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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Festigkeit
Losreißen zweier benachbarter Teilchen erfolgt, son-
dern nnr stattfinden kann, wenn zugleich der Wider-
stand der seitlich gelegenen überwunden ist. Es sind
daher besondere Versuche zur Bestimmung der
Druckfestigkeit notwendig. Bei einigen Körpern hat
sie sich mit der Zugfestigkeit annähernd gleich groß
ergeben, bei vielen andern aber und gerade bei den-
jenigen, welche in der Praxis meistens auf Druck-
festigkeit hin in Anspruch genommen werden, zeigt
sie sich beträchtlich größer. Unter die lctztcrn gehören
namentlich die Steine, welche bei der Konstruktion
von Gebäuden ausschließlich mit ihrer Druckfestig-
keit widerstehen. Übrigens haben die Versuche ge-
lehrt, daß die Größe der Bruchbelastung für Druck
proportional ist der Größe des Querschnitts, und
insofern zeigt sich eine Übereinstimmung zwischen
Zug- und Druckfestigkeit. Der Mörtel besitzt eine
sehr geringe rückwirkende F.; sie steigt höchstens auf
35-45 KZ pro Quadratcentimeter. Er darf daher
nickt zum Tragen von Lasten benutzt, sondern nur als
Verd'mdungsmittel in Anspruch genommen werden.
Mit demAlter vermehrt sichübrigens seine F.und kann
bis zu (iOkg steigen, wie sich namentlich an der Unter-
suchung von Mörtelmassen aus antiken Bauwerken
gezeigt hat. Eine sehr bedeutende Druckfestigkeit be-
jitzt das Gußeisen; sie übertrifft die Zugfestigkeit
desselben Materials beinahe um das Sechsfache.
Aus diefem Gruude wird das Guheifen auch beson-
ders als Stütze zum Tragen von Lasten angewendet.
Auch bei Druckwirkungen unterscheidet man Ela-
sticitätsmodul, Elasticitätsgrenze, Trag- und Bruch-
modul. Übrigens erfolgt dieZerstörung eines Körpers
durch Zerdrückung nur bei kurzen und dicken Stücken,
während bei längerer und dünner Form (in einzelnen
Fällen schon, wenn die Länge sünsmal so groß ist
als die Dicke) die Zerstörung durch Zerknickung (s.
unter 3) erfolgt. In der folgenden Tabelle sind die
durch die Versuche erhaltenen Werte der Elasticitäts-
und Festigkeitskoefficienten zusammengestellt, wobei
ein Stabquerschnitt von 1 hinm zu Grunde gelegt
ist und die Kräfte in Kilogramm angegeben sind.
Elasti-citäts-
Tragmodul
Vruchmodul ^

Material
modul



für Zng
sür
für
für
für !
u. Druck
Zug
Druck
Zug
Druck
Schmiedeeisen. . .
20 000
15
15
40
22
Eisendraht.....
20 000
30

70

17 000


32

Gußeisen......
10000
7,5
15
11
63
ssedersiahl,gehärtet
20 000
50-70
__
80

Gllßftahl,ungehärt.
20 000
25

80

Gußstahl, fcderhart
30 000
65-150
-
100-150

Kupfer, gehämmert
11000
2 5
__
30
70
Kupferdraht ....
13 000
12'

40

Messing.......
6 500
4,8

12
110
Messingdraht . . .
10 000
13

50

Glockengut, Bronze
3 200
9
__
13
__ ^
Phosphorbronze. .

15
-
36
__
Blei........



1 3

Holz.........
1100
2

9^
5
Hanfseil, neu . . . Hanfseil, alt. . . . Treibriemen, län-
250 (?) 50(?)
5(?)
K?)
__'
12 5

ger gebraucht. .
15-20
1,6
__
2,9
__





Kalkstein.....





Quarz......




12
Sandstein.....




7





Kallsteinmauerwerl





Sandsteinmauer-





werk.......




1,5
Ziegelsteinmancr-





wcrk.......


-

0.4
Fig. 1.
2) Scherfestigkeit. Ein Körper wird auf Scher-
festigkeit in Anspruch genommen, wenn zwei ent-
gegengesetzte Schub- oder Scherkräfte in der
Trennungsebene wirken (entsprechend bei stehender
Ski;ze, Fig. 1), wie beim Zerschneiden mit der
Schere. Hierbei ist die Kraft,
die zur Trennung der Körpcr-
teilchen erforderlich ist, um so
größer, ze größer der abzu-
scherende Querschnitt und je
größer die Krast ist, um die
Flächeneinheit des Quer-
schnitts (1 hinin resp. 1 hcui)
abzuscheren, also der Bruch-
modul für Schub. Dieser
ist in der Regel kleiner als der
Vruchmodul für Zug. Auch ist die Höhe der Bruch-
belastung für Scherfestigkeit noch von der Form des
abzuscherenden Querschnitts abhängig.
3) Knickfestigkeit. Wird ein Stab (eine Säule),
dessen Länge vielmal größer als sein Durchmesser
ist, an seinen Enden von zwei Druckkräften be-
ansprucht, die in der Richtung seiner Achse wirken,
so wird er, wenn die Kräfte eine gewisse Größe über-
schreiten, ausbiegen und zerknicken. Die Kraft, welche
nicht überfchritten werden darf, wenn nicht eine Zer-
störung eintreten soll, heißt die Bruchbelastung für
Knickfestigkeit. Dieselbe ist proportional dem Elasti-
citätsmodul des ^tabmaterials und der Länge des
Stabes, ferner abhängig von der Form des Stab-
querfchnittcs und von der Art der Befestigung der
Stabenden. In Bezug auf letztere unterscheidet man,
ob die Enden sest in der Richtung der Stabachse ein-
gespannt oder frei drehbar sind, und erhält so die
vier, den schematischen Figuren entsprechenden Fälle:
ein Ende eingespannt, das andere frei (Fig. 2);
beide Enden srei (Fig. 3); ein Ende eingespannt,
das andere Ende drehbar, aber in der Richtung
der Achse des geraden Stabes geführt (Fig. 4), und
beide Enden eingespannt (Fig. 5).
/!
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 4.
Flg. 5.
Die Bruchbelastungen für Knickfestigkeit (Knick-
belastungen) verhalten sich für diese vier Fälle nach
den Untersuchungen Eulers wie ^4:1:2:4, so daß
also ein Stab, dessen beide Enden fest eingespannt
sind (Fig. 5), erst Zerbricht, wenn in der Richtung
seiner Achse eine Kraft auf ihn einwirkt, die 16mal
so groß ist als die, die einen sonst gleichen Stab bei
der Beanspruchung nach Fig. 2 zum Bruch bringt.
4) Biegungsfestigkeit, auch relative F. ge-
nannt, ist eine viel zusammengesetztere Erscheinung
als die Zug- und Druckfestigkeit. Wenn man einen
Stab durch Biegen zu zerbrechen sucht, so krümmt
er sich und wird an der einen Seite konkav, an der
andern konvex. Denkt man sich einen solchen Stab
aus Elementarsasern zusammengesetzt, so erleiden
die auf der konveren Seite liegenden eine Dehnung,