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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Friedrich II. (König von Preußen)

F. 17. Aug. 1786. Da seine Ehe kinderlos blieb, folgte ihm sein Neffe Friedrich Wilhelm II.

F. ist der Hauptvertreter des aufgeklärten Despotismus; zwar ein vollkommener Selbstherrscher, aber ein Selbstherrscher, der seinen Fürstenberuf als eine ernste heilige Pflicht, als ein Aufgehen im Dienste des Volks ansieht; wie er sich selbst als "den ersten Diener des Staates" bezeichnet hat, so hat er auch in der That all sein Wirken und Handeln einem obersten Grundsatz, der Pflege des Allgemeinwohls, untergeordnet. Der Umfang des preuß. Staates wuchs unter der Regierung des Königs von etwa 121 000 qkm auf fast 199 000; die Zahl der Einwohner stieg von 3,5 Mill. auf 5,5 Mill.

Abgesehen von der polit. Bedeutung der militär. Erfolge F.s ist die Periode, welche seiner militär. Thätigkeit das charakteristische Gepräge verliehen hat, für die Gesamtentwicklung der Kriegsmacht von hervorragender Bedeutung. Einerseits bildet die Fridericianische Zeit den Abschluß eines Entwicklungsabschnittes, in welchem sich unter Einfluß der Wirkung der Feuerwaffen aus den tiefen Kolonnenformationen allmählich die Linie als die für die Feuerwirkung am besten geeignete Form herausbildete. Andererseits aber hat F. die Anschauung, daß die Vernichtung der feindlichen Streitmittel Endzweck aller Operationen sei, daß also der Kampf um seiner selbst willen gesucht werden müsse und nicht nur als Mittel um alle möglichen strategischen Zwecke zu erreichen, daß also die Offensive Grundbedingung jedes Erfolges sei, nach langer Zeit zuerst wieder zur Geltung gebracht.

Wenn auch äußerlich die Kriegführung F.s im allgemeinen noch den Charakter der vorhergegangenen Zeit trug, indem sie durch die Rücksichten auf Magazinverpflegung, Beziehen der Winterquartiere und ähnliches vielfach bestimmt wurde, so wußte er doch, wenn möglich, sich von diesen Rücksichten los zu machen, und dann trugen seine strategischen Entwürfe auch in ihrem äußern Gewände bereits den Charakter der neuern Kriegführung, während dies moderne Element in der taktischen Ausbildung und Verwendung feiner Truppen und der Anlage seiner Schlachten noch mehr hervortrat.

Das eigentliche Wesen der Fridericianischen Kriegführung tritt in den beiden ersten Schlesischen Kriegen und in den ersten Feldzügen des Siebenjährigen Krieges zu tage, als seine Armee noch ihren vollen Wert besaß, den sie während der langen Dauer des Krieges allmählich verlieren mußte. In jener Zeit tritt das Princip der Offensive, das Zusammenwirken der Kriegführung mit der Politik in klaren Zügen hervor. Später konnte F. seinen Truppen nicht mehr das Gleiche zumuten und durfte sie nicht mehr so rücksichtslos einsetzen wie früher, da ihm die Möglichkeit ausreichenden Ersatzes fehlte und von der Erhaltung der Armee das Bestehen des Staates abhing.

Von den Standbildern, die dem Könige errichtet worden sind, verdienen besondere Erwähnung das in Stettin, von Schadow gearbeitet und 1793 enthüllt, sowie das von Christian Rauch Unter den Linden in Berlin (s. d., Bd. 2, S. 797 a), 1851 enthüllt (s. Tafel: Friedrich der Große). F.s Namen führt jetzt das 3. ostpreuß. Grenadierregiment Nr. 4.

Die litterar. Werke des Königs erschienen teilweise schon zu seinen Lebzeiten, die Hauptmasse wurde 1788-89 als "Œvres posthumes" (15 Bde., Berlin, und Suppl., 6 Bde.) veröffentlicht, aber in sehr oberflächlicher Weise. Zu einer kritischen Gesamtausgabe, zu einer Scheidung des Echten und Unechten, kam es erst 1840-57; unter den Auspizien der Akademie wurden die sämtlichen Werke sowie die litterar. und freundschaftliche Korrespondenz durch Preuß veröffentlicht : "Œvres de Frederic le Grand" (30 Bde. und ein Band mit einer chronol. Übersicht der Schriften). Seit 1879 begann die Berliner Akademie eine zweite große Sammlung, die Publikationen der "Polit. Korrespondenz F.s d. Gr.", in der für den Siebenjährigen Krieg auch die militär. Korrespondenz enthalten ist; bis 1892 19 Bde., hg. von Koser und Naudé (Berlin). Dazu kam ferner die Sammlung der "Preuß. Staatsschriften aus der Regierungszeit F.s d. Gr.", 3 Bände, bis 1756, hg. von Koser und Krauske (Berl. 1877-92), die Publikation der "Histoire de mon temps", in der Redaktion von 1746, durch Posner (Lpz. 1879), des "Militär. Testaments" durch Taysen in den "Miscellaneen zur Geschichte F.s d. Gr." (Berl. 1878); in derselben Sammlung ein vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm (Kaiser Friedrich III.) veranstaltetes "Verzeichnis sämtlicher Ausgaben von Übersetzungen der Werke F.s d. Gr.". Von den Übersetzungen der ausgewählten Werke ist die von Merkens (3 Bde., Würzb. 1873-78) erwähnenswert. F.s "Musikalische Werke" gab Spitta heraus (4 Bde. in 5 Tln., Lpz. 1889).

Vgl. Preuß, F. d. Gr. (4 Bde. Text und 5 Teile Urkunden, Berl. 1832-34); Carlyle, History of Frederick II. (6 Bde., Lond. 1858-66; neue Ausg., 10 Bde., 1874 und 1888; deutsch von Neuberg und Althaus, 6 Bde., Berl. 1858-70); Ranke, 12 Bücher preuß. Geschichte, Buch 7-12 (bis 1750; Lpz. 1879); Droysen, Geschichte der preuß. Politik. Teil 5: F. d. Gr. (4 Bde., bis 1756, ebd. 1879-86); Oncken, Zeitalter F.s d. Gr. (2 Bde., Berl. 1881 -83); Dove, Deutsche Geschichte im Zeitalter F.s d. Gr. und Josepbs ll., erste Hälfte: 1740-45 (Gotha 1883); Reimann, Neuere Geschichte des preuß. Staates vom Hubertusburger Frieden bis zum Wiener Kongreß (2 Bde., ebd. 1882 u. 1888); ders., Abhandlungen zur Geschichte F.s (ebd. 1892); Kugler, Geschichte F.s d. Gr. (12. Aufl., Lpz. 1887; illustrierte Volksausgabe, 3. Aufl., ebd. 1887); Philippson, F. II. (im "Neuen Plutarch", Bd. 11, ebd. 1885); F. d. Gr. Denkwürdigkeiten seines Lebens nach seinen Schriften, seinem Briefwechsel und den Berichten seiner Zeitgenossen (2 Bde., ebd. 1886); Koser, F. d. Gr. als Kronprinz (Stuttg. 1886); ders., F. d. Gr. (ebd. 1890 fg.); von Bernhardi, F. d. Gr. als Feldherr (2 Bde., Berl. 1881); Zeller, F. d. Gr. als Philosoph (ebd. 1886); Delbrück, Strategie F.s und Napoleons (in den "Histor. und polit. Aufsätzen", Abteil. 3, ebd. 1887); Becher, Der Kronprinz F. als Regimentschef in Neu-Ruppin von 1732 bis 1740 (ebd. 1892); Schmoller, Studien über die wirtschaftliche Politik F.s d. Gr. (im "Jahrbuch für Gesetzgebung", Lpz. 1884, 1886, 1887); ders., Einführung der franz. Regie (in den "Sitzungsberichten" der Berliner Akademie, 1888); Mommsen, Die Wirtschaftspolitik F.s d. Gr. (in den "Sitzungsberichten" der Berliner Akademie, 1891); Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Thätigkeit für die Landeskultur, Bd. 2 (in den "Publikationen aus den preuß. Staatsarchiven", Bd. 11, Lpz. 1882); Acta Borussia. Denkmäler der preuß. Staatsverwaltung im 18. Jahrh. (Berl. 1892 hg., bisher 3 Bde.); Lavisse, La jeunesse du Grand Frédéric, Par.