Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Galle (anatomisch)'
einigung zu einem Hauptstamme sammeln, der, von der Dicke einer Rabenfeder, die Leber verläßt und nicht weit vom
Magen in den Dünndarm mündet. In diesen sog. Lebergang
(ductus hepaticus) mündet ein zweiter kurzer Gang ein, der von der
Gallenblase (vesica fellea), s. Tafel:
DieBaucheingeweide des Menschen I, Fig. 8, und II, Fig. 5) kommt und als
Gallenblasengang (ductus cysticus, Taf. II,
Fig. 6) unterschieden wird. Außer der Verdauungszeit wird die Mündung des Lebergangs in den Darm durch
Muskelwirkung geschlossen. Die aus der Leber stetig ausfließende G. kann daher nicht in den Darm gelangen, staut sich
im Lebergange an und tritt deshalb durch den Gallenblasengang in die Gallenblase, welche also einen Behälter für die
außer der Verdauungszeit abgesonderte G. darstellt. Da die Gallenblase mit einer Schleim absondernden Haut
ausgekleidet ist, so mischt sich dieser Schleim der G. bei, und letztere wird dadurch trüb und zähflüssig. Sobald die im
Magen halb verdauten Speisen in Form eines Breies in den Darm übertreten, ergießt sich die in der Gallenblase
aufgespeicherte G., um sich dem Speisebrei beizumischen. Die wichtigsten Bestandteile der G. sind die
Gallensäuren (s. d.), welche vorzugsweise den bittern
Geschmack der G. bedingen, mehrere Farbstoffe (s. Gallenfarbstoffe), die Gallenfette,
Cholesterin (s. d.) und verschiedene Mineralsalze, vorzugsweise Chlornatrium und phosphorsaure
Salze. Gorup-Besanez fand in der aus der Gallenblase entnommenen G. eines enthaupteten 49jährigen Mannes in 100
Teilen 82,27 Teile Wasser und 17,73 Teile feste Stoffe;
von den letztern kamen 10,79 Teile auf die gallensauren Alkalien,
4,73 Teile auf Fett und Cholesterin und 2,21 Teile auf
Schleim und Farbstoffe; dazu noch 1,08 Teile anorganische Salze. Die Absonderung der
G. erfolgt beständig und ununterbrochen. Die Menge der täglich abgesonderten G. schwankt zwischen 450 und 600 g und
ist in hohem Grade von der Nahrung abhängig; sie ist am reichlichsten bei reichlichem Wassertrinken und vorwiegender
Fleischkost; weniger reichlich bei vegetabilischer Nahrung, am geringsten bei starkem Fettgenuß; außerordentlich
vermindert wird sie durch längeres Hungern.
Die G. hat die Fähigkeit, sich mit flüssigem Fett innig zu mischen, und wird dadurch das wichtigste Verdauungsmittel für
das mit der Nahrung genossene Fett. Dasselbe vermag, wenn es mit G. innig gemischt ist, als seifenartige Losung leicht
auf dem Wege der Endosmose die feuchte Schleimhaut des Darms zu durchdringen und so ins Blut zu gelangen. Durch
die Wirkung der G. wird überhaupt erst die Resorption der Fette mechanisch ermöglicht, wie man sehr leicht an zwei
Papierfiltern nachweisen kann, von denen man das eine mit Wasser, das andere mit G. tränkt; das erste ist für Öl ganz
undurchgängig, während das zweite dem Öl den Durchtritt leicht gestattet. Eine mangelhafte Gallenzufuhr zum Darm
bedingt deshalb mangelhafte Fettaufnahme ins Blut, woraus wieder ein schlechter Ernährungszustand des Organismus
überhaupt hervorgeht. Außerdem hemmt die G. die faulige Zersetzung des Darminhalts, wenn sie dieselbe auch nicht
ganz verhindern kann. Wenn der Abfluß der G. aus der Leber in den Darm durch Schwellung oder Verschließung des
Gallengangs erschwert oder ganz gehindert ist, so tritt die G. in das Blut über und es entsteht die
Gelbsucht (s. d.). Beim Erbrechen ↔ tritt leicht G. in reichlicherer Menge in den
Magen über und wird dann besonders bei wiederholten Brechanfällen mit ausgebrochcn. Das Erbrochene schmeckt dann
gallig bitter und bekommt eine grünliche, gallige Färbung.
Als Heilmittel benutzte man früher oft die Ochsengalle in zwei Präparaten,
Extractum animale amarum (eingedickte Ochsengalle) und
Fel tauri depuratum (gereinigte trockne Ochsengalle), in ihrer Eigenschaft als
Bitterstoff gegen verschiedene Magen- und Leberkrankheiten, sie dient aber heute hauptsächlich nur zum Reinigen von
Seiden-, Woll- und andern Stoffen, entweder rein oder in Form von Gallenseife (s. d.), ferner zum
Anreiben der Farben.
Galle oder Wassergalle, in der
Landwirtschaft eine solche Stelle im Acker, die an übergroßer, besonders durch
Grundwasser hervorgerufener, also namentlich stehender Nässe leidet und infolgedessen für das Wachstum der Pflanzen
höchst ungünstig ist. Ableitung des Grundwassers durch Drainierung, des Tagewassers durch Furchen gewährt die beste
Abhilfe. – In der Meteorologie nennt man
Regen- oder Wassergalle das
regenbogenartig gefärbte Bruchstück eines nicht ausgebildeten
Regenbogens (s. d.). Die Regengalle gilt als Zeichen eines herannahenden
Regens. Ein lichter Fleck am Himmel gegenüber der Sonne heißt Windgalle; sie gilt
als Vorzeichen eines baldigen Sturmwindes. – Über G. in der Artilleriewissenschaft, Botanik und Tierheilkunde
s. Gallen.
Galle, Joh. Gottfr., Astronom, geb. 9. Juni 1812 zu Pabsthaus bei
Gräfenhainichen, studierte 1830–33 in Berlin Mathematik und Naturwissenschaften. Nachdem er einige Zeit zu Guben und
Berlin Gymnasiallehrer gewesen war, erhielt er 1835 unter Encke die Stelle als Observator an der Berliner Sternwarte.
Mit einer Dissertation, in der er gewisse Beobachtungen des Olaus Römer behandelte, promovierte er 1845. Die
Übersendung dieser Schrift an Leverrier gab Veranlassung, daß dieser wegen Aufsuchung des von ihm berechneten
transuranischen Planeten sich unter andern auch nach Berlin wandte, wo dann dieser nachher Neptun genannte Planet von
G. noch am Abend des Tages, an welchem Leverriers Brief in Berlin ankam (23. Sept. 1840), aufgefunden und so seine
wirkliche Existenz zuerst festgestellt wurde. Seit 1851 wirkte G. als Professor der Astronomie und Direktor der Sternwarte
in Breslau. G.s wissenschaftliche Arbeiten beziehen sich teils auf die Astronomie, teils auf die Meteorologie. Die astron.
Berechnungen und Beobachtungen sind veröffentlicht in den ersten drei Bänden von Enckes «Astron. Beobachtungen auf
der Berliner Sternwarte», im «Berliner Astron. Jahrbuch» (seit 1835) und in den von Schumacher begründeten
«Astron. Nachrichten» (Altona und Kiel, seit 1830); die meteorolog. Untersuchungen in Poggendorffs «Annalen», den
«Abhandlungen der schles. Gesellschaft für vaterländische Cultur», der «Zeitschrift der österr. Gesellschaft für
Meteorologie» und in den selbständig erschienenen Schriften: «Grundzüge der schles. Klimatologie» (Bresl. 1857) und
«Mitteilungen der Breslauer Sternwarte» (ebd. 1879). Sonstige Publikationen sind: «Register zu Zachs Monatlicher
Korrespondenz» (Gotha 1850), «Über eine Verbesserung der Planetenelemente» (Bresl. 1858) und «Über die
Bestimmung der
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 487.