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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Garneelenassel; Garneelenpulver; Gārnett; Garnetz; Garnhandel

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Garneelenassel – Garnhandel

An der deutschen Nordseeküste wird der Granat vorzugsweise mit Reusen aus Netzzeug oder aus Korbgeflecht, welche auf der Fläche oder in Rinnen und Prielen des Watts mit der Öffnung gegen das ablaufende Ebbewasser aufgestellt werden, gefangen. Diese Geräte, welche oft weitab vom Ufer stehen, werden nicht mit Booten, sondern vermittelst besonderer Schlickschlitten (sog. Kraier) besucht, um entleert zu werden; außerdem fängt man Granate mit großen Standnetzen (Steerthamen) sowie auch mit Schleppgeräten (Granatkurre) und mit Schiebenetzen, die eine einzelne Person im Wasser watend vor sich her schiebt. Da die Granat, dem Wasser entnommen, namentlich unter dem Einfluß der Wärme schnell absterben, so werden sie möglichst bald nach dem Fange gekocht und im gekochten Zustande in den Handel gebracht. Untermaßige Tiere, die für den menschlichen Konsum zu klein sind, werden vielfach nach dem Kochen an der Luft getrocknet und dann zu Granatmehl und Granatschrot vermahlen, welches als Vogel- und Fischfutter (in Brutanstalten, Aquarien u. s. w.) Verwendung findet. Die im Oldenburgischen bestehende Verarbeitung untermaßiger frischer G. zu Granatguano dürfte durch die neuen Schonvorschriften über die Weite der Fanggeräte eine wünschenswerte Einschränkung erfahren. An den deutschen Nordseeküsten werden im Jahre (nach Schätzung) etwa 1 Mill. l eßbarer und etwa ebensoviel kleine Granat gefangen, welche insgesamt einen Wert von 100000 bis 120000 M. repräsentieren. Bei dem Mangel einer deutschen Statistik ist es unmöglich, genaue Zahlen zu geben; indessen dürften die obigen eher zu niedrig als zu hoch sein, wenn in Betracht gezogen wird, daß das Nachbarland Holland 1889‒91 zwischen 1600000 und 1400000 kg jährlich, d. i. über 2 Mill. l, nach England und Belgien allein exportierte. An der norweg. Ostküste, besonders in Svelvik, wird eine Garneelenform gefangen (Pandanus borealis), die 3‒4mal so groß ist wie der Nordseegranat. Auch an den Küsten aller Mittelmeerländer ist die Fischerei auf G. von verschiedenen Arten in hoher Entwicklung. Tunis, das alte Karthago, lieferte schon den röm. Kaisern die G. für ihren Tisch. Im Mittelmeer spielt die auch im Norden vertretene Form Nika edulis Risso eine Hauptrolle. An der brasil. Küste (Maranhão) werden große Mengen G. gefangen und vielfach in getrockneter Form exportiert. Einen großen Handelsartikel bilden G. auch in Indien, wo man ein mit Salz und Gewürzen gemischtes Garneelenpulver vielfach als Nahrung verwendet. Die dabei außer andern in Betracht kommende Art heißt Penaeus affinis. Der Hafen Tschi-fu in China exportiert jährlich 7‒9000 Ctr. getrockneter G., und auch von andern chines. Häfen sowie von Manila werden große Mengen verfrachtet.

Garneelenassel, s. Asseln.

Garneelenpulver, Garneelenschrot (Granatschrot), s. Garneelen.

Gārnett, Richard, engl. Schriftsteller, geb. 27. Febr. 1835 in Lichfield, wurde 1851 am Britischen Museum angestellt, besorgte seit 1857 die Klassifikation und Anordnung aller dem Museum zugefügten Werke, wurde 1875 assistierender Kustos der gedruckten Bücher und Oberaufseher des Lesesaals und 1890 Bibliothekar (keeper of the printed books). Auf seine Anregung hin wurde 1881 der Druck der Kataloge des Britischen Museums begonnen. Als Schriftsteller veröffentlichte G. die zerstreuten «Philological essays» seines Vaters (Lond. 1859), sodann anonyme Gedichte: «Primula, a book of lyrics» (1858), «Io in Egypt» (1859) und die von G. aufgefundenen «Relics of Shelley» (1862). Bekannt machten ihn besonders die «Poems from the German» (1862), Übersetzungen, seine «Idylls and epigrams chiefly from the Greek anthology» (1869), seine «Iphigenia in Delphi» (1890), ein Band Erzählungen: «The twilight of the Gods» (1889) und «Poems» (1893). Sonst verdienen Erwähnung: Shelleys «Poems selected» (1880), desselben «Tales and stories» (1891) u. a. Außerdem liefert G. viele kritisch-biogr. Beiträge zu gelehrten Zeitschriften, für die Garnett-Ausgabe der «Encyclopedia Britannica», für Stephens «Dictionary of national biography» u. a.

Garnetz, Hohlmaß, s. Garniec.

Garnhandel. Während noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. die Webereien ihren Garnbedarf direkt von den Spinnereien bezogen und nur für Handgespinst Aufkäufer vorhanden waren, hat sich der G. zu einem großen selbständigen Handelszweige herausgebildet, der in allen kultivierten: Ländern teils in den Seestädten und den großen Binnenhandelsplätzen, teils mitten in den Industriebezirken der Weberei von Baumwolle, Wolle, Seide, Leinen, Hanf und Jute angesessen ist. Der G. erfordert besondere Fachkenntnisse, die zur Beurteilung und Würdigung der Hunderte von Garnnummern erst nach jahrelanger Beschäftigung gewonnen werden können; er verlangt eine sorgfältige Beachtung des voraussichtlichen Bedarfs und sichere Erkundigungen über den Bestand der vorhandenen und durch die nächste Ernte noch zu erwartenden Rohstoffe; er beansprucht meist große Kapitalien, bringt gelegentlich bei den erheblichen Preisschwankungen hohe Gewinne, aber auch bedeutende Verluste.

Tonangebend für den G. ist Großbritannien mit seiner hochentwickelten Spinnerei für die Garne aus Baumwolle, Wolle, Flachs, Hanf und Jute; für Seide gilt dies von Italien, Frankreich und China. In der Regel beschränken sich selbst Grossogeschäfte nur auf die Garnnummern eines einzigen Rohstoffs, und selbst die in den Industriebezirken angesessenen Garnhändler pflegen nur dann Garne aus verschiedenen Rohstoffen zu führen, wenn in ihrem Bezirke gemischte (halbseidene, halbwollene, halbleinene) Webstoffe hergestellt werden.

In dem Handel mit Baumwollgarn überragt in der Ausfuhr, bei kaum nennenswerter Einfuhr, Großbritannien alle Länder und hat für die nächsten Jahrzehnte höchstens nur von Nordamerika und Ostindien einen beachtenswerten Mitbewerb zu befürchten. Englands Ausfuhr von Baumwollgarnen aller Art betrug dem Werte nach 1846‒50 durchschnittlich 131,4, 1891: 233,6, 1892: 194 Mill. M. – Abgesehen von Belgien, das 1890 eine Mehrausfuhr von 1883 t hatte, und der Schweiz mit einer Mehrausfuhr von (1891) 4980 t, decken alle andern Länder in Europa ihren Mehrbedarf über die einheimische Produktion (vorwiegend in den höhern Garnnummern) aus England. Die Mehreinfuhr erreichte in Frankreich (1892) 21364 t, in Deutschland (1891) 6258 t, in Holland 11590, Österreich 8853, Italien 2607, Rußland 2640 t. Hierbei ist zu beachten, daß Frankreich, Deutschland, Österreich-Ungarn, neuerdings auch Rußland einen recht ansehnlichen Spinnerei-^[folgende Seite]