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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eulenburg (Botho, Graf zu) - Eulengebirge
lin zurück, um sich hier als Arzt und Lehrer aus-
schließlich der Nervenpathologie zu widmen. E. hat
die allgemeine und specielle Pathologie und Thera-
pie der Nervenkrankheiten durch wertvolle erperi-
mentelle Arbeiten und zahlreiche diagnostische und
therapeutische Einzeluntersuchungen außerordent-
lich gefördert und zählt zu den namhaftesten Ver-
tretern der Neuropathologie in Deutschland. Er
giebt die "Encyklopäd. Jahrbücher der gesamten Heil-
kunde" (Heidelb. 1891 fg.) heraus; auch redigierte
er die "Ncal-Encyllopädie der gesamten Zeilkunde"
(15 Bde., Wien 1880-83; 3. Aufl., ebd. 1893 fg.).
Eulenburg, Botho, Graf zu, preuß. Staats-
mann, geb. 31. Juli 1831, studierte 1849-52 in
Königsberg und Bonn die Rechte, wurde Ende
1857 Verwalter des Landratsamtes zu Marienwer-
der und 1859 Landrat in Dentsch-Krone. 1864 trat
er als Hilfsarbeiter ins Ministerinn: des Innern,
wurde 1867 vortragender Nat in demselben und
ging 1869 als Regierungspräsident nach Wies-
baden, 1872 als Bezirkspräsident nach Metz und
1873 als Oberpräsident nach Hannover. 1863-70
sür Deutsch-Krone-Flatow und 1879-81 für Löwen-
berg-Vunzlau Mitglied des Haufes der Abgeord-
neten, war er 1867 Vicepräsident desselben, und im
selben Jahre auch Mitglied des ersten Reichstags
des Norddeutschen Bundes für den Kreis Deutsch-
Krone. Als sein Onkel, Graf Friedrich Albrecht E.,
seine Entlassung als Minister des Innern genom-
men hatte, wurde E. 31. März 1878 dessen Nach-
folgerund setzte das von jenem begonnene Werk der
Verwaltungsreorganisation im Sinne der weitern
Entwicklung der Selbstverwaltung fort. Dabei kam
in der Hcrrenhaussitzung vom 19. Febr. 1881 eine
Meinungsverschiedenheit zwischen E. und Vismarck
zum öffentlichen Ausdruck. E. hatte sich dahin aus-
gesprochen, der Forderung des Abgeordnetenhauses
nachzugeben, nach welcher, wie bisher, der Krcis-
ausschuß oder Vczirksrat statt des Landrats oder
Regierungspräsidenten mit der staatlichen Aufsicht
über die Verwaltung der Landgemeinden betraut
werden sollte; darauf verlas ein Kommissar Bis-
marcks, Geh.RatRommel, eine in dieser Form nicht
zur Mitteilung bestimmte Erklärung Bismarcks,
welche dies principiell bekämpfte und als unüber-
tragbar auf die übrigen Provinzen des Staates be-
zeichnete. E. nahm infolgedessen sofort feine Ent-
lassung, die er auch 27. Febr. 1881 erhielt. Während
seines Ministeriums war E., wie schon 1867-69,
gleichzeitig preuh. Bevollmächtigter im Bundesrate
und entwickelte namentlich in der Verteidigung und
Durchführung des Socialistengesetzes eineenergifche
Thätigkeit. Nach feinem Rücktritt aus dem Ministe-
rium übernahm er noch 1881 das Oberpräsidium
der Provinz Hessen-Nassau, bis er 23. März 1892,
als Graf Caprivi aus Anlaß der Kämpfe um den
Volksschulgesetzentwurf das preuß. Ministerpräsi-
dium niederlegte, zum preuh. Ministerpräsidenten
ernannt wurde. Am 28. März verkündigte er daraus
im Abgeordnetenhause die Zurückziehung des Volks-
schulgesetzentwurfs. Ein eigenes Ressort erhielt er
erst durch den Rücktritt Herrfurths (Aug. 1892), zu
dessen Nachsolger er ernannt wurde.
Gulenburg, Botho Heinrich, Graf zu, geb.
27. Dez. 1804, war während des Waffenstillstan-
des in dem Kriege der Schleswig-Holsteiner mit
Dänemark (Aug. 1849 bis Juli 1850) Mitglied der
Landcsverwaltung in Schleswig, 1855-58 Präsi-
dmldesprcuß. Abgeordnetenhauses, bis 1874Land-
tagsmarschall in Preußen, seit 1864 Mitglied des
Herrenhauses und seit 1867 auch Mitglied des
Reichstags, 1850-75 Präsident der Negierung zu
Marienwerder und seit 1874 Direktor der preuß.
Staatsschuldcnverwaltung. Er starb 17. April 1879.
Gulenburg, Friedr. Albrecht, Graf zu, preuß.
Staatsmann, geb. 29. Inni 1815, wurde 1844
Regierungsasscssor zu Oppeln, 1848 Hilfsarbeiter
im Finanzministerium und 1849 im Ministerium
des Innern, trat aber 1852 in den diplomat. Dienst
über und wurde Generalkonsul in Antwerpen. Im
Okt. 1859 wurde er an die Spitze der preuß. Ost-
asiatischen Expedition gestellt, um Freundschafts-,
Handels- und Echiffahrtsverträge mit Japan und
China abzuschließen. Trotz der großen Schwierig-
keiten kam der Vertrag mit Japan bereits 24. Jan.
1861 und der mit China 2. Sept. 1861 zu stände.
Die Umsicht, die E. dabei bewährt hatte, veranlaßte
bei der Bildung des Ministeriums Vismarck E.s
Ernennung zum Minister des Innern (8. Dez. 1862).
Mit Energie unterstützte er Vismarck in dessen Käm-
pfen mit dem Abgeordnetenhause. Die Organisation
der 1864 und 1866 an Preußen gefallenen Provin-
zen ebnete ihm den Boden für die Ausführung
einer umfassenden Verwaltungsreform auch in den
ältern Provinzen. Sie sollte auf konservativer
Grundlage ruhen, jedoch unter Berücksichtigung
der Idce'der Selbstverwaltung. Nachdem die 1872
zum Gesetz erhobene Kreisordnung sich in der Aus-
führung schnell bewährt hatte, wurde 1875 die
Reorganisation zunächst für die östl. Provinzen
durch eine neue Provinzialordnung und die Ein-
richtung von Verwaltungsgcrichten ergänzt. Nun-
mehr aber geriet die Wciterführung des Werkes ins
Stocken. Der Ausdehnung der Selbstverwaltung
auf die weftl. Provinzen stellten sich durch die oppo-
sitionelle Haltung der kath. Landesteile Bedenken
entgegen, und fo versuchte E. zunächst die Verwal-
tungsreform der östl. Provinzen durch den Erlaß
einer Städteordnung weiter zu führen. Hier wurde
er jedoch zu Konzessionen an die Forderungen des
Liberalismus gedrängt, sodaß er auf den Wider-
stand Bismarcks stieß und sich in der weitcrn Aus-
führung gehemmt sah. Nach längern unfruchtbaren
Verhandlungen mit dem Landtagc nahnl er30. März
1878 feine Entlassung. E. starb 2. Juni 1881 zu
Schöneberg bei Berlin. Dem Abgeordnetenhause ge-
hörte er 1866-77 an. - Vgl. E.s Reden von fei-
nem Eintritt in das Ministerium bis zur Feststellung
der Kreisordnungsreform, 1862-72 (Berl. 1872).
Gulenburg, Philipp, Graf zu, Diplomat, geb.
12. Febr. 1847 zuKönigsberg i. Pr., trat während des
Krieges 1866 in das Regiment der Garde du Corps
und wurde 1868 zum Offizier befördert, studierte 1871
-75 in Vreslau, Leipzig und Straßburg, arbeitete
dann als Referendar beim KreiZgericht in Neuruppin,
trat 1878 in den diplomat. Dienst über, wurde 1881
Botschaftssekretär in Paris, 1882 in München, 1888
preuh. Gesandter in Oldenburg und Vraunschweig,
1890 in Stuttgart und 1891 in München. 1894
wurde er zum deutschen Botschafter in Wien ernannt.
E. ist auch Dichter und Komponist. Er veröffentlichte:
"Skaldengefänge. Dichtungen" (Vraunschw. 1892),
"Das Weihnachtsbuch" (Stuttg. 1892), "Abend-
erzählungen, Märchen und Träume" (ebd. 1894).
Gulengebirge, zum Gebirgssystem der Sudeten
(s. d.) gehörender langgedehnter, breiter Waldrücken
von etwa 650 m mittlerer Höhe, der das Glatzer
Kesselland auf der Nordostseite abschließt und sich