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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Figuranten - Fikh
Noten alle die gleiche rhythmische Form haben,
aber metrisch frei zu behandeln sind, ähnlich wie
im nenern Recitativ. Zwar hat schon der Ambro-
sianische Gesang sowie sein mutmaßliches Vorbild,
der griech. oder der hebr. Gesang, ans abwechseln-
den Längen und Kürzen bestanden; doch waren
diese Längen und Kürzen des Tons nnr durch die
prosodische Länge und Kürze des Textes bestimmt,
also weder selbständig musikalisch, noch auch inä'bn-
licker Weise nach bestimmten Zeitwerten gemessen
wie die Noten der Mensural- und unserer beutigen
Musik. Figural- oder Mcnsuralgesang entstand
erst, als die Töne der Melodie hinsichtlich ihrer
Zeitwerte von der Prosodie sich unabhängig zu
machen anfingen, so daß auf eine metrisch lange
Silbe eine kurze Note und umgekehrt auf eine kurze
Silbe auch eine lange Note zu stehen kommen konnte;
ferner als man anfing mehrstimmig zu setzen, d. b.
mit zweien oder mehrern Stimmen von selbständi-
gem Tongang und Rhythmus gegeneinander zu
tontrapunttiercn, woraus daun eine bestimmte Men-
sur der Töne von selbst mit Notwendigkeit sich er-
geben mußte, da sonst Konfusion und Disharmonie
nicht ausbleiben konnten. Als man anfing, die
Töne bestimmt zu messen und die verschiedenen
Zeitwerte durch die Form der Noten zu veranschau-
lichen , entstanden alsbald entsprechende Modifika-
tionen der Notengestalt. - Von diesen Gestalten
(ü^ui'kL) der Notengattungen und von den aus
Vermischung derselben entstehenden Zeitsiguren
schreibt sich der Ausdruck F. her. Hiervon zu unter-
scheiden ist der figurierte Gesang oder figu-
rierte Stil; diefer ist nur ein Gesang, bei dem
die melodischen Hauptnoten in kleinere Teile (Figu-
ren, Diminntionen) zerlegt sind, wodurch der Ge-
sang bewegt und gefärbt wird (f. Figurierter Cho-
ral), was beim eigentlichen Fignralgcsang zwar
auch stattfinden kann, aber noch nicht immer not-
wendigerweise der Fall zu sein braucht. Obgleich
unsere heutige Musik ebenfalls Figural- oder Mcn-
suralmusit ist, so Pflegt man doch diese beiden Aus-
drücke besonders auf die Musik des 15. und 16.
Jahrh, anzuwenden, weil damals die künstliche Be-
handlung der Mensur in voller Vlüte stand.
Figuranten (lat.), soviel wie Statisten, auf der
Bühne diejenigen Personen, die als stummeFiguren
austreten; im Ballett (Figuran rinnen) die Chor-
tänzerinnen im Gegensatz zu den Solotänzerinnen.
Figuration llat.), Bildung, Gestaltung, Be-
lebung und Ausschmückuug einer Nede, eines Musik-
stücks durch Figuren ls. Figur).
Figuratw (lat.), bildlich, vorbildlich.
Figurenspiel, s. Elfern.
Figurensteine (I^iäsä i^Fnrati alter Autoren)
beißen im Volk noch heute die Petrefakten oder
Versteinerungen (s. d. und Paläontologie).
Figurieren (lat.), bilden, gestalten, etwas bild-
lich darstellen, mit Figuren schmücken; dann in über-
tragenem Sinne: eine Rolle spielen, Figur machen;
ferner eine bloße Figur abgeben, Lückenbüßer sein.
Figurierter Choral, eine hauptsächlich im
Orgelspiel, aber auch im mehrstimmigen Gesänge
gebräuchliche Weise, wobei die in langen Noten
feierlich ertönende Choralmelodie von den übrigen
Stimmen mit lebbaftern Tonfiguren umspielt wird.
Bei dem echten F. C. müssen diese Figuren aus
den Motiven des Chorals gebildet sein; der F. C.
mrd daher zum fugierten Kontrapunkt gerechnet.
(S. Figuralmusik und Choralbearbeitnng.)
Brockliaus' Konvrrsations-Lcxikon.. 14. Anst. VI.
Figurierter Gesang, Figurierter Stil,
f. Figuralmusik.
FigurierteStoffe, soviel wieVildgewebels.d.).
Figurierte Zahlen, die Glieder arithmet.
Reihen höherer Ordnungen, deren erstes Glied die
Einheit ist; sie haben ihren Namen von der geo-
metr.Entstehungsart der einfachsten von ihnen. Geht
man von der Reihe der natürlichen Zahlen aus: 1,
2, 3, 4, 5 u. s. w., so erhält man durch successive
Addition der 1,2,3 u. s. w. ersten Glieder die Reihe
1, 3, 6,10, 15, 21, 28, 36, 45 ...
Diese Zahlen sind die einfachsten F. Z.; sie heißen
Triangulär- oder TrigonalZahlen, d. i.
Drcicckszahlen, weil man sie durch gleichweit von-
einander entfernte Punkte, die ein gleichseitiges
Dreieck bilden, darstellen kann. Durch successive
Addition der Glieder der obigen Reihe erhält man
ferner folgende:
1,4, 10,20,35,56,84...
Diese Zahlen heißen Pyramidalzahlen. Durch
dieselbe Methode successiver Addition erhält rnan
weiter die Zahlenreihen:
1,5,15,35, 70,126,210...
1, 6, 21, 56, 126, 252, 462 ...
u. s. w. Man nennt sie anch die zweiten, dritten
u. s. w. Pyramidalzahlen. Geht man, statt von
der Reihe der natürlichen Zahlen, von denjenigen
arithmet. Reihen der ersten Ordnung aus, deren
Differenzen 2, 3, 4, 5 u. s. w. sind, also: 1, 3, 5, 7,
9, 11 ... - 1, 4, 7, 10, 13, 16 ... - 1, 5, 9, 13,
17, 21 ... - 1, 6, 11,16, 21, 26 ... u. s. w., und
addiert in denselben successiv die ersten 2, 3, 4 ...
Glieder, so erhält man folgende Reihen:
1,4, 9,16,25,36...
1,5,12,22,35,51 ...
1,6,15, 28,45,66 ...
1, 7,18, 34, 55, 81 ...
Die darin enthaltenen Zahlen nennt man Poly-
gonalzahlen (s. d.), und zwar die der ersten
Reihe Qn adratzahlen, die der zweiten Pen -
tagonal- oder Fünfecks zahlen, die der
dritten Hexagonal- oder Sechsecks zahlen
u. s. w. Aus jeder dieser Reihen kann man,
wie aus den Triangularzahlen, Pyramidalzahlcn
ableiten. Die Erfindung der F. Z. wird der Pytha-
goreifchen Schule zugeschrieben; die ältesten unter
den vorhandenen Abhandlungen über dieselben sind
von Nikomachus von Gerasa und von Diophantus
verfaßt. Allgemeine Formeln der F. Z. wurden im
17. Jahrh^ von Fcrmat und Pascal aufgestellt.
Figurine (frz.), Figürchen, Nebenfigur, z.B.
in Landfchaftsgemälden; Modebild; verkleinertes
Kostümmodell.
Figurismus, in der Theologie die Ansicht, wo-
nach die Begebenheiten des Alten Testaments die
des Neuen vorbildlich darstellen.
Figürlich, soviel wie bildlich.
Fijenoord (spr. feien-), Maasinsel, s. Rotterdam.
Fiji-Archipel, s. Fidschi-Inseln.
Fikh sarab.), die Nissenschaft des Mohammed.
Religionsgesetzcs (Scbari'a), sowohl hinsichtlich
der rituellen Pflichten, als auch hinsichtlich sämtlicher
Kapitel des eigentlichen Rechts. Die Quellen des
F. sind, außer dem Koran und der Tradition, der
^oli86N3u3 der gesamten mohammed. Kirche (Id-
schmä', s. d.) und die speknlative Folgerung mittels
Analogie (Kijäs) in Fällen, für welche in den ge-
scbricbencn Quellen keine positive Entscheidung zu
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