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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Handel
faßt, unterscheidet man a. den Warenhandel,
d. h. den H. mit beweglichen Sachgütern, der den
ältesten und noch heute wichtigsten Zweig bildet;
I). den Immobilienhandel, der als gewerbs-
mäßiges Kaufen von Grundstücken oder Häusern
zum Zwecke des Wiederverkaufs erst in neuerer
Zeit Bedeutung erlangt hat und im Rechtssinne
nicht als H. gilt; c. den Effektenhandel oderH.
mit Wertpapieren aller Art ff. Effekten), welcher
eine wesentliche Thätigkeit der Banken bildet und
mit diesen neuerdings eine ausgedehnte Entwicklung
erfahren hat; und ä. denGeldhandel,d. h.denH.
mit Edelmetallen (Barren) und Geldsorten, nament-
lich fremden (Geldwechsel). Je nach der Natur der
beweglichen Sachgüter unterscheidet man innerhalb
des Warenhandels den Kolonialwaren-, Leder-,
Buchhandel u. s. w.; der H. mit bereits gebrauchten
Sachen, wie alte Kleider, Möbel, Metallgerät u. s. w.,
heißt Trödelhandel. Man spricht von Groß-
handel ff. Nn Zrog), wenn der Kaufmann die Güter
an Wiederverkäufer, von Detailhandel (Einzel-
verkauf), wenn er sie unmittelbar an die Konsu-
menten absetzt. In letzterm Falle ist der Umfang
des Geschäftsbetriebes in der Regel ein beschränkter,
der H. ist Kleinhandel, als dessen unscheinbarste
Form der Hökerhandel auftritt, welcher gewöhn-
liche Lebensmittel in kleinsten Mengen von einem
offenen Stande aus vertreibt. Mit Rücksicht auf
den Ort, an dem sich die Handelsthätigkeit voll-
zieht, steht der seßhafte H., der von einem festen
Sitze aus betrieben wird, dem Wanderhandel
(s. d.) gegenüber, dessen niedrigste Stufe der Hau-
sierhandel ff. d.) bildet. In alter Zeit war der
Tauschhandel ff. Varatthandel) von großer Be-
deutung, ja vielfach die allein herrschende Form des
H. Mit der Entwicklung des Geldwesens ist dieselbe
gegenüber dem eigentlichen Kaufhandel völlig
zurückgetreten, fodah gegenwärtig der Tauschhandel
nur noch in unkultivierten Ländern üblich ist. Wäh-
rend sich heutzutage das Transportwesen immer
mehr als selbständigerZweig des gesamten Verkehrs-
wesens vom H. loslöst, war früher die Form des H.
vielfach in völliger Abhängigkeit von der Art der
Transportmittel, indem der Kaufmann die Beförde-
rung derWaren selbst übernehmen mußte. Zu Lande
gilt dies vomKarawanenhandelff. d.) sowie vom
Wanderhandel auch heute noch; beim Seehandel
ff. d.) ist insofern eine Wandlung in diesen Verhält-
nissen eingetreten, als gegenwärtig ein besonderes
Gewerbe, die Reederei, den Güter- (und Personen-)
Transport zur See betreibt, wohingegen der Kauf-
mann nur selten noch seine Waren auf eigenen
Schiffen verfrachtet. Den eigentlichen H., den der
Kaufmann auf eigene Rechnung und Gefahr betreibt,
nennt man auch Eigenhandel ff. d.) im Gegensatze
zu dem Kommissionshandel (s. d.), der nur für
fremde Rechnung betrieben wird, und der bloßen
Spedition, welche in der Besorgung der richtigen
Beförderung der Waren anderer besteht. Diese letz-
tern Geschäftszweige, wie auch die der Makler,
Agenten und Auktionatoren, sind nur Hilfsgewerbe
des selbständigen H. Eine weitere wichtige Unter-
scheidung ist die zwischen Binnenhandel und
auswärtigem oder Außenhandel. Durch den letz-
tern erweitert sich die nationale Arbeitsteilung zu
einer weltwirtschaftlichen und demnach bezeichnet
man die Gesamtheit des Außenhandels, d. h. des
Güteraustausches aller Länder, als Welthandel.
Aus diesem Gebiete treten die Nationen gewisser-
maßen als geschlossene Individualitäten mit beson-
dern, ost sehr widersprechenden Interessen gegen-
über, weshalb hier die Handelspolitik (s. d.) ihre
Hauptaufgabe findet. Der Außenhandel fpecialisiert
sich in Einfuhr- und Ausfuhrhandel, indem
gewisse Kaufleute sich nur mit der Einfuhr fremder
! Produkte befassen (Importeure), andere dagegen
den Absatz einheimischer Produkte im Auslande
vermitteln (Exporteure). Der Zwischen Handel ist
ebenfalls eine Erscheinung des internationalen Ver-
kehrs und besteht darin, daß von günstig gelegenen
Plätzen aus Waren, die im Ausland gekauft werden,
wieder nach auswärts verkauft werden. Es ent-
steht dadurch für die Konsumtionsländer eine sog.
indirekte Einfuhr. Übrigens bezeichnet man als
Zwischenhandel nicht selten den H. überhaupt, im
Gegensatz zu dem direkten Güterabsatz der Pro-
duzenten an die Konsumenten. Diejenigen Völker,
welche sich die ausländischen Waren von fremden
Schiffen und Kaufleuten zuführen lassen, haben
nur Passivhandel, dem der Aktivhandel
ff. d.) der höher entwickelten, mit eigenem Kapital
und eigenen Schissen am Weltverkehr teilnehmenden
Nationen gegenübersteht. In Bezug auf den Unter-
schied von Generalhandel und Specialhan-
del s. Handelsstatistik.
II. Volkswirtschaftliche Bedeutung des Handels.
DerH. hat dieAufgabe, die Güterdemjcnigen, welcher
sich derselben entledigen will, abzunehmen und sie
demjenigen zuzuführen, welcher Bedürfnis nach
ihnen empfindet. Die größere oder geringere Dring-
lichkeit des Angebots auf der einen und der Nach-
frage auf der andern Seite findet ihren Ausdruck
im Preise. Indem der H. so die örtlichen und zeit-
lichen Preisunterschiede zur Grundlage und Richt-
schnur seiner Thätigkeit macht, wirkt er auf den Aus-
gleich derselben hin und leistet damit der Volkswirt-
schaft große Dienste. Der materielle Transport
einer Ware von einem Orte, wo sie wenig Wert
hat, nach einem solchen, wo sie höher bewertet ist,
wird allgemein als eine volkswirtschaftlich nützliche
Thätigkeit anerkannt. Von dem H., der diese Orts-
veränderung auf eigene Rechnung und Gefahr ver-
anlaßt, gilt dies aber ebenso, wie etwa von der
Oberleitung einer Eisenbahn oder eines Ncederei-
gefchäfts. Auch diejenige Folge der Handelsthätig-
t'eit, welche darin besteht, daß die jeweilig gering be-
werteten Güter bis zu der Zeit aufbewahrt werden,
wo sie stärker begehrt sind und höher im Preise
stehen, ist im ganzen als vorteilhaft anzuerkennen,
denn auch hier handelt es sich regelmäßig um den
Ausgleich zwischen Güterüberfluß und -Mangel.
Vom Standpunkte einer jeden der beiden Parteien
aus, zwischen denen der H. vermitteln soll und die
man kurz als Produzenten und Konsumenten be-
! zeichnen darf, ist der H. gleichfalls von unleugbarem
Nutzen. Die crstern sind von den letztern oft durch
! große Entfernungen getrennt, und in jedem Falle
würden sie einen nicht geringen Aufwand an Mühe,
Zeit und Kosten zu machen haben, wenn sie die
' schließlichen Abnehmer ihrer Waren selbst aufsuchen
müßten. Es entspricht hier durchaus dem Princip
der Arbeitsteilung, wenn besondere mit Kapital
! und Kredit ausgestattete Vermittler eintreten, um
^ die Sorge für den weitern Absatz der Waren zu
übernehmen. Sie werden diese letztere Aufgabe im
allgemeinen besser erfüllen, als es etwa durch
Agenten und Vertreter der Produzenten geschehen
könnte, weil sie auf eigene Rechnung und unter dem