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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: G. P. O.; Gr.; Graaf; Graaff Reinet; Graafsche Bläschen; Graal; Grab; Gräb; Grabbe

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G. P. O. - Grabbe

er 1469-85 mit 23 Bildern aus dem Alten Testament von der reichsten Erfindung und der anmutigsten Lebendigkeit der Charaktere und Bewegungen verziert hat. Hervorzuheben sind von diesen Darstellungen: Noahs Weinlese und Trunkenheit (dabei die verschämte Zuschauerin La vergognosa di Pisa), der babylon. Turmbau (mit den Bildnissen berühmter Zeitgenossen), die Geschichten Salomos und der Königin von Saba. Die Wandmalerei war G.s eigentliches Fach, doch führte er auch Altarwerke aus. Von seinen seltenen Tafelbildern verdienen Erwähnung: Madonna mit vier Heiligen (1456; Pinakothek in Perugia), Thronende Madonna mit vier Heiligen (1461; Nationalgalerie in London), Thronende Madonna (Wien; Hofmuseum), Triumph des heil. Thomas von Aquino (Paris; Louvre). (S. auch Architekturmalerei.)

G. P. O., Abkürzung für General Post Office (engl., d. h. Generalpostamt).

Gr., bei naturwissenschaftlichen Namen Abkürzung für Joh. Ludw. Karl Gravenhorst (s. d.).

Gr., hinter wissenschaftlichen Tierbenennungen Abkürzung für den Zoologen Adolf Eduard Grube, einen Kenner besonders der Würmer.

Graaf, Regnier de, niederländ. Anatom, geb. 1641 zu Schoonhoven, studierte zu Löwen, Utrecht und Leiden Medizin, lebte einige Zeit in Paris und ließ sich dann als Arzt in Delft nieder, wo er 1673 starb. Seine wichtigsten Arbeiten betreffen die Bauchspeicheldrüse und die weiblichen Geschlechtsorgane, besonders die von ihm entdeckten und ihm zu Ehren als Graafsche Bläschen (ovula Graafiana) benannten Follikel des Eierstocks (s. d.). Seine "Opera omnia" erschienen zu Leiden 1677, Amsterdam 1701 und 1705 (deutsch, Lpz. 1752).

Graaff Reinet, Bezirk im östl. Bergland der Kapkolonie, hat 6972 qkm und (1891) 16328 E., darunter 6187 Weiße. Das Land ist hoch gelegen, am Fuße der Schneeberge mit vortrefflichem Klima, aber sehr kalten Wintern. Die Hauptstadt G. mit (1891) 5946 E. treibt lebhaften Handel.

Graafsche Bläschen oder Graafsche Follikel, s.Eierstock.

Graal, s. Gral.

Grab, der Ort, an dem menschliche Leichname beigesetzt werden (s. Bestattung der Toten.) - Über das Heilige Grab s. d.

Gräb, Karl, Landschafts- und Architekturmaler, geb. 18. März 1816 zu Berlin, bildete sich in der Dekorationsmalerei im Atelier des Hoftheatermalers J. Gerst und an der Akademie aus und machte seit 1839 Studienreisen nach der Schweiz, dem südl. Frankreich, den Pyrenäen, nach Italien und Sicilien. Er teilte dann mit Gerst die Leitung seines Ateliers, doch übernahm er auch auf eigenen Namen die vollständige Dekorationsausstattung für Provinzialbühnen. Seit 1851 widmete er sich der Staffeleimalerei, vorzugsweise der Darstellung des Innern mittelalterlicher Kirchen, wobei er sich durch poet. Lichtwirkung und sorgfältige Durchbildung des Details auszeichnete. Von seinen Architekturbildern sind zu nennen: Die Skaligergräber zu Verona (1859), Lettner im Dom zu Halberstadt (1860), Die Mansfeldgräber in der Andreaskirche zu Eisleben (1860; beide in der Berliner Nationalgalerie), Chor der Frauenkirche zu Halberstadt (1865), Die Gräber des württemb. Herzogshauses in der St. Georgenkirche zu Tübingen (1866), Aus dem Innern der Frauenkirche zu Arnstadt (1871), Inneres von Sta. Maria in Torcello bei Venedig (1873), Aus

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dem Dom zu Chur (1874, 1879), Inneres der Alten Synagoge zu Prag (1876; Museum zu Breslau), Aus dem Kloster Lichtenthal bei Baden-Baden (1882). Von nicht geringerer Bedeutung sind seine Landschaften: Blick auf Rom (1846), Ansicht von Narni (1850), Fontana Medina in Neapel (1853), Aus Villa Borghese (1858), Marina di Amalfi (1870). G. war auch ein tüchtiger Aquarellist; er wurde 1851 Hofmaler, 1855 Professor an der Akademie und 1869 in den Senat derselben gewählt. Er starb 8. April 1884 in Berlin.

Paul G., Sohn und Schüler des vorigen, geb. 1842 zu Berlin, gest. daselbst 4. Jan. 1892, war gleichfalls Architekturmaler, durch miniaturartige Feinheit der Bilder hervorragend, aber seinen Vater nicht erreichend.

Grabbe, Christian Dietr., dramat. Dichter, geb. 11. Dez. 1801 in Detmold, wo sein Vater Zuchthaus- und Leihbankverwalter war, studierte in Leipzig und seit 1822 in Berlin die Rechte, wo er mit Heine, F. von Uechtritz u. a. in Verbindung trat und, von Haus aus verzogen, von falschem Ehrgeiz und überspannter Genialitätssucht geleitet, ein ungebundenes Leben führte, das ihn bald in Not brachte. Cynisch im Genuß, forciert in seiner Genialität, ratlos über sich selbst, ging er 1823 auf Tiecks Einladung nach Dresden, um Schauspieler zu werden. Nach mehrern vergeblichen Versuchen dieser Art kehrte er 1824 nach Detmold zurück, vollendete seine jurist. Studien, wurde hier Advokat, dann zugleich Regimentsauditeur und heiratete 1833 die Tochter seines Gönners, des Archivrats Clostermeier. Für häusliches Glück nicht geschaffen, zerrüttete er sein eigenes Dasein und das seiner Frau immer mehr und mußte sein Amt aufgeben. Mit der Welt und sich selbst zerfallen, begab er sich hierauf nach Frankfurt, dann zu seinem Gönner Immermann nach Düsseldorf, war aber auch durch freundschaftliche Fürsorge aus seinem wüsten Leben nicht zu retten; 12. Sept. 1836 starb er, dem Trunk ergeben, in seiner Vaterstadt. Als ein Spiegelbild seines Lebens und Charakters können seine Dramen angesehen werden, die überaus reich an einzelnen genialen Zügen und originellen Gedanken und Wendungen sind, während ihnen jede künstlerische Architektonik fehlt und seine Sprache sich mit Vorliebe in Cynismen oder überschwenglichen Hyperbeln ergeht, von denen Zartgefühl und Geschmack zugleich beleidigt werden. Die geschichtlichen Charaktere seiner histor. Dramen sind oft in großem Stile aufgefaßt und alle Partien, die einen starken, kräftigen Farbenauftrag erlauben, mit charakteristischer Energie ausgearbeitet. Namentlich seine in Prosa geschriebenen Dramen, z. B. "Hannibal", zeichnen sich durch eine kernige Sprache aus. Gegen die technischen Anforderungen der Bühne verhielt er sich gerade in seinen besten Werken völlig gleichgültig.

Schon in seinem 18. Lebensjahre dichtete G. sein Drama "Herzog Theodor von Gothland", worin er nach der Seite des Wilden, Häßlichen und Unwahren sich in die tollsten Ausschweifungen verlor, zugleich aber ein originelles dramat. Talent bekundete, das dem Scharfblicke Tiecks nicht entging. Seine "Dramat. Dichtungen" (2 Bde., Frankf. 1827) enthalten außerdem die mißlungene und schwächliche Tragödie "Nanette und Marie"; ferner die mit grotesken Einfällen üppig ausstaffierte Aristophanische Posse "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung"; ein unvollendetes, teilweise in großartigen Zügen