Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Harms; Harmsscher Thesenstreit; Harn

823

Harms (Theodor) - Harn

gelienpredigten" (8. Aufl., Hermannsburg 1877), "Epistelpredigten" (2. Aufl., ebd. 1875), "Geistlicher Blumenstrauß" (4. Aufl., ebd. 1887), "Brosamen aus Gottes Wort" (2 Bde., ebd. 1878-79), "Goldene Äpfel in silbernen Schalen" (11. Aufl., ebd. 1892). Seine Lebensbeschreibung (6. Aufl., ebd. 1887) schrieb sein Bruder Theodor.

Harms, Theodor, Bruder des vorigen, geb. 1819, wurde 1849 Missionsinspektor in Hermannsburg, dann vorübergehend Pastor in Müden, 1865 nach dem Tode seines Bruders Direktor der Mission in Hermannsburg; wegen seines Widerspruchs gegen die Civilehe wurde er 1877 seines Amtes entsetzt und gründete 1878 die separierte luth. Kirche Hannovers. (S. Hermannsburger Mission und Separation.) Er starb 16. Febr. 1885. Außer der Lebensbeschreibung seines Bruders sind von seinen zahlreichen Schriften zu nennen: "Die letzten Dinge" (2. Aufl., Hermannsburg 1873), "Der Heilsweg" (3. Aufl., ebd. 1877), "Die Charwoche" (2. Aufl., ebd. 1891). - Vgl. Gerhold, Die Pastoren Ludw. und Theod. H.in ihrer Stellung zu den brennenden kirchlichen Fragen der Gegenwart (Hannov. 1884).

Harmsscher Thesenstreit, s. Harms, Klaus.

Harn oder Urin (Urina, Lotium), die von den Nieren abgesonderte Flüssigkeit, durch welche die Verbrennungsprodukte der stickstoffhaltigen Nahrungs- und Gewebsbestandteile aus dem Körper entfernt werden. Die während des Stoffwechsels gebildeten Zersetzungsprodukte der Nahrung und der Körpersubstanz verlassen den Tierkörper größtenteils durch den H. vermittelst der Nieren. Der H. enthält fast alle stickstoffhaltigen Zersetzungsprodukte, insbesondere den Harnstoff. Da der H. ein Produkt des Stoffwechsels und der Nahrung ist, so wird seine Beschaffenheit je nach der Art des Tiers und der Nahrung verschieden sein. Der H. des gesunden Menschen ist eine klare, gelbe bis gelbrote, in frischem Zustande nicht unangenehm riechende, salzig und bitter schmeckende Flüssigkeit von schwach saurer Reaktion und wechselndem (zwischen 1,005 und 1,030 schwankendem) spec. Gewicht. Der Geruch desselben wechselt mit der Nahrung; nur fauler H. stinkt. Die Farbe des H. ist verschieden je nach seinem Wassergehalt; sie ist am hellsten nach reichlichem Genuß von Getränken, am dunkelsten im konzentrierten Morgenharn. Durch den Genuß gewisser Substanzen wird auch die Farbe des Urins verändert; so erscheint der letztere nach dem Gebrauch von Rhabarber, Santonin und Sennesblättern blutrot gefärbt. Bei der Gelbsucht nimmt der H., infolge der Beimischung von Gallenfarbstoffen, eine intensiv bräunliche, selbst schwarzbraune oder schwarzgrüne, bei Vergiftung mit Carbolsäure eine olivengrüne bis tiefschwarze Färbung an. Ein erwachsener, gutgenährter, nicht mehr als nötig trinkender Mann entleert täglich 1000-1500 ccm Urin; mit dem Genuß von Flüssigkeit sowie mit der Abgabe von Wasser auf anderm Wege als durch die Nieren (Schweiß u. s. w.) wechselt die Harnmenge. Die Hauptmasse des H. macht das Wasser aus. Unter den festen Bestandteilen (50 g in einem Tage) macht der Harnstoff (s. d.) die größere Menge aus (durchschnittlich 35 g in 24 Stunden) und ist zugleich der stickstoffreichste Körper im H. und das Hauptzersetzungsprodukt der Eiweißkörper im Organismus, dessen Zurückhaltung und Anhäufung im Blute bei gewissen Nierenerkrankungen die sog. Harnvergiftung des Blutes oder Urämie mit ihren schweren Folgezuständen erzeugt. (S. Harnvergiftung.) Die Menge des ausgeschiedenen Harnstoffs steigt mit der Menge der in der Nahrung zugeführten Eiweißstoffe (bis auf 80 g und darüber), während sie beim Hungern auf ein Minimum (bis auf 6 g) herabsinkt. Andere stickstoffhaltige Substanzen, die zu etwa 0,5 g täglich entleert werden, sind die Harnsäure (s. d.), eine niedrigere Oxydationsstufe als der Harnstoff, ferner das Kreatin und Kreatinin, das Xanthin, die Hippursäure (s. d.) und andere noch niedriger oxydierte Zersetzungsprodukte. An Salzen enthält der H. die aus der Nahrung herrührenden, wie Kochsalz, kohlensaure, schwefelsaure, phosphorsaure Salze, die Alkalien und alkalischen Erden. Die Phosphate stammen nur von den genossenen Eiweißkörpern, die schwefelsauren Salze zum Teil daher. Auch ist der H. reich an gelöster Kohlensäure, an Stickstoff und Sauerstoff. Die Farbstoffe des H. sind fast ganz unbekannt, doch enthält er einen Körper, der in der Indigopflanze enthalten ist und bei der Zersetzung Indigo liefert (Indican), sowie mehrere specifische Farbstoffe, Urobilin, Urochrom und Uroerythrin, deren Zusammensetzung noch nicht genauer erforscht ist. Bald nach der Entleerung setzt sich im H. ein Schleimwölkchen ab, welches hauptsächlich aus Blasenepithelien und Schleimkörperchen aus den Schleimdrüsen der Harnwege besteht. Die Zersetzung des H. an der Luft bei längerm Stehen wird durch eine Bakterienform, Micrococcus ureae Pasteur, veranlaßt, welche den Harnstoff in kohlensaures Ammoniak und Wasser umsetzt; durch die Verdunstung des Ammoniaks entsteht der stechende Geruch, durch die Vermehrung der Bakterien die Trübung des zersetzten H. Ammoniak enthält der normale frisch gelassene H., wie der ganze Organismus, nur in Spuren.

Unter krankhaften Verhältnissen treten im H. noch andere Bestandteile auf, so Eiweiß (zum Teil in fester Form als Abguß der Harnkanälchen der Nieren, als sog. Harncylinder) bei Nierenleiden, insbesondere der Brightschen Krankheit (s. d.), Traubenzucker (Harnzucker) in der Zuckerharnruhr (s. Diabetes), Gallenbestandteile bei der Gelbsucht, Blutkörperchen beim Blutharnen (s. d.), Eiter u. dgl. Die Untersuchung derartiger krankhafter Harnbestandteile ist die Aufgabe der Uroskopie, der wissenschaftlichen Harnuntersuchung, welche sich chem., Physik, und mikroskopischer Hilfsmittel bedient und für die Erkennung vieler Krankheiten von der größten Bedeutung ist. Auch gehen in den H. viele zufällig in den Körper gelangte Substanzen über, sofern diese nicht im Organismus zersetzt werden oder andere Verbindungen eingehen. Bei fieberhaften Krankheiten ist der H. konzentrierter (wegen des Schwitzens) und dunkler und enthält mehr stickstoffhaltige Substanz, überhaupt mehr Stoffwechselprodukte als der H. eines Gesunden unter den gleichen Ernährungsverhältnissen. Sehr viel H. entleeren die an Polyurie sowie an Zuckerharnruhr Leidenden (s. Diabetes). Die Polyurie kommt vor bei Blutarmen, Nierenkranken, bei Hysterischen, bei solchen, die viel trinken. Sehr wenig H. wird bei manchen, insbesondere entzündlichen Nierenkrankheiten ausgeschieden.

Der H. der Säugetiere ist im ganzen so beschaffen wie der des Menschen, doch zeigt er einige von der Nahrung sowie von der Körperbeschaffenheit abhängige Verschiedenheiten. So enthält der H. der Hunde statt der Harnsäure und der Hippursäure