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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Dschaintia; Dschaipur

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Dschaintia - Dschaipur

Bedienen sich die Buddhisten als Sprache des Pali, so die D. des Prakrit. Die Buddhisten lehren, daß ihrem Stifter 25 Buddhas, die D., daß dem ihrigen 24 Dschinas vorausgegangen sind. Wie den Buddhisten ist den D. (aber auch andern spekulierenden ind. Religionssystemen) das Endziel der Lehre die Befreiung von der Wiedergeburt, die im Pali Nibbāna, im Prakrit Nivvāṇa = Sanskrit Nirvāṇa, «das Erlöschen», genannt wird. Beiden Religionen gelten als Weg dazu die «drei Kleinodien», der rechte Glaube, die rechte Erkenntnis und der rechte Wandel. Unter dem rechten Glauben versteht der Dschainismus den Glauben, daß allein der Dschina den Weg zur Befreiung aus dem Kreislauf der Geburten gefunden hat und bei ihm allein alles Heil ist. Die rechte Erkenntnis ist die Lehre, daß die Welt unerschaffen und ewig ist. Es giebt keinen Gott, der sie erhält und leitet, alle Organismen sind beseelt, auch die Pflanze und der Stein; und die Seele ist stets mit Bewußtsein ausgestattet, aber verschiedenartig nach dem Körper, in dem sie sich befindet. Der Körper ist dem Tode unterworfen, aber je nach den Thaten des Menschen (kammaṃ, Sanskrit karman) geht die ewige Seele sofort nach dem Absterben des einen Körpers in einen andern eines Wesens höherer oder niederer Gattung über, eine Wanderung, von der sie erst durch Eingehen in das Nirvāṇa befreit wird. Der rechte Wandel ist verschieden für den Asceten und Laien. Für den Asceten sind die fünf großen Gelübde bindend: nichts zu verletzen, nicht die Unwahrheit zu reden, nichts ohne Erlaubnis sich anzueignen, Keuschheit zu bewahren und als Ascet zu leben. Es ergiebt sich daraus eine große Zahl von Vorschriften über das Leben des Dschaina-Priesters. Der Laie gelobt nur sich fern zu halten von grober Schädigung der Wesen, von groben Unwahrheiten und grobem Eigentumsverbrechen; statt der Keuschheit gelobt er eheliche Treue, statt der völligen Entsagung Genügsamkeit und Vermeidung der Habgier. Auch für ihn wird dann noch eine große Reihe Einzelvorschriften über die Einrichtung seines Lebens, seine Nahrung, sein Verhalten zu andern u. dgl. gegeben, die zum größten Teil wieder mit den buddhistischen übereinstimmen. In der spätern Zeit ist der Stifter der Dschainalehre gerade wie der Buddha zu göttlicher Würde erhoben, Tempel und Denkmäler sind ihm errichtet und eine Art Kultus und Feste eingesetzt worden.

Die D. besitzen eine umfangreiche Litteratur. Die älteste ist in einem eignen Prakrit geschrieben, vor allem die heiligen Schriften der D., die sog. Aṅga, von denen sich elf in einer späten Redaktion bei den Çvētāmbarās erhalten haben. Später bedienten sie sich auch des Sanskrits und haben auf allen Gebieten auch der weltlichen Litteratur Hervorragendes geleistet. Ihre Gesamtzahl betrug (1881) 1221885; davon lebten 498443 in der Präsidentschaft Bombay, 378672 in den Radschputenfürstentümern. – Vgl. Bühler, Über die ind. Sekte der Jaina (Wien 1887.)

Dschaintia (engl. Jaintia, Jyntia oder Jayanta), ein in der Provinz Assam (Ostindien) gelegenes Gebiet zwischen 24° 55’ und 26° 7’ nördl. Br. und zwischen 91° 53’ und 92° 48’ östl. L., bis 1835 ein unabhängiger Staat, jetzt geteilt in die Dschaintia-Berge (engl. Jaintia Hills), die einen Teil des Distriktes Khasi- und Dschaintia-Berge und -Staaten (s. d.) bilden, und die Dschaintia-Ebenen (engl. Jaintia Plains), die zum Srīhatta- (engl. Sylhet-) Distrikte gehören. Mit dem Radscha von D. trat die angloind. Regierung zuerst während ihres Krieges mit Birma 1824 in Beziehung, als sie mit ihm einen Traktat schloß, der auch für seinen Nachfolger geltend gemacht wurde. Letzterer wurde aber 1835, als er drei engl. Unterthanen zum Zweck eines Menschenopfers hatte töten lassen, seines Reichs entsetzt und zu Srīhatta interniert. Die engl. Regierung annektierte seine Besitzungen, bildete später aber aus ihnen wieder 16 kleine Lehnsstaaten, welche an ihr ergebene eingeborene Häuptlinge übertragen wurden, über welche ein unter dem Chief-Commissioner von Assam stehender polit. Agent der Hügelstaaten die Aufsicht führte. Jetzt steht D. unter den Distriktsregierungen der Provinz Assam. Von Produkten von D. sind die daselbst in Menge vorkommenden Steinkohlen sowie Kalkstein hervorzuheben.

Dschaipur (engl. Jaipur, Jyepoor oder Jeypore, im Sanskrit Jajapura). 1) Bedeutendes Radschputenfürstentum und tributpflichtiger Schutzstaat des Indobritischen Reichs, im östl. Radschputana, zwischen 25° 43’ und 28° 27’ nördl. Br. und zwischen 74° 50’ und 77° 15’ östl. L. von Greenwich, hat 37464 qkm, (1891) 2818023, gegen 1881: 2534357 E., worunter 2315219 Hindu, 170907 Mohammedaner, 552 Christen, 47672 Dschain; unter den Hindu sind 351004 Brahmanen, 124345 Radschputen, 242474 Banja, 227321 Dschat, 221565 Mina. Der Boden ist eben und erhebt sich im N. wenig mit einzelnen oder auch gruppierten Felsen. Er besteht teils aus vegetationslosem Sande mit bewässerten und fruchtbaren Oasen, teils aus Gras- und Weideland; nur der SO. ist fruchtbar. Im Sommer steigt die Wärme auf 45,5° C. im Schatten, während im Winter vielfach Reif vorkommt. Die Bevölkerung hält zahlreiche Viehherden, baut Getreide, Hülsenfrüchte, Baumwolle und Tabak, und mitten im Sande reifen in der trockensten Jahreszeit ungeheure Wasserkürbisse. Auch fertigt man emaillierte Goldarbeiten und Gewebe. Die Mina als Aboriginer und die Dschat (s. d.) sind betriebsame und geschickte Ackerbauer. Die Brahmanen finden sich hier häufiger als in dem übrigen Radschputana. Der herrschende Radschputenstamm (30000 Waffenfähige) leitet seinen Ursprung vom zweiten Sohne Ramas, des Königs von Oudh, ab. Das Land ist an fast unabhängige Lehnsleute (Thakur) verteilt. Die Staatseinnahmen betrugen 1891: 6554850, die Ausgaben 4984200 Rupien (einschließlich des Tributs). Der Staat hält ein Heer von 3578 Kavalleristen, 9599 Infanteristen und 716 Artilleristen mit 65 Kanonen. Von dem Staatseinkommen werden jährlich 715000 M. für öffentliche Werke, namentlich zum Zwecke der Bewässerung der Felder, verwendet. – 2) Hauptstadt des Radschputenfürstentums D., 222 km westsüdwestlich von Agra zwischen Hügeln gesund gelegen, hat (1891) 158905 E. (nur 74810 weibl.), darunter 109861 Hindu, 38953 Mohammedaner, zahlreiche Moscheen und Tempel, eine Citadelle, ein Zeughaus mit Einrichtung zum Gießen und Bohren von Geschützen und eine gut erhaltene, aber nicht benutzte Sternwarte. Man verfertigt Musseline und Kattune. In der Mitte der Stadt steht der großartige Residenzpalast des Radscha mit prachtvollen Gartenanlagen. D. wurde 1728 vom Radscha Dschai-Singh Ⅱ. (berühmter Astronom und Minister des Dehlikaisers Muhammad [1718‒48]) gegründet und