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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Harnack; Harnapparat; Harnauspresser; Harnbenzoesäure; Harnblase

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Harnack (Karl Gustav Axel) - Harnblase

"Das apostolische Glaubensbekenntnis. Ein geschichtlicher Bericht nebst einem Nachworte" (Antwort auf die von orthodoxer Seite gegen ihn gerichteten Angriffe, Berl. 1892; 24. Aufl. 1893), "Die Bruchstücke des Evangeliums und der Apokalypse des Petrus" (Lpz. 1893), "Geschichte der altchristl. Litteratur bis Eusebius", Bd. 1 (ebd. 1893); ferner übersetzte H. die Werke von Hatch, "Die Gesellschaftsverfassung der christl. Kirchen im Altertum" (Gießen 1883) und "Die Grundlegung der Kirchenverfassung Westeuropas im frühen Mittelalter" (ebd. 1888) und besorgte eine deutsche Ausgabe von Robertsons "Religiösen Reden" (Lpz. 1890). Seit 1881 ist er Mitherausgeber der 1876 von Schürer begründeten "Theol. Litteraturzeitung".

Harnack, Karl Gustav Axel, Bruder des vorigen, Mathematiker, geb. 7. Mai 1851 zu Dorpat, studierte daselbst unter A. von Öttingen und F. Minding Mathematik und habilitierte sich 1875 in Leipzig als Docent für Mathematik. 1876 folgte er einem Rufe als Professor an die Technische Hochschule zu Darmstadt. Doch schon ein Jahr später siedelte er nach Dresden über, um am dortigen Polytechnikum an die Stelle Königsbergers zu treten. Hier starb er 3. April 1888. H. gab heraus: "Elemente der Differential- und Integralrechnung" (Lpz. 1881), "Die Grundlagen der Theorie des logarithmischen Potentials und der Potentialfunktionen in der Ebene" (ebd. 1887); ferner eine treffliche Übersetzung des Serretschen Werkes über Differential- und Integralrechnung (2 Bde., ebd. 1884-85). Zahlreiche Arbeiten von ihm sind außerdem in den "Mathem. Annalen" und in andern Zeitschriften enthalten.

Harnack, Theodosius, luth. Theolog, Vater der beiden vorigen, geb. 3. Jan. 1817 zu Petersburg, studierte in Dorpat, dann auch im Ausland, besonders in Berlin und Bonn, habilitierte sich 1843 in Dorpat als Privatdocent für praktische Theologie und wurde 1845 außerord. Professor, 1847 zugleich Universitätsprediger, 1848 ord. Professor. Er folgte 1853 einem Rufe nach Erlangen, kehrte aber 1866 nach Dorpat zurück, wo er 1875 in den Ruhestand trat und 23. Sept. 1889 starb. H. war ein Vertreter der konfessionellen Richtung. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: "Die Idee der Predigt, entwickelt aus dem Wesen des prot. Kultus" (Elberf. 1844), "Die Grundbekenntnisse der evang.-luth. Kirche" (Dorpat 1845), "Der christl. Gemeindegottesdienst im apostolischen und altkath. Zeitalter" (Erlangen 1854), "Die luth. Kirche Livlands und die herrnhutische Brüdergemeine" (ebd. 1860), "Die Kirche, ihr Amt, ihr Regiment" (Nürnb. 1862), "Luthers Theologie mit besonderer Beziehung auf seine Versöhnungs- und Erlösungslehre" (1. Abteil., ebd. 1862; 2. Abteil. 1886), "Die freie luth. Volkskirche" (ebd. 1870), "Liturgische Formulare zur Vervollständigung und Revision der Agende für die evang. Kirche im Russischen Reiche" (Dorpat 1872-74), "Praktische Theologie" (2 Bde., Erlangen 1877-78), "Katechetik und Erklärung des kleinen Katechismus Luthers" (2 Bde., ebd. 1882), "über den Kanon und die Inspiration der Heiligen Schrift" (Dorpat 1885); auch hat er in Zöcklers "Handbuch der theol. Wissenschaften" (3 Bde., Nördl. 1883-84; 3. Aufl., 4 Bde., Münch. 1889) die Liturgik und Pastoraltheologie behandelt.

Harnapparat, der zu Absonderung und Entleerung des Harns (s. d.) dienende Apparat des tierischen Körpers, besteht aus den beiden Nieren (s. d.) mit den Harnleitern, der Harnblase (s. d.) und der Harnröhre. (S. Geschlechtsorgane, Bd. 7, S. 897 b.)

Harnauspresser, s. Harnblase.

Harnbenzoesäure, aus Hippursäure dargestellte Benzoesäure (s. d.).

Harnblase (Vesica urinaria), das zur Ansammlung und zeitweisen Entleerung des Harns dienende Organ des Körpers des Menschen und der meisten Wirbeltiere, stellt einen ovalen häutig-muskulösen Sack dar, welcher, im leeren Zustand gefaltet, in der Höhle des kleinen Beckens dicht hinter der Schambeinfuge gelegen ist, nach hinten beim Manne an den Mastdarm, beim Weibe an die Gebärmutter grenzt und sich nach vorn und unten zum Blasenhals verengert, um in die Harnröhre überzugehen. Der oberste Teil der H. wird als Scheitel, der unterste und zugleich weiteste Teil als Grund der H. bezeichnet. Die Harnleiter münden am hintern Teile des Blasengrundes in die H.und durchbohren die Blasenwand schief, sodaß der Harn aus der Blase nicht in die Harnleiter zurückfließen kann. Die H. ist von einer gefäßreichen, an ihrer freien Fläche mit einer mehrfachen Lage von Epithelzellen bedeckten Schleimhaut ausgekleidet, mit einer serösen Haut überzogen und besitzt zwischen diesen beiden Häuten eine starke Muskelhaut, die sich unter dem Einfluß des Willens zusammenzieht, wenn der Harn entleert werden soll. Die Muskelfasern der Blase sind dergestalt angeordnet, daß sie am Blasenhals einen ringförmigen Schließmuskel, den Blasenschließer (sphincter vesicae) bilden, durch dessen Thätigkeit der Harn in der Blase willkürlich zurückgehalten wird, wogegen beim Nachlassen desselben der Harn von selbst abfließt; die übrigen Muskelbündel der H. verlaufen der Länge nach von oben nach unten und bilden auf diese Weise den sog. Harnauspresser (musculus detrusor urinae), durch dessen kräftige Zusammenziehung die H. verkleinert und entleert wird.

Die Krankheiten der H. sind zahlreich und befallen mit großer Vorliebe das männliche Geschlecht, insbesondere das spätere Mannes- und Greisenalter, weil die männliche Harnröhre weit länger und enger als die weibliche ist und überdies an ihrem Anfangsteil von der Vorsteherdrüse umschlossen wird, welche im Alter häufig erkrankt und dann regelmäßig auch die benachbarten Organe, insbesondere die H., in Mitleidenschaft zieht. Die wichtigsten Blasenleiden sind:

1) Der Blasenkatarrh, die katarrhalische Entzündung der Harnblasenschleimhaut (Cystitis catarrhalis), welche eine übermäßige Schleimabsonderung auf die Oberfläche der Blase veranlaßt und durch die verschiedenartigsten Schädlichkeiten entstehen kann. Am häufigsten wird der Blasenkatarrh durch die Beimischung scharfer und reizender Substanzen zum Harn, wie nach dem Getränk von Most, jungem Wein, unvergorenem Bier, nach dem Mißbrauch gewisser Medikamente (insbesondere der Kanthariden, des Peru-und Kopaivabalsams, des Terpentinöls u. a.), ferner durch die Fortpflanzung eines Harnröhrenkatarrhs (Trippers) auf die Blasenschleimhaut, sowie durch Erkältung, insbesondere der Füße und Unterbauchgegend, hervorgerufen; mitunter giebt auch die Anwesenheit von Harnsteinen (s. d.) oder andern fremden Körpern in der H. oder die Benutzung von unsaubern und nicht gehörig desinfizierten Kathetern Anlaß zu schmerzhaftem und hartnäckigem Blasenkatarrh. Nicht selten steigert sich