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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnzüge
östlich von Greenwich begrenzt wird. In dieselbe fällt ganz Frankreich, Holland, Belgien; Spanien und Portugal überragen die Zonengrenze im Westen um ein Geringes. Die zunächst östlich von Greenwich liegende Stundenzone von 7° 30' bis 22° 30', die gegen Greenwich um eine volle Stunde voraus ist, in der also die Uhr, wenn es in Greenwich 12 Uhr ist, 1 Uhr zeigt, umfaßt ganz Mitteleuropa. Da in Schweden diese Zeitrechnung bereits seit 1879 bestand, kamen nur noch Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn, die Schweiz, Italien, Serbien und Griechenland in Frage. Bei dieser Berechnung verschiebt sich die Prager Zeit im ganzen nur um 2, die Berliner Zeit um 6, die Budapester Zeit um 16 Minuten. Der Antrag der Direktion der Ungar. Staatsbahnen ging nun dahin, die nach dem 15. Grade östlich von dem Meridian von Greenwich als Nullgrad sich ergebende Zeit, die sog. Mitteleuropäische Zeit (M. E. Z.) als E. für das gesamte Vereinsgebiet anzunehmen. Der 15. Grad durchschneidet Deutschland nahezu in der geogr. Mitte und geht 6 Zeitminuten östlich von Berlin über Stargard, Sorau und Görlitz; die Ostgrenze des Reichs ist 31 Minuten, die Westgrenze 36 Minuten von ihm entfernt. Derselbe Meridian, seit 1879 bereits die Grundlage der schwedischen E. bildend, eignet sich auch für Norwegen, Dänemark, Österreich-Ungarn, die Schweiz und Italien. In der 1890 zu Dresden abgehaltenen Generalversammlung des Deutschen Eisenbahnvereins wurde der Antrag der Ungar. Staatsbahnen angenommen und beschlossen, die mitteleurop. Zeit im innern Eisenbahndienst des Vereinsgebietes mit Beginn der nächstjährigen Sommerfahrplanperiode (1. Juni 1891) zur Einführung zu bringen sowie die allgemeine Einführung der Zonenzeit auch im bürgerlichen Leben als empfehlenswert zu bezeichnen. Seit dem 1. Juni 1891 wird daher im Bereich des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen im innern Eisenbahndienst nach dieser Zeit gerechnet. Demnächst haben Österreich-Ungarn die mitteleurop. Zeit vom 1. Okt. 1891 ab, Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen vom 1. April 1892 ab auch für den äußern Eisenbahndienst eingeführt, sodaß in diesen Ländern von den bezeichneten Zeitpunkten ab auch die Eisenbahnfahrpläne für das Publikum nach mitteleurop. Zeit aufgestellt werden. Auf den norddeutschen Eisenbahnen ist die mitteleurop. Zeit im äußern Eisenbahndienst erst 1. April 1893 zur Einführung gelangt, nachdem durch Reichsgesetz vom 12. März 1893 diese Zeitrechnung auch für das gesamte bürgerliche Leben angeordnet worden. Im übrigen wird bereits seit 1. April 1892 in Süddeutschland (einschließlich der kaiserl. Oberpostdirektionsbezirke Karlsruhe, Konstanz, Straßburg und Metz) auch im gesamten Postdienst und im innern Telegraphendienst des Reichspostgebietes nach mitteleurop. Zeit gerechnet. Hiernach haben die Bemühungen Erfolg gehabt; Deutschland besitzt jetzt eine nicht nur für den Dienst der Verkehrsanstalten, sondern für das gesamte bürgerliche Leben geltende Einheitszeit.
Der bis 1. April 1893 in Deutschland herrschende Zustand war hiernach folgender:
1) Es wurde gerechnet im innern Eisenbahndienst nach Mitteleuropäischer Zeit (M. E. Z.), nach dem 15. Längengrade östlich von Greenwich, und im äußern Eisenbahndienst nach Mittlerer Ortszeit (nach den Längengraden wechselnd) in: Norddeutschland, einschließlich Großherzogtum Hessen. Die Dienstfahrpläne wurden daher nach mitteleurop. Zeit, die Fahrpläne für das Publikum nach mittlerer Ortszeit aufgestellt. Dagegen wurden
2) innerer und äußerer Eisenbahndienst geregelt und sowohl die Dienstfahrpläne wie auch die Fahrpläne für das Publikum aufgestellt nach Mitteleuropäischer Zeit (M. E. Z.) in: Süddeutschland (Bayern, einschließlich Pfalz, Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen).
Gegenwärtig (1. Juni 1894) regeln sich innerer und äußerer Eisenbahndienst nach:
a. Mitteleuropäischer Zeit (M. E.Z.), nach dem 15. Längengrade östlich von Greenwich, in: Deutschland, Luxemburg, Österreich-Ungarn, Dänemark, Italien, Schweiz, Schweden, Bosnien, Serbien und in der westl. Türkei (Saloniker Netz);
b. Westeuropäischer Zeit (W. E. Z.), nach dem Längengrade von Greenwich, 1 Stunde nach gegen mitteleurop. Zeit, in: Großbritannien, Belgien und Niederlande;
c. Osteuropäischer Zeit (O. E. Z.), nach dem 30. Längengrade östlich von Greenwich, 1 Stunde vor gegen mitteleurop. Zeit, in: Bulgarien, Rumänien und in der östl. Türkei (Konstantinopeler Netz);
d. Einheitlicher Landeszeit, nach den Längengraden der Hauptstädte, in: Frankreich (in vielen franz. Fahrplänen sind Abfahrt und Ankunft 5-6 Minuten früher angegeben, als sie wirklich erfolgen), Griechenland, Norwegen, Portugal, Rußland, Spanien.
In England, Schottland und Irland, in Frankreich und Algerien, sowie in Belgien und Schweden gilt die E. zugleich für das bürgerliche Leben, desgleichen auch im Deutschen Reiche (seit 1. April 1893) und in Dänemark; in Italien, Niederlande, Österreich-Ungarn, Schweiz und Spanien dagegen nur für das Verkehrswesen. In den Niederlanden und in Österreich-Ungarn ist die Anwendung der Zonenzeit (westeuropäischen bez. mitteleuropäischen) für das bürgerliche Leben den Gemeinden überlassen. - Vgl. Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, hg. von Röll, 1. Bd. (Wien 1890); Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen (1890); Centralblatt der Bauverwaltung (1889); Streckert, Die Stundenzonenzeit, in den "Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik", hg. von Conrad u. a., dritte Folge, Bd. 4 (Jena 1892); von Hesse-Wartegg, Die Einheitszeit nach Stundenzonen (Lpz. 1892).
Eisenbahnzüge. Die E. zerfallen in Personen-, Güter- und Gemischte Züge, je nachdem nur Personen, nur Güter oder Personen und Güter zugleich befördert werden. Nach ihrer Bestimmung werden die E. eingeteilt in Lokalzüge, die nur dem örtlichen Verkehr dienen, und in durchgehende Züge, die den großen Verkehr vermitteln. Die schnellfahrenden Personenzüge werden in Preußen Schnellzüge, sonst auch Eil-, Expreß-, Kurier-, Blitz-, Jagdzüge genannt. Die sog. Orient-Expreßzüge, von der Internationalen Eisenbahn-Schlafwagengesellschaft (s. Eisenbahnwagen-Mietgesellschaften und Betriebsmittel) zu Brüssel eingerichtet, verkehren wöchentlich zweimal zwischen Paris und Konstantinopel und kürzen die Fahrt bis auf 66 5/6 Stunden ab. Eine besondere Art der Personenzüge bilden die Omnibuszüge. Sie bestehen, wie die Züge der Trambahnen (s. d.), aus nur wenigen, den Omnibussen nachgebildeten und vielfach nur eine Klasse enthaltenden Wagen;