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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Girard (Jules) – Girardet

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Girard (Jean Baptiste)'

ernannt, wirkte er dort bis 1834. Er starb 6. März 1850 im Kloster zu Freiburg. Seine Vaterstadt hat sein Andenken durch ein Bronzestandbild geehrt. Sein berühmtestes Werk ist die Schrift «De l’enseignement régulier de la langue maternelle dans les écoles et la famille» (Freiburg 1844), eine von der Französischen Akademie gekrönte Preisschrift. Die Unterrichtsmethode, die er darin empfiehlt, ist als die genetische zu bezeichnen. – Vgl. O. Hunziker, Geschichte der schweiz. Volksschule, Bd. 2 (Zür. 1881).

Girard (spr. schirahr), Jules, franz. Gelehrter, geb. 24. Febr. 1825 zu Paris, studierte an der Pariser Normalschule und an der Französischen Schule in Athen, war dann seit 1857 Professor der griech. Litteratur an der Normalschule und seit 1874 an der Sorbonne. G. ist Mitglied der Akademie der Inschriften. Er verfaßte «Mémoire sur l’ile d‘Eubée» (1852), «De Megarensium ingenio» und «Du caractère de l’atticisme dans l’éloquence de Lysias» (1854), «Essai sur Thucydide» (1860; 2. Aufl. 1884), eine mit dem Gobertschen Preis ausgezeichnete Schrift; «Hypéride, sa vie et son éloquence» (1861), «Un procès de corruption chez les Athéniens» (1862), «Le sentiment religieux en Grèce» (1868; 3. Aufl. 1887), «Études sur l’éloquence attique, Lysias, Hypéride, Démosthène» (1874), «Études sur la poésie grecque: Epicharme, Pindare, Sophocle, Théocrite, Apollonius» (1884).

Girard (spr. schirahr), Philippe Henri de, franz. Industrieller und Mechaniker, geb. 1. Febr. 1775 in Lourmarin im Depart. Vaucluse, erfand die erste wirtlich brauchbare Flachsspinnmaschine, auf die er 1810 ein Patent nahm und die er in der Folge vielfach verbesserte. Nach dem Sturze Napoleons ging G. nach Österreich, wo er bis 1825 eine Spinnerei in Hirtenberg bei Wien betrieb. Später leitete er im Auftrag der russ. Regierung das Bergwesen in Polen. Nach Paris zurückgekehrt, starb er 26. Aug. 1845. In Avignon wurde ihm ein Denkmal errichtet. Von seinen zahlreichen Erfindungen sind noch zu erwähnen: ein Röhrenkessel für Dampfmaschinen, ein achromatisches Fernrohr, bei welchem die Glaslinse durch eine Flüssigkeit ersetzt war, eine rotierende Dampfmaschine, eine Dampfkanone, ein Apparat zur Gewinnung und Eindampfung von Runkelrübensaft.

Girard (spr. schirahr), Pierre Simon, franz. Ingenieur, geb. 4. Nov. 1765 in Caen, wurde 1789 Ingenieur der Brücken und Chausseen. In Ägypten, wohin er 1798 die Expedition Bonapartes als Mitglied der wissenschaftlichen Kommission begleitete, stellte er wichtige Untersuchungen am Nil an. Nach Frankreich zurückgelehrt, wurde er zum Oberingenieur der Brücken und Chausseen ernannt und mit der Ausführung des Kanals betraut, der das Wasser des Flusses Ourcq bis in ein Bassin bei Paris ableiten sollte, welchen Bau er von 1802 bis 1820 leitete. 1815 wurde G. Mitglied der Akademie, 1819 Direktor der Gasbeleuchtung für Paris. Um die Mechanik machte er sich ferner verdient durch Versuche über Gesetze der Bewegungen des Leuchtgases in langen Rohrleitungen. Er starb 30. Nov. 1836 in Paris. G. schrieb «Traité analytique de la résistance des solides etc.» (Par. 1798; deutsch bearbeitet von Krönke, Gieß. 1803), «Rapport des ponts et chaussées sur le projet général du canal de l’Ourcq» (Par. 1803), «Essai sur le mouvement des eaux courantes et la figure qu’il convient de donner aux canaux» (ebd. 1804), ↔ «Mémoires sur le canal l’Ourcq et la distribution de ses eaux etc.» (ebd. 1831).

Girard (spr. dschirahrd), Stephen, amerik. Philanthrop, geb. 24. Mai 1750 in der Nähe von Bordeaux als Sohn eines Kapitäns, ging als Schiffsjunge nach Westindien, darauf nach Neuyork und ließ sich 1769 in Philadelphia als Krämer nieder. Sein durch geschickte Spekulationen erworbenes großes Vermögen ließ er bei Lebzeiten besonders der amerik. Regierung zu gute kommen, deren Schulden er wiederholt deckte. Bei seinem Tode, der zu Philadelphia 29. Dez. 1831 erfolgte, hinterließ er ungefähr 40 Mill. Dollars, von denen er 9 Mill. zu wohlthätigen Zwecken bestimmte, vor allem zur Gründung eines nach ihm benannten großartigen Waiseninstituts, das Girard College, das in den J. 1833–48 zu Philadelphia errichtet wurde und eine Hauptzierde der Stadt bildet. In demselben können 1600 Schüler Aufnahme finden. Der Religionsunterricht wird nur von Lehrern erteilt; kein Geistlicher, Missionar oder Prediger irgend welchen Bekenntnisses darf nach der Bestimmung G.s die Schwelle seines Instituts überschreiten, «um die zarten Seelen der Kinder frei zu halten von dem Gezänke der Sekten». – Vgl. Life of St. G. by S. Simpson (Philad. 1832); Girard College and its founder by H. W. Arey (1856); Scattergood, Handbook of Girard College (1888).

Girard College (spr. dschirahrd kolledsch), s. Girard, Stephen.

Girardet (spr. schirardeh), Abraham, franz. Kupferstecher, geb. 1764 zu Locle im Kanton Neuchâtel, lebte in Paris, wo er 2. Jan. 1823 starb. Hauptblätter von ihm sind: Verklärung Christi nach Raffael (1806), Raub der Sabinerinnen nach Poussin, Triumph des Titus nach Giulio Romano (1810), Letzte Augenblicke des Herzogs von Berry nach Fragonard.

Charles G., Maler, Neffe des vorigen, geb. 13. Mai 1810 zu Locle, bildete sich in Paris bei Cogniet zum Genremaler aus und bereiste dann den Süden Europas sowie Nordafrika, Ägypten und die Türkei. Aus dieser Zeit stammen eine große Zahl Schilderungen der südl. Natur, mit charakteristischen Staffagen aus dem Volksleben geziert. G. starb 24. April 1871 in Paris. Unter seinen histor. Kompositionen sind erwähnenswert: Überfall der beim Gottesdienst versammelten Hugenotten (1842; in Locle), Episode aus der Schlacht bei Murten (1856; Museum in Bern). Auch als Illustrator hat G. sich mit Glück versucht.

Edouard G., Bruder des vorigen, geb. 21. Juli 1819 in Neuchâtel, gest. 5. März 1880 in Versailles, war als Kupferstecher und Genremaler thätig. Auch ihm hatten längere Reisen im Orient reichliche Gelegenheit zu landschaftlichen Studien gegeben, doch zog er meist vor, Volksscenen des Orients und der Schweiz in genrehafter Weise darzustellen. Hervorzuheben sind von seinen Gemälden: Liebeswerbung, Jahrmarkt im Berner Oberland (1855; Museum in Bern), Rückkehr vom Gebirge (Museum in Lausanne), Holzfällerfamilie von einem Bären überfallen; ferner im Museum zu Basel: Kampf mit Schneeballen, Barbierstube in der Bretagne, Zwei Mädchen bei einer Wahrsagerin. Radierungen fertigte er besonders nach Gemälden von Delaroche und Gérôme.

Paul G., Bruder der beiden vorigen, geb. 8. März 1821 zu Neuchâtel, gest. im Febr. 1893

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 16.