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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deplorabel - Deportation
Deplorabel (lat.), bejammernswert.
Deployieren (frz., spr. -plöajieren), Auseinan-
derziehen, Bewegung der Elementartattik, die den
Übergang aus einer Kolonne zur Linie bezweckt. Das
D. unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Auf-
marsch (währenddessen die vorderste Abteilung in
Bewegung bleiben kann) nicht nur dadurck, dah die
vorderste Abteilung Halt macken muß, sondern über-
haupt durch größere Umständlichkeit und Förmlich-
keit, indem die hintern Abteilungen sich zunächst
durch einen parallel zur Frontlinie ausgeführten
Flankenmarsch aus der Kolonne herausziehen und
dann mit der halben Wendung senkrecht zur Grund-
linie einrücken. Eine rechts abmarschierte Kolonne
muß, wenn die Linie normal hergestellt werden soll,
links deployieren (und umgekehrt), andernfalls ent-
steht Inversion. Um diese früher so verpönte anor-
male Aufstellung unter allen Umständen vermeiden
zu können, war eine besonders künstliche Evolution
erfunden: das Deploiement aus der Tiefe,
welches die Herstellung der normalen Linie aus einer
rechts abmarschierten Kolonne nach rechts ermöglichte
und umgekehrt. Die heutigen Reglements baben der-
artige wertlose Künsteleien längst über Bord ge-
worfen. (^. auch Bewegungen.)
Depoh, ostind. Maß, s. Depa.
Depolarifation, s. Galvanisches Element.
Deponens, in der Grammatik ein Zeitwort
passiver Form, aber aktiver Bedeutung, wie lat.
doi'toi-, ich ermähne; molior, ich sterbe. Der Name
stammt von lat. äeponEi-e, d. i. ablegen, weil das D.
gleichsam seine der passiven Form entsprechende Be-
deutung abgelegt hat. Diese Zeitwörter hatten ur-
sprünglich reflexive Bedeutung, z. B. avei-Zoi-, ich
verabscheue, eigentlich: ich wende mich weg.
Deponent (lat.), derjenige, der etwas niederlegt,
s. Depositum und Deposition; auch derjenige, der
vor einer Behörde ein Zeugnis ablegt oder ein Gut-
achten abgiebt.
Deponieren (lat.), etwas ablegen, niederlegen,
in Verwahrung geben; gerichtlich aussagen.
Depopulation (lat.), Entvölkerung.
Deport (frz. ä^port, spr. -pohr), Kursabzug.
An der Börse werden aus verschiedenen Veran-
lassungen Wertpapiere so verkauft, daß der Ver-
käufer die gleichen Papiere nach einer bestimmten
Frist (Monat) vom Käufer zurückkauft, oder so ge-
tauft, daß der Käufer die gleichen Papiere nach der
Frist an den Verkäufer zurückverkauft. Das Gefchäft
wird abgeschlossen zum Liquidationskurse, das ist der
Kurs, der am zweiten Tage vor ultiino als der für die
Ultimogeschäste maßgebende Kurs an der Börse fest-
gestellt wird. Der Preis des zweiten (entgegengesetz-
ten) nach Ablauf eines Monats zu realisierenden Ge-
schäfts ist derselbe, nur wird dem Liquidationskurse
ein geringer Betrag zugeschlagen (Report) oder
von demselben abgezogen (Deport). Die nächste
Veranlassung zu diesen Reportgeschäften bieten die
Prolongationen von Zeitgeschäften (s. d.). A. hat in
der Hoffnung, die Papiere fallen, per ultimo Juli
an B. verkauft. Es tritt aber steigende Ricktung
ein; infolgedessen sucht A. bei V. am 20. Juli die
Prolongation per ultiino August nach. Dieselbe
wird so bewilligt, daß die Differenz des maßgeben-
den Liquidationskurscs vom zweiten Tage vor
ultimo gegen den gehandeltcn Kurs bar vergütet
und der Verkauf zum Liquidationskurfe vom Juli
abzüglich eines D. auf ultiino August prolongiert
wird. Im umgekehrten Zalle, wo A. in der Hoff-
Vrockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl.. IV.
nung auf steigende Kurse gekaust hat, hat er dem B.
bei der Prolongation den um den Report gesteiger-
ten Liquidationskurs zu bewilligen. Soweit für
die gehandelten Papiere Zinsen berechnet werden,
werden die laufenden Stückzinsen beim D. gegen-
gerechnet. Der Report ist als ein Zusatz zu den
laufenden Zinsen zu verstehen.
Findet A. den B. zu einer Prolongation nicht
bereit, so schließt er mit einem Dritten das von B.
abgelehnte Geschäft. Er kauft von C. p6i- ultimo
Juli und verkauft p6r ultiino August unter Be-
willigung eines D.; oder er verkauft an C. psr
ultimo Juli und kauft von ihm per ultiino August
unter Bewilligung eines Reports. Mit dem, was
er von C. erlangt (Papier oder Geld), befriedigt er
den B. und vergütet ihm die Differenz. Die Be-
recknung von Report und D. bleibt übrigens die-
felbe, wenn auf keiner Seite effektiv erfüllt, viel-
mehr nach Ablauf der Prolongation durch Berech-
nung die Differenz ausgeglichen oder von neuem
geschoben wird. Reportiert kann auch werden zur
Gewährung eines Anlehens. Derjenige, welcher
Papiere zur Verfügung hat, verpfändet diefelben
nicht, sondern verkauft und liefert sie und kauft sie
zugleich unter Bewilligung eines Reports für einen
fpätern Termin zurück. Handelt es sich um zins-
oder dividendentragende Papiere, für welche an der
Börse Stückzinsen berechnet werden, so hat der
Käufer außer dem Kaufpreise die Stückzinsen für
die Zeit bis zum spätern Termin zu vergüten. Es
kann, insbesondere bei Papieren unter pari, vor-
kommen, dah diese usancemäßig zu berechnenden
Zinsen höher sind als der Report, sodah sich ziffer-
mähig der Kurs, zu welchem zurückgekauft wird,
niedriger stellt als der Preis, zu welchem verkauft
wird. Z.B. Liquidationskurs 70, psruitiino nächsten
Monats getaust zu 69^/". Äußerlich liegt hier also D.
vor, während in den vom Darlehnsnehmer zu zah-
lenden , von 100 Nominal berechneten Stückzinsen
der Report enthalten ist. Es kann auch sein, daß
"glatt hereingenommen" oder "glatt hereingegeben"
wird, weil die Stückzinsen den Report decken.
Deportation (lat.), die Verweisung eines Ver-
urteilten an einen weit entlegenen (gewöhnlich über-
seeischen) Aufenthaltsort. Die D. des röm. Rechts
entwickelte sich aus dem freiwilligen Exil und der
HHUH6 6t iFui3 iMerclictio - dem Verbot, von
Wasser und Feuer Gebrauch zu machen, durch wel-
ches der Angeschuldigte indirekt aenötigt wurde,
Rom zu verlassen - zu der mit Verlust des röm.
Bürgerrechts verbundenen zwangsweise ausgeführ-
ten Entfernung eines rechtskräftig verurteilten Ver-
brechers auf eine entlegene Insel zum lebensläng-
lichen Aufenthalt. In der neuern Gesetzgebung
haben England, Frankreich und Ruhland das Straf-
recht der D. besonders ausgebildet. Die neueste
Kodifikation hat Frankreich in dem Gesetze vom
27. Mai 1885 (1^01 8111' 13. l6ioF3,tion d68 I'kcidi-
Vi8t68) und dem dazugehörigen Ausführungsregle-
ment vom 26. Nov. 1885. In diesem Gesetze wird
die lebenslängliche Verbannung obligatorisch über
folgende vier Klassen von Verurteilten verhängt:
1) solcke, die innerhalb 10 Jahren zweimal zu
Zuchtdaus, oder 2) einmal zu Zuchthaus und zwei-
mal entweder wegen Verbrechen zu mehr als zwei-
jährigem Gefängnis, oder wegen Diebstahls, Be-
trugs, Unterschlagung, öffentlicher Verletzung der
Schamhaftigkeit, gewohnheitsmäßiger Verleitung
zur Unzucht, oder wegen Landstreicherei, oder Bet"
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