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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Familienbrüder - Familienfideikommiß
Landr. 1,1, §§. 3-5. Den Anschauungen mancher
Gegenden entspricht es noch heute, anch die Diener-
schaft, insbesondere das Gesinde (vgl. Preuß. Allg.
Landr. 1,1, §. 4), mit zur F. zu zählen. In den
<?wßott Städten gehören freilich diese Anschanungen
der Vergangenheit an: aber das Prenß. Allg. Land-
recht bringt noch die Vorschriften über Gesinde und
.hausoffizianten in II, 5 im engsten Anscklnsse an
die übrigen Lehren des Familienrechts und vor Be-
handlung der erlaubten Gesellschaften, Korpora-
tionen und Gemeinden in II, 6.
Diesem Begriffe entsprechend behandelt das Fa-
milienrecht die Rechtsverhältnisse zwischen Ehe-
gatten, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Vor-
mund und Mündel. Das eheliche und das elterliche
Verhältnis sind durch die F. selbst gegeben. Die
Vormundschaft ist bestimmt, dem Minderjährigen
einen Schutz zu gewähreu, welchen das elterliche
.haus nicht mehr gewähren kann. Diesem .haupt-
falle der Vormundschaft werden andere Fälle der
Vormundschaft und Pflegschaft angereiht. Das
Familienrecht wird nicht ausschließlich durch Rechts-
sätze geregelt. Das Familienverhältnis ist zugleich
ein sittliches Verhältnis. (<^. Ehe ^nnd Eltern.)
Liebe, Gehorsam, Wohlwollen und ^orge für die
Person sollen das Familienverhältnis durchdringen;
dies sind innere Beziehungen, welche das Sitten-
gesetz aufstellt und welche das Recht nicht vorschrei-
ben, der Nichter nicht erzwingen kann. Es bestehen
nicht einfache Schuldverhältnisse, durch welche be-
stimmt begrenzte Rechtsverhältnisse sich ergeben,
vielmehr wird der ganze Mensch davon ergriffen.
Selbst die vermögensrechtlichen Verhältnisse, welche
sich neben den dem Personenrechte angehörenden
ergeben, lassen sich nicht in allen Einzelheiten durch
feste Sätze regeln.
Zugleich ist aber die F. die wichtigste Grundlage
des öffentlichen Rechts; auf ibr bernht die staat-
liche Ordnung. Deshalb findet sich anch die An-
sicht vertreten, das Familienrecht gehöre dein öffent-
lichen Rechte an. Einige geltende Rechte weisen
der Gemeinde, als der weitern F., eine wesent-
liche Mitwirkung bei der Vormundschaft zu. So
übt in Württemberg ein von den: Gemeinderat zu
diesem Zwecke gewählter Ausschuß, das sog. Waisen-
gericht, die Obervormnndschaft über die Mehrzahl
der Einwohner (sog. Nichteremte) ans; so bilden
in Mecklenburg in den Städten die Magistrate be-
sondere Waisengerichte zu dem gleichen Zwecke.
Auch in Lübeck und .Hamburg bestehen besondere
Vormundschaftsbehörden, in welchen Richter nur
teilweise mitwirken; in Bremen (nicht für Bremer-
haven) können wenigstens nichtrichterliche Personen
zu Mitgliedern der Vormundschaftsbehörde bestellt
werden. Eine gewisse Mitwirkung der Gemeinde
bei der Vormundschaft findet sich in vielen Staaten,
z. B. in Baden (sog. Waisenrichter), in .Hessen, aber
auch in Preußen in dem sog. Waisenrate (s. d.).
Der (^oäe eivil Art. 400-415 überträgt die Be-
fugnisse der Obervormundschaft einem sog. Fami-
lienrate unter Mitwirkung und Vorsitz des Frie-
densrichters (s. Familienrat). Die preuß. Vormund-
schaftsordnung vom 5. Juli 1875 hat die Nechts-
bildung aufgenommen, jedoch nicht so, daß ein
Familienrat gebildet werden muß.
Familienrechtliche Verhältnisse können Gegen-
stand einer Feststellnngsklage sein (vgl. Sächs.Vür-
gerl. Gesetzb. iK 1855-57). Diese Klage ist der
Verjährung entzogen (§. 151 des Sächs. Bürgert.
Gesetzbuchs; <^0<l0 civil Art. 328; Österr. Vürgerl.
Gesetzb. 8§. 1458-81; Deutscher Entwurf §. 161
der zweiten Lesung). Der (^oäe civil und dav Ba-
dische Landr. Art. 329, 330 beschränken jedoch das
Recht der Erben eines Kindes, den ehelichen Stand
des Kindes geltend zu machen, sofern das Kind
selbst diese Ansprüche nicht verfolgt hat. Ob andere
familienrechtliche Ansprüche der Verjährung ent-
zogen seien, ist nach dem geltenden Recht nicht mit
Sicherheit festzustellen. - Einige Rechtslehrer fassen
die F., insbesondere aber die F. des hohen Adels,
als eine Juristische Person anf.
Wesentlich verschieden von der Auffassung der F.
in unsern Rechten ist die Auffassung bei den Serben,
Kroaten und andern slaw.Völkern in Ansehung der F.
auf dem Lande, welche Inokosna. genannt wird. Vgl.
darüber Bogisic, Do 1a loi'ins, dit6 luoko^i^, ä6
1^ i^miiiü ringle (Par. 1884) und Sumner-Maine,
D6 i'oi'AHuißHtion Mi'iäiciuO äs 1a tamilie c1i62 163
81^v68 än 8iiä ^t eli6ö I08 Il^poutes (ebd. 1880).
Diese F. gleicht mehr einer Genossenschaft, welcher
ein männliches und ein weibliches Familienhaupt
vorstehen; die Vefuguisse der letztern sind in man-
chen Beziehungen gegenüber unserm Recht sehr be-
schränkte, in anderer Hinsicht wesentlich erweiterte.
Vgl. Hruza, Beiträge zur Geschichte des griech. und
röm. Familienrechts. I u. II (Lpz. 1892-94).
In der Naturgeschichte nennt man F. jede
kleinere Abteilung des natürlichen Systems, in
welche die in gewissen gemeinschaftlichen Merkmalen
näher miteinander übereinstimmenden Gattungen
von Natnrkörpern nach ihrer natürlichen Verwandt-
schaft zusammengestellt sind. Der Cbarakter der F.
wird durch allgemeine Analogie aller Teile be-
stimmt. Die F. zerfällt weiter in Unterfamilien
und Gattungen; mehrere verwandte F. zusammen
bilden Ordnungen und mehrere zusammengehörige
Ordnungen Klassen. Natürliche F. aus der Ord-
nung der Singvögel sind z. B. die echten Sänger
(3v1viil!ll6) mit den Gattungen 8vlvia, I.n3ciuia,
Ilo^uln" u. s. w.; natürliche Pflanzenfamilien sind
u. a. die Schmetterlingsblütler mit den Gattungen
1^0w8) I^n^iiiu8, I^odinia. sowie die Rosaceen mit
?I'MNI8,1508H u. s. w. sziskaner (s. d.).
ssamilienbrüder, eiue Kongregation der Fran-
Familienfide'l'kommiß, eine Vermögensmasse
(znmeist ein Grundstück von größerm Umfange),
welche vermöge einer Anordnung in der Weise
für unveräußerlich erklärt ist, daft sie für immer
bei einer gewissen Familie, sei es des Stifters,
sei es eines Dritten, verbleiben und in dieser Fa-
milie auf näher bezeichnete Personen nacheinander
übergehen soll (man spricht daher von einer 8uo
c088io 0x Mot,o et pi'oviäeiitiH m^jm-nm). Dem
Fide'l'kommißbesitzer ist daher jede Verfügung unter-
sagt, durch welche das Vermögen ans der Familie
herausgebracht oder dessen Bestand gefährdet wird;
er darf auch eine letztwillige Verfügung über das-
selbe nicht treffen. Der Zweck dieser Nechtsbildung
ist, den Glanz der Familie zu erhalten, dieser die ge-
sellschaftliche Stellnng dauernd zu sichern. Das F.
ist daher wohl zu unterscheiden von dem Fide'i'kom-
miß des röm. Rechts. (S. Erbschaftsvermächtnis
und Vermächtnis.) Zwar kennt auch das röm. Recht
ein Kä0icoinini88uln t^niilias; allein hier wird nur
dem Beschwerten auferlegt, das Vermächtnis einer
Person aus der Familie zu hinterlassen, die dann
ihrerseits die gleiche Verpflichtung baben kann,
immerhin beschränkt ans vier Generationen. Der