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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erntedankfest - Erntehüter
an Arbeit, die unter ungünstigen Witterungsver-
hältnissen bei der Dürrheubercitung sehr bedeutend
ist. Bei häusigem Beregnen wird ein Teil der im
Heu enthaltenen Nährstosse ausgewaschen. (S. Heu.)
Bei der Getreideernte benutzt man dieselben
Geräte und Maschinen wie zum Mähen des Grases,
Klees u. s. w., nur mit Vornahme kleiner Änderun-
gen in der Konstruktion. Die namentlich im Klein-
betriebe vielerorts noch verwandte Sichel kann auch
von Frauen und Kindern gehandbabt werden; da-
gegen leistet sie wenig. Der richtige Zeitpunkt des
Mähens ist beim Getreide außerordentlich wichtig.
Je mehr sich die Reife näbert, desto mehr wandern
die Nährstoffe aus dem Stengel und Halm in die
Körner; um so gehaltloser wird das Stroh, um so
reifer werden die Körner. Beides ist aber nachteilig,
denn die überreifen Körner fallen in großer Zahl
aus und gehen verloren. Man soll deshalb mit dem
Mähen beginnen, wenn sich die meisten Körner über
dem Fingernagel brechen lassen, aber nock einen
breiigen Kern besitzen (Gelbreife). Bei der
Milchreife befinden sich die Eiwcißstoffe und das
Stärkemehl noch in flüssigem Zustande. Wenn die
Körner schon fest (Vollreife) oder sogar völlig
hart geworden sind (Totrcife), ist der Verlust
durch Ausfallen oft sehr bedeutend. Es kommt
hinzu, daß bei günstigem Wetter die Reife sebr
schnell zunimmt, daß dann also, während das erst
Gemähte gelbreif ist, das Korn der zuletzt gemäh-
ten Felder totreif wird. Das frühere Abbringen hat
noch den Vorteil, daß dabei ein feineres Mehl und
weniger Kleie erhalten wird. Am wenigsten Scha-
den verursacht die vorgeschrittenere Reife beim Ha-
fer, weil dieser nur wenig ausfällt.
Das Winterkorn wird beim Gebrauche der Sense
gewöhnlich an das noch stehende angehauen, das
Gemähte abgerafft und gleich gebunden, (^ommer-
korn dagegen in Schwaden gelegt, nach einiger Zeit
aufgeharkt und gebunden. Das Verfahren beim
Trocknen des Getreides, namentlich des Weizens
und des Roggens, ist sehr mannigfaltig. Empfeh-
lenswert ist das Aufsetzen in Puppen. Es wird
dabei eine Garbe senkrecht mit dem Sturzende auf die
Erde gestellt, hierauf meistens acht andere Garben
im Kreise an dieselbe angelehnt und das Ganze mit
einer stärkern Garbe zugedeckt, deren Ähren dach-
artig von allen Seiten über die übrigen Garben
herabhängen. In den Puppen reifen die Körner
im Schatten nach und das Getreide leidet felbft
durch heftigen Regen nicht. Die Kreuz mandeln,
bei denen zunächst vier Garben, mit ihren Ähren-
enden zusammenstoßend, auf die Erde und oben
darauf noch zwei ebenfolche Schichten gelegt werden,
sind namentlich für sehr reif gewordenes Korn ge-
eignet. Bei den Stiegen werden je zwei Garben
mit den Sturzenden auf den Boden gestellt, mit den
Ährenenden gegeneinander geneigt und in gleicker
Weise eine Reihe von zehn Garben an jeder Seite
errichtet. Außerdem giebt es noch Pyramiden,
Garbenkasten und Dachhaufen, die aber weni-
ger verbreitet sind. Buchweizen wird meistens in
Puppen, wie bei der E. des Klees angegeben, ge-
trocknet. Das Bergen des Getreides, wobei trocknes
Wetter besonders wichtig ist, geschieht in Scheunen
oder in Feimen, die zunächst auf dem Felde zusam-
mengefahren, später aber auch in die Sckeunen ge-
bracht werden. Neuerdings wird das Getreide mit
Hilfe der Dreschmaschinen zuweilen gleich von den
Pny^n oder Stiegen aus oder auch später aus den
Feimen gedroschen. Nach dem Abbringen des Ge-
treides vom Felde wird letzteres mit einer sog.
Hungerharke (Pferderechen) nachgeharkt, um
die zurückgebliebenen Halme aufzusammeln.
Bei der E. der Hülsen fruchte, namentlich
Bohnen und Erbsen, sind im allgemeinen dieselben
Arbeiten vorzunehmen wie bei der Getreideernte.
Das Mähen muß erfolgen, wenn die am meisten
in der Reife vorgefchrittcnen Hülsen braun werden.
Die Hülsenfrüchte werden entweder gleich nach dem
Mähen gebunden oder auch, z.B. die Erbsen, un-
gebunden in die Scheunen gebracht. Die Ölfrüchte,
Raps, Rübsen u. s. w., sollen gemäht werden, wenn
die Körner braune Väckchen bekommen; man bin-
det das Abgebrachte in kleine Bunde, von denen
40 bis 60 Stück unter einer Strohhaube zusammen-
gestellt werden und bis zum Einfahren oder Dre-
ichen auf dem Felde bleiben. Bei ersterm sind die
Erntewagen mit Leinwandplanen auszuschlagen,
um die ausfallenden Samen zu sammeln.
Um die E. vom Wetter unabhängig zu machen,
um auch in nassen Sommern Gras und Getreide
trocknen zu können, haben in allerncucster Zeit ver-
schiedene engl. Landwirte, so Neilson, Gibb u. a.,
besondere Ernteverfahren ausfindig gemacht, die
in der Hauptsache darin bestehen, daß durch das in
Feimen aufgesetzte Gras, Getreide u. s. w. mittels
eigener Maschinen, welche durch Dampf oder Göpel
getrieben werden, erwärmte Luft gefogen wird,
die sich mit der Feuchtigkeit des Getreides sättigt
und dadurch letzteres trocknet. Nach den bisher
vorliegenden Ersahrungen scheinen diese Methoden
ihren Zweck noch nicht vollständig zu erfüllen.
Die E. der Wurzelgewächse darf nicht zu früh
im Herbste erfolgen, damit die Wurzeln und Knol-
len völlig reif geworden sind, wenigstens in land-
wirtschaftlichem Sinne, d. h. bis die Bildung von
Stärkemehl (Kartoffeln) oder Zucker (Rüben) u. s. w.
ihr Marimum erreicht hat. Bei den Kartoffeln be-
dient man sich entweder des Spatens oder der Ga-
bel, im Großbetriebe dagegen des gewöhnlichen
Pfluges oder eines besonders konstruierten Kartof-
fclpfluges. Rüben werden entweder mit der Hand,
durch den Spaten oder mit einem sog. Rübenheber,
der durch Gespanne fortbewegt wird, aus der Erde
gehoben. Die Aufbewahrung der Wurzelfrüchte
gcfchieht entweder in Kellern oder in Mieten auf
dem Felde, was bei größern Mengen fast immer
nötig sein wird. Die Mieten sind mit einer min-
destens 2/4 m starken Erdschicht zu überdecken, um
den Frost von dem Innern abzuhalten. - Vgl.
Lobe, Anleitung zum rationellen Betriebe der E.
(2. Aufl., Vraunschw. 1887).
Die E. wurde schon bei den Griechen und Römern
durch besondere Festlichkeiten nach ihrem Abschluß
geseiert. Das bei den christl. Völkern eingeführte
kirchliche Erntedankfest oder Erntefest, das in
Deutschland meistens am ersten Sonntage nach
Michaelis gefeiert wird, ist an Stelle der auch bei
den alten Germanen üblichen Erntedankopfcr ge-
treten. Außerdem findet gewöhnlich noch eine vom
Gutsherrn den Arbeitern gegebene Tanzbelustigung
mit Bewirtung, das sog. Erntebier, statt, wobei
letztere dem erstern eine Erntekrone oder einen
Erntekranz übergeben.
Erntedankfest, Erntefest, s. Ernte.
Grntehüter ((^U8t08 N688wm), ein von Lalande
eingeführtes Sternbild des nördl. Himmels bei der
Kafsiopeja, in einer an kleinen namenlosen Sternen
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