Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Griechenland (Klima, Pflanzen-, Tierwelt und Mineralreich)'
im Sommer, im Winter fällt reichlich Schnee, und statt der Oliven- und Orangenhaine der Küste finden sich Tannenwälder und auf
den höchsten Gipfeln alpine Vegetation. Die Pflanzen- und Tierwelt der niedern Regionen ist die typische der subtropischen Zone
mit Waldarmut, Vorwiegen der immergrünen Pflanzen, Vorkommen mancher orient. Tiere, z. B. des Schakals u. s. w. Von wertvollen
Mineralien sind außer den jetzt wieder abgebauten Silbergruben des attischen Lauriongebirges und der Insel Siphnos die vielen
Marmorbrüche hervorzuheben, von denen die des Brilessos und der Insel Paros den besten weißen, die des Hymettos bläulichen, die
des Ocha bei Karystos auf Euböa grünlich geäderten (marmaro cipollino), die am Kap Tänaron
in Lakonien roten (rosso antico), die von Krokeä in Lakonien und auf der Insel Tenos
grünen, weiß- oder schwarzgefleckten (verde antico) Marmor (letztere eigentlich Porphyr
bez. Serpentin) liefern. Im ganzen erreichen die Bergbauerzeugnisse einen jährlichen Wert von
5,7 Mill. M.
Das gegenwärtige Königreich G. besteht aus dem größten Teile der
oben beschriebenen griech. Halbinsel, nämlich Peloponnes, Mittelgriechenland sowie (seit 1881) den südöstl. Teilen von Epirus
und fast ganz Thessalien, den sog. Ionischen Inseln (seit 1863) und den der Ostküste näher liegenden Inseln des Ägäischen
Meers (Cykladen, Euböa und die nördl. Sporaden) und hat einen Flächeninhalt von 65119 qkm, wovon 32879 qkm auf das kontinentale
G. (davon 13370 auf die Erwerbungen von 1881 in Thessalien und Epirus), 22201 qkm auf Euböa und die Nebeninseln, 4052 qkm auf
die übrigen zu G. gehörigen Inseln des Ägäischen Meers und 2304 qkm auf die Ionischen Inseln kommen. G. grenzt im N. an die
Wilajets Jannina und Saloniki der europ. Türkei, wird im O., S. und W. vom Meere (östlich vom Ägäischen, westlich vom Ionischen
Meere) umgeben und erstreckt sich einschließlich der dazugehörigen Inseln von 35° 50’ bis 40° 32’ nördl. Br. und von 19° 15’ bis
26° 4’ östl. L. und ohne die Inseln von 36° 23’ bis 40° nördl. Br. und von 20° 43’ bis 24° 4’ M. L.
Die Bevölkerung beläuft sich (1889) einschließlich der Land- und
Seesoldaten auf 2217000 E., d. i. 34 auf 1 qkm. Die Zahl der Fremden betrug 1879 (in den alten Provinzen) 31969, davon waren
3104 Italiener, 2187 Engländer, 534 Franzosen, 314 Deutsche, 364 Österreicher, 101 Russen, 71 Serben und 23133 meist griech.
Unterthanen der Pforte. Der Konfession nach zählte man (1879 bez. 1881) Griechisch-Orthodoxe 1902386, andere Christen 14677,
Israeliten 5792, Mohammedaner 24165, andere 740. Ihrer Nationaliät (Anmerkung des Editors: Nationalität) nach sind
von den Einwohnern 200000 Albanesen (s. d., Bd. 1, S. 316a), 24165 Türken in Thessalien, die seitdem durch
Auswanderung zurückgegangen sind, einige Tausend Walachen im Pindosgebirge. Die übrigen sind neugriech. Nationalität. Dieselben
sind aber nicht rein griech. Stammes, sondern haben im Mittelalter eine starke Beimischung von Slawen und Albanesen in sich
aufgenommen. Sehr groß ist die Zahl der Griechen im Auslande. In der europ. Türkei lebten (1889) 50130, in der asiat. Türkei
43156, in Ägypten 20406, in Rumänien 10416, in Rußland 6076, insgesamt außerhalb des Königreichs 138350 griech. Unterthanen.
Die öffentliche Sicherheit und die Gesittung der Bewohner hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr ↔ gehoben;
dieselben sind intelligent, bildungsfähig, genügsam, sparsam, keusch und gastfrei; man kann ihnen jedoch andererseits
Unzuverlässigkeit, Scheu vor anstrengender Arbeit, Neuerungssucht in polit. Dingen und Hang zu Gesetzlosigkeit nicht
absprechen.
Landwirtschaft. Der Boden ist im ganzen wenig fruchtbar. Die
Gebirge sind meist ganz ohne Humus, kahl und nackt; nur in einzelnen Mulden, Thalauen und Hochebenen findet sich anbaufähiger
Boden. Auch die größern Ebenen sind vielfach versumpft, oder der Boden ist leicht und steinig. Nur engbegrenzte Flächen sind
von erstaunlicher Fruchtbarkeit, wo tiefer, humusreicher Boden und reiche Bewässerung sich paart, besonders einige Teile der
Ebenen von Thessalien, von Böotien, von Ätolien, namentlich der Küstenebenen an der Nord-, West- und Südseite des Peloponnes,
die Ebene von Argos und die Hochebene von Ostarkadien. Man rechnet nur 21 Proz. des Bodens auf angebautes Land, 8 Proz. Wiesen
und Weide, 12 Proz. auf Wald, 59 Proz. sind unproduktiver Boden, der höchstens als Schaf- und Ziegenweide verwendbar ist. Die
Wälder sind gänzlich vernachlässigt und werden fortwährend abgeholzt; sie bestehen aus Kiefern und Eichen in den niedern
Regionen, aus Tannen in den höhern Gebirgen; die bedeutendsten Waldungen finden sich noch im Pindos, in Ätolien und Akarnanien
und in Arkadien. Der Ackerbau wird nur sehr roh betrieben; die Produktion an Getreide deckt den Bedarf nicht, da außer in
Thessalien, Arkadien, Böotien und Phthiotis der fruchtbare Boden gewöhnlich zu edlerer Kultur benutzt wird, übrigens auch der
hesiodische Pflug noch nicht durch vollkommenere Werkzeuge verdrängt ist; zum Teil trägt auch der Mangel an Wasser sowie die
unbillige Besteuerungsart Schuld an der Vernachlässigung des Ackerbaues. Daher müssen jährlich für 20–50 Mill. Drachmen (1891:
33,68, 1892: 23,57 Mill.) Cerealien eingeführt werden, meist aus
Rußland.
Viel wichtiger ist der Weinbau. 1886–90 waren im Durchschnitt 125000 ha Weinberge (vornehmlich in Attika, Elis, bei Mantinea,
Korinth, auf Kephallenia, Korfu, Euböa, Paros, Naxos und Santorin) und 55000 ha Korinthenpflanzungen (in Achaia, Elis und
Messene und auf den Ionischen Inseln) bebaut. Die Produktion wird jährlich auf etwa 440 Mill. kg frische Trauben, 220 Mill. kg
Wein, 136 Mill. kg Rosinen in einem Gesamtwerte von 123 Mill. Frs. geschätzt. G. vermag daher bei großem Verbrauch im Lande
bedeutende Mengen Wein (1887–90 im Durchschnitt 17,24, 1892: 14,95
Mill. kg) auszuführen und zwar nach England, Frankreich, Nordamerika und Deutschland.
(S. Griechische Weine.) Die Korinthenkultur nimmt stetig zu: von 1884: 283 auf 1890: 316 Mill. l; die
Ausfuhr betrug (1890) 300,8 Mill. l im Werte von 48,12 Mill. Frs.
Das zweitwichtigste Bodenprodukt ist die Olive (über 5 Mill. Olivenbäume), welche im ganzen Lande gebaut wird. Der Konsum ist
sehr bedeutend, die Ausfuhr nimmt ab (1891 Oliven und Öl für 9,7, 1892 für
3,17 Mill. Drachmen). Feigen (Messenien) wurden für 1,7 und für
2,5 Mill. Frs. ausgeführt. Seit 1830 hat sich die Kultur der Olive verdreifacht, der Feige
versechsfacht, die der Rebe aber ist auf das 28fache gestiegen. Tabak (Phthiotis, Akarnanien, Argos) wird stark konsumiert und
doch für 2 Mill. Frs. ausgeführt. Die übrigen Fruchtarten dienen nur dem heimischen Bedarf, ebenso die ausgedehnte Schaf- und
Ziegenzucht. Bedeutend ist auch die Schwamm-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 317.