschicktswerke (ebd. 1876).
Dandy (spr. dänndi; Mehrzahl Dandies), engl.
Wort, dessen Begriff das deutsche "Stutzer" nur un-
vollkommen, besser schon das neuere, wienerische
"Gigerl" wiedergiebt. Es stammt wahrscheinlich von
w (d^nclw, tändeln, bätscheln, und schon in einem
alten Voltvveime lommt .link ^(liuni) vor. In