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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Dicker; Dicke Tonne; Dickfuß; Dickgroschen; Dickhäuter

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Dicker – Dickhäuter

der Stoff den Dichter nicht mit dem Humor erfüllte, den ihm sein Altengland auf jedem Schritte lieferte. Auch in «Pictures from Italy» (1846) muß man weniger eine eigentliche Reisebeschreibung als eine Reihe von Darstellungen suchen, in denen die Subjektivität des Verfassers vorteilhaft hervortritt. Sie erschienen zuerst teilweise in den «Daily News», welche die Interessen der entschieden liberalen Partei verfechten sollten, von der sich aber D. bald zurückzog, um 1850 die Herausgabe einer Wochenschrift: «Household Words», zu unternehmen, die Unterhaltung mit Belehrung verbinden sollte. Auch diese fand großen Anklang und wurde 1859 durch «All the Years round» ersetzt. Außerdem schrieb er die ausdrücklich für Kinder bestimmte «A child’s history of England» (3 Bde., 1852‒53) und nahm eifrigen Anteil an der Literary Guild, einer 1851 gestifteten Anstalt zum besten altersschwacher Schriftsteller und Künstler. Im Fache des Romans erschienen von ihm in dieser Zeit: «David Copperfield» (1849‒50, eine Schilderung seiner traurigen Jugend; vgl. Bluhm, Autobiographisches in David Copperfield, Lpz. 1891), «Bleak House» (1852‒53) und «Little Dorrit» (1855‒57), von denen das erste seinen vorzüglichsten Leistungen zuzuzählen ist. Auch «A tale of two cities» (1859), in der er die Französische Revolution zum Thema wählte, zeigte seine ganze Frische und Kraft. Ihr folgten die Romane: «Great expectations» (1861) und «Our mutual friend» (1864‒65). Nach der Vollendung des letztern veröffentlichte D. längere Zeit nur kleinere Arbeiten in «All the Year round», wie die Weihnachtserzählungen «Dr. Marigold’s prescriptions» (1865), «Mugby junctions» (1866) u. a.

Im Nov. 1867 folgte er wiederholten dringenden Einladungen nach Amerika, um auch dort, wie er in England seit fast fünfzehn Jahren gethan, öffentliche Vorlesungen aus seinen Werken zu halten. Er fand auch in Amerika begeisterten Beifall. Es war dort seit 1843 eine neue Generation herangewachsen, die mit den Überlieferungen der von D. bekämpften Sklaverei gebrochen hatte. D. gab seiner Anerkennung dieser großen Fortschritte Ausdruck, indem er bestimmte, daß in Zukunft eine dahin lautende Erklärung allen Ausgaben der beiden Bücher, in denen er sich früher über Amerika ausgesprochen («American notes» und «Chuzzlewit»), hinzugefügt werden sollte. Im Herbst und Winter 1868‒69 hielt er auch in England Vorlesungen, die als «Farewell readings» angekündigt wurden. Sein Gesundheitszustand nötigte ihn jedoch, sie im Mai 1869 abzubrechen, und erst im März 1870 konnte er den Kursus vollenden. Anfang April 1870 erschien das erste Monatsheft eines neuen Romans: «The mystery of Edwin Drood»; er trat in Kraft der Darstellung wie in phantasievoller Fülle der Erfindung D.’ besten Leistungen würdig zur Seite. Doch vor dem Abschluß starb D. auf seinem Landhause Gads-Hill bei Rochester 9. Juni 1870. Seine Leiche wurde in der Dichterecke der Westminsterabtei beigesetzt.

D. ist der gerade Gegensatz zu Edward Bulwer (s. Lytton, Edward George). Alles verkörpert sich bei ihm in lebendigen Gestalten, während dem Stil die übersprudelnde Fülle des Humors den eigentümlichsten Reiz verleiht. Dabei sind seine Stoffe jedem verständlich, und es haben diese echten, ebenso unterhaltenden als belehrenden Volksromane, wie sie England vorher nicht besaß, einen sittlichen Einfluß auf alle Stände gewonnen. Mit den Illustrationen von Cruikshank und Phiz (H. K. Browne) sind sie in zahllosen Abdrücken in England und Amerika verbreitet, in Nachdrucken und Übersetzungen in ganz Europa, besonders beliebt in Deutschland. Gesamtausgaben erschienen als «Library edition» (30 Bde., Lond. 1866 fg.), «Charles D. edition» (19 Bde., ebd. 1867), «Household edition» u. a., auch in Tauchnitz’ «Collection of British authors».

Vgl. Forster, The life of C. D. (3 Bde., Lond. 1872‒74; neue Ausg. 1891; deutsch von Althaus, Berl. 1872‒75); The letters of C. D. (hg. von seiner ältesten Tochter, 3 Bde., 1879‒80): Ward, Dickens (Lond. 1882); Rimmer, About England with D. ( ebd. 1883); Kitton, Dickensiana (ebd. 1886); ders., C. D. in pen and pencil (1890); Marzials, Life of C. D. (1887, mit Bibliographie von Anderson); Zollinger, C. D. der Humorist (Basel. 1887); Pemberton, C. D. and the stage (1888); Weizmann, D. und Daudet in deutscher Übersetzung (Berl. 1880); Langton, The childhood and youth of C. D. (Lond. 1891); Clark, Characters from the works of C. D. (ebd. 1892); Letters of C. D. to Wilkie Collins, hg. von Hatton (ebd. 1892). Zur Erläuterung von D.’ Schriften dient Pierces The D. Dictionary (Bost. 1872).

Dicker, Zählmaß, s. Decher.

Dicke Tonne, Münze, s. Ducaton.

Dickfuß (Oedicnemus crepitans Temm.) oder Triel, ein fast ½ m langer und 80 cm klafternder Stelzvogel aus der Familie der Regenpfeifer (s. d.), von braungrauer Farbe mit schwarzen Schwung- und schwarz und weiß gebänderten Steuerfedern. Die Beine sind ziemlich hoch, der Hals und Schnabel kurz, der runde Kopf ist wie die Augen ziemlich groß. Der D. ist ein Freund der Steppe und findet sich an ihm zusagenden Örtlichkeiten von Indien bis Holland, scheint aber in das westl. Europa erst neuerdings einzuwandern. Er ist ein einsamer, zum Teil nächtlicher Vogel, der sich von allerlei kleinem Getier ernährt.

Dickgroschen, s. Dickthaler und Guldengroschen.

Dickhäuter oder Vielhufer (Pachydermata oder Multungula), Name einer großen Gruppe meist großer und plumper Säugetiere, deren schwerfälliger Rumpf auf dicken, verhältnismäßig kurzen, massiven Füßen ruht, deren Zehen mit ihrem Endgliede in hornigen Hufen stecken und ausschließlich beim Gehen zum Auftreten benutzt werden. Die Zahl der Zehen wechselt insofern, als fünf bis zwei Zehen den Boden berühren können; in letzterm Falle finden sich aber stets noch rudimentäre Zehen, sog. Afterklauen, die in einiger Höhe über dem Boden schweben und denen stets unverschmolzene Knochen in der Mittelhand und dem Mittelfuße zur Grundlage dienen. Überall werden die Füße nur zum Gehen, nie zum Festhalten, Klettern oder Graben benutzt, aber nichtsdestoweniger finden sich in ihren äußern Formen sehr viele Verschiedenheiten vom säulenförmigen Fuße des Elefanten bis zum gespaltenen Hufe des Schweins. Auch das Zahnsystem ist außerordentlich wechselvoll und nur insofern übereinstimmend, als meist alle drei Arten von Zähnen, Schneide-, Eck- und Backenzähne, vorkommen, deren Ausbildung aber in allen möglichen Formen spielt. Die Haut ist dick, fest, schwielig oder faltig und meist nur mit steifen Borsten besetzt. Man faßte in dieser sehr unnatürlichen Ordnung die Schweine, Flußpferde, Nashörner, Tapire, Rüsseltiere, Klippdachse und häufig auch die Ein- ^[folgende Seite]