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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Französische Litteratur

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Französische Litteratur (Altfranzösische Periode bis 1150)

Die jüngste franz. Malerschule bildete diese Grundsätze fort. Hatten sich Corot, Daubigny und ihre Genossen in die ländliche Umgegend von Paris zurückgezogen, um dort ihren Naturbeobachtungen in Seelenfrieden obzuliegen, während auch ein edler Friede sich in ihren meist abendliche Stimmungen darstellenden Werken äußert, kehrten die jüngern Maler wieder nach Paris zurück, um nur Selbsterschautes darzustellen, aber nicht wie es ist, sondern wie es unter dem Einfluß des Lichts, der Reflexe der Sonnennebel erscheint (Impressionisten, s. d.). Manet, Monet, Pissaro, Gervex, Bastien-Lepage, Lhermitte, Morisot und zahlreiche andere haben nach dieser Richtung gewirkt. Namentlich ist ihr Streben, die Wirkung des grellen Sonnenlichts, das Zittern der erhitzten Luft darzustellen. Man nennt ihre Kunst daher auch im Gegensatz zu der mit tiefen, satten, bräunlichen Schatten arbeitenden ältern Schule Hellmalerei (s. d.).

Eine vermittelnde Stellung nehmen der feine Beobachter und phantasievolle Darsteller Henner, ferner Carolus-Duran, Antigna u. a. ein, welche zwar die Impression erstreben, doch im Ton und im Gegenstande sich der ältern Schule nähern.

Die franz. Malerei befindet sich zur Zeit in einem Übergangszustand. Die Anregungen der Hellmaler, namentlich des Bastien-Lepage, haben eine völlige Umgestaltung der Behandlung des Lichts und somit des Gesamttones der Bilder mit sich gebracht, der vom Bräunlichen ins Bläuliche übergeschlagen ist. Der Darstellungskreis ist trotz vieler Fehlgriffe der Jüngern erstaunlich erweitert und dem modernen Empfinden näher geführt worden. Eine außerordentliche Kraft im Verwirklichen des beabsichtigten Eindruckes ist der modernen franz. Malerei eigen. Dabei eine große Thatkraft im Zustreben auf die neuen Ideale. Immer aufs neue werden malerische Fragen angeregt und gelöst. Künstler wie Dagnan-Bouveret, Roll, Gervex, Boldini, Béraud, Carrière, Duez überraschen mit jedem Jahre durch neue Lösungen. Die schillernde Farbengebung des Besnard hat in jüngster Zeit das Interesse am lebhaftesten angezogen. Zahlreiche in Paris lebende und ausstellende Nordamerikaner, Spanier, Schweden, Norweger, Polen und auch Deutsche erhöhen die Mannigfaltigkeit der Bilder. Als eine der neuesten Schulen ist die der mysticierenden Symbolisten zu nennen. Unzweifelhaft bewegt sich die F. K. auf allen Punkten vorwärts und ist die regsamste in Europa.

Vgl. Silvestre, Les artistes français (Par. 1878); E. Chesneau, La peinture au XIXe siècle. Les chefs d'école (3. Aufl., ebd. 1883); ders., Peintres et statuaires romantiques (ebd. 1880); Ch. Blanc, Les artistes de mon temps (ebd. 1876); Planche, Études sur l'école française (2 Bde., ebd. 1855); Claretie, L'art et les artistes français contemporains (ebd. 1876); Duret, Les peintres impressionistes (ebd. 1878); J. Meyer, Geschichte der modernen franz. Malerei seit 1789 (2 Bde., Lpz. 1866-67); Rosenberg, Geschichte der modernen Kunst, Bd. 1 (ebd. 1885); ferner die Zeitschrift Gazette des beaux-arts (Paris).

Französische Litteratur. In der Geschichte der franz. Nationallitteratur lassen sich zwei Hauptperioden unterscheiden, eine mittelalterliche (altfranzösische) und eine moderne (neufranzösische). Die erste Periode reicht bis in die Zeit Franz' I., wo das franz. Schrifttum, durch die Renaissance und die Reformation von neuen Ideen befruchtet, neue Stoffe und Darstellungsformen aufnahm und die Bande der mittelalterlichen Überlieferung durchbrach.

I. Altfranzösische Periode. 1) Von den Anfängen bis etwa 1150. Die Anfänge der Dichtung verlieren sich im Dunkel der vorlitterar. Zeit. Man darf den Ursprung des Französischen mit den ersten röm. Ansiedelungen im nördl. Gallien beginnen lassen, aber als in den folgenden Jahrhunderten die Urbewohner des Landes ihre Sprache mit der lateinischen vertauschten und in die röm. Bildung sich einlebten, wurde das Latein der Gebildeten in der Litteratur und im höhern Verkehr allein gebräuchlich; daher sind alle aus diesem Zeitraume überlieferten Erzeugnisse litterar. Geistes auf gallischem Boden in das Bereich der röm. Litteraturgeschichte zu ziehen. Auch nachdem seit dem 4. Jahrh. die Christianisierung Galliens schnelle Fortschritte gemacht hatte, blieb die röm. Kultur bestehen, obgleich man ihren heidn. Geist durch einen christlichen zu verdrängen trachtete. So schreiben die ersten christl. Schriftsteller des Landes ihre Werke in lat. Sprache. Erst nach dem Niedergange des Weströmischen Reichs, als die in jeder hervorragenden Stadt Galliens vorhandenen Bildungsstätten verkümmerten und ihre Auflösung sich beschleunigte unter dem Druck der german. Invasionen und der Feindseligkeit, die allmählich das Christentum gegen die heidn. Wurzeln der röm. Bildung ergreifen mußte, verengerte sich immer mehr der Kreis der Gebildeten, der sich der lat. Bildungssprache bediente. Die neueingerichteten Klosterschulen konnten und wollten die Verbindung mit der klassischen Latinität nicht aufrecht erhalten, und seit dem 6. Jahrh. brach eine fast litteraturlose Zeit ein, deren Zeugen das barbarische Latein einfältiger Legenden und dürftiger Annalen reden. Doch wurde die eigentliche Volkssprache, die galloroman. Vorläuferin des Französischen, darum noch nicht schriftgemäß; selbst wenn sie im Verkehr eine ganz andere Bedeutung gegen früher erhielt. Daß man schon während des 6. oder 7. Jahrh. in dieser Volkssprache gedichtet hat, dürfte ohne ausdrückliche Zeugnisse anzunehmen sein. Wichtig für die Anfänge einer franz. Vulgärpoesie wurde aber die Aufnahme des seit dem 5. Jahrh. im Lande heimischen german. Elements in das galloröm. Volkstum. Auf die Dauer konnten die an Volkszahl gegen die Galloromanen weit zurückstehenden german. Ansiedler ihre Nationalität nicht behaupten, besonders im Westen und im Innern des Landes gelangte die Sprache, der die Franken wenigstens den Namen (französisch = francensis, d. h. fränkisch) und eine große Anzahl von Wörtern geschenkt haben, zur allgemeinen Anerkennung, aber während die Germanen ihre Sprache verloren, vererbten sie der neu sich bildenden Nationalität, in der sie aufgingen, ihren deutschen Heldengesang. Diese Erbschaft ist die Grundlage der reich entwickelten epischen Volksdichtung der Franzosen geworden, deren Geist selbst in spätmittelalterlicher Umbildung noch den german. Ursprung zeigt.

Schon unter der Herrschaft der Merowinger und der Vorfahren Karls d. Gr. gab es galloroman. (französische) Lieder, die, zunächst wohl unmittelbare Nachbildungen fränk. Heldengesänge, das Andenken von Thaten einschneidender Bedeutung und von hervorragenden Männern wach erhielten. Obgleich keins dieser Lieder erhalten ist, wird doch ihr einstiges Vorhandensein bezeugt; bei Gregor von Tours, bei Fredegar, in den "Gesta Francorum" finden sich Stellen, die auf Lieder des 6. und 7. Jahrh.