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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Diktatorisch - Diligenz

Interrex in den Komitien in Anknüpfung an die alte eine neue Art Diktatur zur Einrichtung des Staates (reipublicae constituendae causa) auf so lange, als erforderlich sei, also auf unbestimmte Zeit, übertragen ließ, welches Amt er drei Jahre nachher freiwillig niederlegte. Aber diese, wie die auf gleiche Weise bezeichnete Diktatur Julius Cäsars war in der Form zum Teil, im Wesen gänzlich von der alten Diktatur verschieden und in der That nur ein Titel für die so gut wie unbeschränkte Gewalt beider Männer. Nach Cäsars Tode ward die Diktatur 44 v. Chr. durch Antonius für immer aufgehoben, und Octavian schlug sie aus, als sie ihm das Volk wieder antrug.

Gegenwärtig versteht man unter Diktatur und diktatorischer Gewalt überhaupt eine in ihren Befugnissen ganz oder doch größtenteils unbeschränkte, nicht auf dem geltenden Staatsrechte beruhende Macht, welche sich über die verfassungsmäßigen Autoritäten stellt; beim ehemaligen Regensburger Reichstage sowie beim Deutschen Bundestage die amtliche Mitteilung aller Eingaben und Anträge an die Gesandten der Reichsstädte oder Bundesglieder.

Diktatōrisch (lat.), gebieterisch.

Diktatūr, s. Diktator.

Diktatūrparagraph, in Elsaß-Lothringen der §. 10 des Verwaltungsgesetzes vom 30. Dez. 1871, durch welchen der Oberpräsident ermächtigt wurde, «bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit alle Maßregeln ungesäumt zu treffen, welche er zur Abwendung der Gefahr für erforderlich hält». Über die Grenzen dieser durch Gesetz vom 4. Juli 1879 dem Statthalter übertragenen Machtbefugnis gehen die Ansichten auseinander.

Dikte, der alte Name eines mächtigen, ungefähr hufeisenförmigen Gebirgszugs im östl. Teile der Insel Kreta, jetzt Lasithi oder Lasiothika. Der höchste Gipfel, der sich südöstlich von der uralten Stadt Lyttos 1680 m hoch erhebt, wurde von den Umwohnern bis in die Zeit Konstantins d. Gr. als die Geburtsstätte des Zeus betrachtet. Im weitern Sinne wurde der Name D. auch auf den östlich von Hierapytna sich hinziehenden Gebirgszug ausgedehnt, der die östlichste Halbinsel Kretas (jetzt Sitia) bildet und in seinem südwestl. Teile jetzt Aphentivuno, im nordöstlichen Modi genannt wird.

Diktieren (lat.), einem andern etwas vorsprechen, damit dieser es Wort für Wort nachschreibt; übertragen: einem etwas aufzwingen, zuerkennen, z. B. einen Frieden, Vertrag, eine Strafe.

Diktion (lat.), Schreibart, Ausdrucksweise.

Diktyītis (grch.), die Netzhautentzündung (s. d.).

Diktýnna, Göttin, s. Britomartis.

Diktys, von Kreta, soll als Gefährte des Idomeneus vor Troja die Begebenheiten dieses Krieges in Form eines Tagebuchs («Ephemeris») aufgezeichnet haben, das angeblich in seinem Grabe zur Zeit des Kaisers Nero aufgefunden wurde, aber, wenn es überhaupt zuerst griechisch geschrieben war, frühestens in der zweiten Hälfte des 1. oder im 2. Jahrh. n. Chr. abgefaßt sein kann. Das Werk wurde von einem weiter nicht bekannten Römer, Lucius Septimius (zu Ende des 3. und zu Anfang des 4. Jahrh.), nach seiner Angabe ins Lateinische übersetzt, wahrscheinlich aber von ihm selbst verfaßt und vielfach, namentlich von den spätern Byzantinern, benutzt. Früher erschien es oft zusammen mit der Schrift des Dares (s. d.). Ausgaben haben Dederich (Bonn 1833) und Meister (Lpz. 1872) geliefert. – Vgl. Körting, D. und Dares (Halle 1874); Dunger, Diktys-Septimius. Über die ursprüngliche Abfassung u. s. w. (Dresd. 1878) und Collilieux, Étude sur Dictys de Crète et Darès de Phrygie (1887).

Dilatābel (neulat.), dehnbar; Littĕrae dilatabīles, im hebr. Alphabet Buchstaben, die zur Füllung der Zeilen eine größere Raumausdehnung annehmen können.

Dilatation (lat.), die Erweiterung, besonders einer Wunde oder eines Kanals, wozu man sich des Dilatatoriums (s. d.) bedient.

Dilatatorĭum (lat.) oder Dilatator, in der Chirurgie ein Instrument oder eine Vorrichtung, um widernatürlich verengte Kanäle oder Wundöffnungen zu erweitern und offen zu erhalten. Man bedient sich dazu teils metallener, meist federnder Instrumente, teils mancher aufquellender Körper, die in getrocknetem Znstand in den verengten Kanal eingeschoben werden und durch Aufnahme von Flüssigkeit ans den benachbarten Geweben so stark quellen, daß sie mechanisch den betreffenden Kanal allmählich erweitern. Hierher gehören die Darmsaiten, der Preßschwamm und die aus Algenarten bereiteten und stark hygroskopischen Laminariastifte.

Dilation (lat.; frz. délai), Aufschub, Verzögerung, Verschleppung; in der ältern Rechtssprache die vom Gesetz, vom Gegner (Gläubiger) oder vom Gericht gewährte Frist oder Nachfrist zur Vornahme einer Rechtshandlung (Erfüllung, Zahlung, Prozeßakt). Im frühern gemeinrechtlichen Civilprozesse verstand man unter dilatorischen Fristen und Ladungen, im Gegensatz zu peremtorischen, solche, auf deren Nichtbefolgung ein Rechtsnachteil in der Sache selbst nicht gesetzt war; und andererseits wurden dilatorische Rechtsbehelfe und Einreden solche genannt, welche auf Hinhaltung des Prozesses oder auf Abweisung des Klageanspruchs zur Zeit abzielten. Beispiel: Der Beklagte beruft sich auf eine ihm vom Kläger bewilligte Zahlfrist.

Dilatomēter (lat.-grch.), ein thermometerartig gestaltetes Alkoholometer (s. d.), in das die zu prüfende Alkoholmischung eingebracht und bis zum Siedepunkt erhitzt wird. Die dabei erfolgende Ausdehnung ist ein Maß für den Alkoholgehalt, der direkt an der Skala abgelesen wird. (S. auch Ausdehnung, Bd. 2, S. 142 a.)

Dilatōrisch, aufschiebend, verzögernd, vgl. Dilation.

Dilektion (lat.), Liebe, Zuneigung; Eure D., soviel wie Euer Liebden.

Dilémma (grch.), eine Lage, die uns bloß zwischen zwei Möglichkeiten die Wahl läßt, von denen die eine nicht annehmbarer erscheint als die andere; die Logik nennt so die Form der Widerlegung, die darin besteht, daß man zeigt, das zu Widerlegende könne nur unter einer von zwei gleich unmöglichen Voraussetzungen richtig sein.

Dilettánt (vom ital. dilettare, d. h. lieben), Liebhaber einer Kunst oder Wissenschaft, der sich bloß zum Vergnügen damit beschäftigt; dazu das Substantivum Dilettantismus.

Dilettantenbühne, s. Liebhabertheater.

Diligence (frz., spr. -ischángß), Sorgfalt, Emsigkeit; dann eine Art von Postpersonenwagen.

Diligénz (lat. diligentiă), Sorgfalt; im bürgerlichen Recht die Sorgfalt, welche ein Kontrahent dem andern gegenüber anzuwenden hat (s. Culpa); im Handelsverkehr wird nach Art. 282 des Handelsgesetzbuchs die Sorgfalt eines ordent- ^[folgende Seite]