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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ganges (Strom)
in springende (Galopp und Carriere). Eine andere
Einteilung der G. ist die in gerade G., bei denen
das Pferd auf einem.hufschlage (s. d.), und Leiten-
gange (s. d.), bei denen es auf zwei .Hufschlägen
geht. Letztere sind dem Pferde nicht von Natur eigen
und dienen lediglich als Dressurmittel. Endlich
unterscheidet man niedere G., auch Campagne-
gänge genannt (einfacher Schritt, Trab, Galopp,
Carriöre) und höhere G., d. h. durch die hohe Schule
erlernte Gaugarten (Spanischer Tritt, Stolzer Tritt,
Redopp, Pesade, Kurbette, Kapriole). Natürliche
G. nennt man diejenigen, die das Pferd mit schlaffer
.Haltung, versammelte dagegen, die es auf die
Einwirkung des Reiters hin geht. Sog. fehler-
hafte G. sind Pah (s. d.), Antritt (s. d.), Dreischlag.
Man spricht von dem guten Gangwerk eines Pferdes,
wenn seine G. regelmäßig, elastisch und räumig sind.
Ganges (im Sanskrit Gang a), der.Hauptstrom
Vorderindiens, entspringt aus zwei .Hauptquell-
flüssen auf der Südfeite des .Himalaja in dem brit.-
ind. Schutzstaate Garhwal. Die Bhagirathi-
Ganga entspringt unter 30° 54^ nördl. Br. und
79" 7^ östl. L., indem sie in der Nähe von Gangotri
(s. d.) in einer .höhe von 4495 m, zwischen Gipfeln
von 7400 m, aus einer Gletscherhöhle hervortritt.
Gegen NW. fließend, nimmt sie bei Bhairghati die
von NO. herkommende bedeutendere und wildere
Dschahnawi auf, die früher von den Europäern
als der eigentliche Quellstrom angeseben wurde. Bei
Sakhi bahnt sie sich dann, in 2478 m Höhe, ein
Querthal durch den Himalaja und tritt bei dem
Tempel Deoprajag (s. d.) mit der von NO. her
kommenden ruhigern, aber wasserreichern und 49 m
breiten Alaknanda-Ganga zusammen, die bei
dem Berggipfel Badrinath aus der Saraswati und
Thauli (engl. Doulee) entsteht. Das vereinigte Ge-
wässer windet sich als G. durch die Vorberge und
tritt in der .höhe von 342 in bei dem heiligen Orte
.hardwar (engl. Hurdwar) in die große nordind.
Ebene, erst in südl., dann in südöstl. Richtung mit
geringem Gefalle, die Nordwestprovinzen und die
Präsidentschaft Bengalen bewässernd. Da wo der
nordöstl. Teil des südl. .Hochlandes an sein Bett
herantritt, wendet sich der Fluß mit seiner letzten
Stromschnelle südostwärts, um nach einem Laufe,
der in gerader Linie 1529 km, mit den Krümmungen
2597 km beträgt, mit dem Brahmaputra (s. d.),
dessen Mündungen sich mit den seinigen vereinigen,
ein vielarmiges, etwa 44000 likm umfassendes
Delta, das größte der Erde, zu bilden. Der westliche
der acht Hauptarme ist die südwärts gerichtete
Hugli (engl. Hoogly), an welcher Kalkutta liegt, der
mittlere der Baleswar (an der Mündung .haringhat
genannt), der östliche und stärkste der gegen SO.
gerichtete Padma, Padda oder G., von dessen ver-
schiedenen Armen der mittlere oder Meghna sich in
die Mündung des Brahmaputra ergießt. Zwischen
diesen .Hauptarmen breitet sich ein von einer Menge
von Kanälen durchzogenes, steten Veränderungen
unterworfenes, auf weite Strecken durch Deiche gegen
Überschwemmungen geschütztes und im N. zum Teil
sorgfältig angebautes, weiter nach unten aber von
einer üppigen Vegetation überwuchertes Schwemm
landaus, die Heimat der Cholera. Längs des Meers
bildet der Kampf zwifchen den Gewässern des Flusses
und des Meers die äußerst ungesunden Sundarban
ls. d.). Wie der Nil schwillt der G. periodisch an;
die Steigung beginnt im Mai und erreicht im
September ein Maximum von 15 bis 16 m.
Der G. durchströmt ein uraltes Kulturland; an
ihm liegen die wichtigen Städte Kanpur, Allahabad,
Mirsapur, Benares, Patna, Bhagalpur und Radsch-
mahall. Seine namhaftesten Nebenflüsse sind links:
dieRam-Ganga (594 km lang), die Gumti (775 km),
die Ghagra (WO km), die Gandak (650 km), die
Naghmati, die Kaschi oder Kaßi (519 km); rechts
die Kali-Naddi, die Dschamna, der bedeutendste
von allen, der bei Allahabad mündet und mit dem
G. das Doab oder Zweistromland bildet, ferner der
Tons, Schon oder Son (742 km), der P'halgu und
der in die Hugli mündende Damodar. Obgleich er
von Indus und Brahmaputra an Länge über-
troffen wird, hat der G. das größte Flußgebiet: es
beträgt 1060000, und mit Hinzurechnung des ihm
von dem Brahmaputra gegebenen Anteils 1643000
likm. Seine Wassermasse ist so groß, daß er bei
Benares, 1224 km von der Mündung der Hugli
oder 1358 km von den Eundarban, in der trocknen
Jahreszeit 430-440 m breit und 10-12 m tief, in
der Regenzeit aber 900-950 ^ breit und 18-20 m
tief ist. Die mittlere jährliche Wasfermasfe wird auf
7700 cdm für die Sekunde berechnet. Die Hugli
allein ergießt in einer Sekunde 5700 l>dm. Im
ganzen führt der Strom jährlich mehr als 197 Mill.
cdm erdiger Stoffe ins Meer. Die Wirkung des
ausgeschütteten Schlamms ist auf 90-100 km von
der Küste bemerkbar. In der Hugli steigt die Flut
195, im Padma 210 km aufwärts.
Für Flöße ist der G. bis Hardwar fahrbar. Die
seit 1834 von der Regierung für eiferne Dampf-
boote eröffnete Schisfahrt geht bis Garhmukhtehar
(630 km oberhalb Allahabad und 1425 km oberhalb
Kalkutta). Bis Kanpur (engl. Cawnpore) herrfcht
reger Verkehr; weiter oberhalb aber hat der Strom
Untiefen und Stromschnellen, welche in der trock-
nen Jahreszeit die Schiffahrt hemmen. Doch bildet
er den Mittelpunkt für Handel und Verkehr auch
nach Eröffnung der parallel laufenden Eisenbahn.
Zur Förderung der Schiffahrt und Bewässerung des
Doab ist seit 1842 der Gangeskanal begonnen;
seine Länge ist auf 1305 Km, der Kostenbetrag auf
2M für den obern, 2,22 für den untern, mit Ein-
scklusi aller Nebenkanäle auf 5,75 Mill. Pfd. St. ver-
anschlagt. Er führt von Hardwar südwärts in die
Nähe von Aligarh und von dort einerfeits nach
Kanpur in den G., andererseits über Itawa (Etawa)
nack Hamirpur in die Dschamna. Außerdem läßt
die Regierung es sich seit Jahren angelegen sein,
durch ein Netz von Kanälen die Landstriche am G. zu
bewässern und vor Überschwemmungen zu schützen.
Nach der Sage entsprang die Ganga auf dem
Haupte des Hiva und durchfloß bei ihrer durch die
Buße des Königs Bhagiratha bewirkten Herabkunft
Himmel, Erde und Unterwelt. Der heil. Dschachnu,
den sie dabei in feiner Außübung störte, verschluckte
sie und ließ sie erst auf Bitten des Bhagiratha wieder
frei. In der Legende gilt sie zuweilen als Mutter
des Karttikeya und des alten Königs Vh'ischma.
Dargestellt wird sie als junge Frau mit einer Lotos-
blume in der Hand. Die Legende von ihrer Herab-
tunft findet sich im "NZmiiMna" und ist von A. W.
von Schlegel ("Ind. Bibliothek", 1,50 fg. -- "Werke",
3,8 fg.) und von Hoefer ("Ind. Gedichte", II, 35 fg.)
ins Deutsche übertragen worden. Als heiligster
Strom der Inder ist sie vielfach in Gedichten ver-
herrlicht worden.
Zum G. geschehen häufige Wallfahrten, beson-
ders zu seinen Quellen. Wer an seinem Ufer stirbt