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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Harzburg (Hofgestüt) - Harzgänge
vom Bahnhof liegt der Burgberg (463 m) mit den
Resten der altberühmten H. und dem Vismarck-
Steine, der sog. Canossasäule, einer 26. Aug.
1877 von Privatleuten errichteten Granitsäule (20 m)
mit dem Medaillonporträt Vismarcks von Engel-
hard und der Inschrift: "Nach Canossa gehen wir
nicht" (Allsspruch des Reichskanzlers in der Rede
vom 14. Mai 1872). Die Burg wurde von Kaiser
Heinrich IV. zwischen 1065 und 1069 erbaut, 1074
von den empörten Sachsen, die sie als Zwingburg
ansahen, nebst der Kirche zerstört, zwar 1076 vom
Kaiser wiederhergestellt, aber nicht vollendet, und von
den Sachsen abermals zerstört. Von hier aus trat
auch Heinrich IV. im Winter 1076/77 die Reise nach
Canossa an. Kaiser Friedrich I. baute die Burg als
Rcichsfeste und Kaiserschloß wieder auf, und be-
reits seit 1187 werden Grafen von H. als Reichs-
dienstmannen genannt. Kaiser Otto IV., der hier
19. Mai 1218 starb, stellte sie dem Reich wieder zu,
überließ aber einzelne Teile derselben nebst den
zugehörigen Einkünften an einzelne adlige Ge-
schlechter, namentlich die Grafen von Woldenberg,
welche dann die meisten Anteile vereinigten und
die vornehmsten erblichen Besitzer waren. Die Burg
wurde seitdem wiederholt belagert, erobert und ver-
pfändet, wechselte ihre Besitzer und gelangte end-
lich nach der Schlacht bei Mühlberg (1547) an
Braunschweig. Der Dreißigjährige Krieg enthüllte
die Unbrauchbarkeit derselben, und es begann be-
reits 1650 deren Niederreißung, die 1654 mit der
Burgkapelle endete. An der Stelle der Burg soll in
der german. Vorzeit der Altar des Götzen Krodo ge-
standen haben. - Vgl. Delius, Untersuchungen
über die Geschichte der H. (Kalberst. 1826); Dom-
mes, H.und seine Umgebung (Goslar 1862); Stolls
Führer von H. und Umgebung (Harzb. 1885); Ja-
cobs, Die H. und ihre Geschichte (ebd. 1885).
Harzburg, ein nach der gleichnamigen Ortschaft
am Nordrande des Harzgebirges benanntes, der
Krone von Vraunfchweig gehöriges Hofgestüt, eines
der bedeutendsten Vollblutgestüte Deutschlands.
Harzdistrikt, s. Harz (S. 851 a).
Harze, sehr verbreitete, in den Harzgängen
(s. d.) mancher Pflanzen vorkommende Produkte,
die in rohem Zustande stets amorph, von glasig-
muscheligem Bruche, in Wasser unlöslich, in ver-
schiedenem Grade in Weingeist, Mher, Chloroform
und flüssigen Kohlenwasserstoffen löslich sind. Sie
schmelzen beim Erwärmen, zersetzen sich bei höherer
Temperatur und brennen mit stark leuchtender
Flamme. Das wichtigste Harz ist das Fichtenharz
(s. d.). Sie finden sich in den Pflanzen häufig in
ätherischen Ölen, aus denen sie teilweise durch Oxy-
dation entstehen, gelöst. Diese Gemcngewerden Bal-
same (s. d.) genannt. Andere H. sind in pflanzlichen
Milchsäften emulsionsartig suspendiert. Beim Ein-
trocknen der letztern bleiben sie mit Gummi, Pstan-
zenMeim, Zucker und andern gelöst gewesenen
Stoffen gemifcht zurück und bilden so die sog.
Gummiharze (s. d.) oder Halbharze. Die
meisten H. haben Säurecharakter (s. Harzsäuren),
lösen sich in wässerigen Alkalilaugen auf und geben
dabei seifenartige Salze, die Harzfeifen (s. d.).
Beim Schmelzen mit Utzkali geben sie neben Fett-
säuren noch Neforcin sz. V. Galbanum und ^"a
koetiäa), Phloroglucin (Drachenblut), Paraoxy-
denzoefäure und Protokatechufäure. Manche H. fin-
den als Heilmittel Verwendung; in Terpentinöl,
Weingeist, Aceton, Petrolbenzin u. s. w. gelöst, bil-
den sie die sog. Lacke und Firnisse (s. Firnis). -
über die Gewinnung der H. s. Harznutzung.
Harzelektricität, s. Elektricität (Bd.5, S. 984 d).
Harzer Hohlroller, s. Cananenvogel.
Harzer Sauerbrunnen, s. Grauhof.
HarMenz, Harzfpiritus, Harzgeist,
Pinolrn, der flüchtigste Anteil des Harzöls (s. d.),
der bei der trocknen Destillation des Fichtenharzes
zuerst übergeht. Es bildet eine hellgelbe, stark
riechende Flüssigkeit, die in besonders eingerichteten
Lampen gebrannt oder zur Anfertigung von Fir-
nissen verwendet wird.
Harzflutz MsäWoLiä), bei den Nadelhölzern eine
krankhafte Ausfcheidung von Harz im Holz und in
der Rinde, infolge deren das Holz zuerst kienig,
d. h. von Harz durchtränkt wird, später aber in
Hohlräumen gleichmäßige Harzmassen, sog. Harz-
deulen oder Harzg allen, in großer Menge ge-
bildet werden. Bei kienigcm Holze finden sich die
Wände der meisten Zellen von Harz überkleidet
oder mit Harztropfen befetzt, andere Zellen schon
von Harz erfüllt, bis endlich die Zellenwandung
allmählich dünner wird und sich schließlich in Harz-
masse verliert. Als Ursache dieser krankhaften Harz-
stauung nimmt man sehr sonnige Standorte, un-
geeigneten Untergrund, Verletzungen der Rinde
durch Wild, Raupen, Stürme u. s. w. an. Jedoch
auch manche durch Pilze hervorgerufene Krankhei-
ten kennzeichnen sich durch H., z. V. Kienkrankheit
(s. d.) und der Erdkrebs (s. d.).
Harzgallen, s. Harzfluß.
Harzgallenwickler, s. Nadelholzwicklcr.
Harzgänge, die harzführenden Gänge, welche
auf längere oder kürzere Strecken die Organe man-
cher Pflanzen durchsetzen. Am häufigsten finden sich
die H. bei den Nadelhölzern, fowohl in den Wur-
zeln wie in den oberirdischen Teilen. In den Blät-
tern sind sie fast stets vorhanden, ebenso in der
Rinde des Stammes, im Holzkörper fehlen sie bei
einigen Arten. Sie sind immer von einem Kranze
parenchymatischer Zellen umgeben, in denen jeden-
falls das Harz gebildet wird. Diefe Zellen entstehen
aus einer einzigen Zellreihe, indem jede Zelle sich
zunächst durch zwei kreuzweise gestellte Wände in
vier Tochterzellen teilt; durch Auseinanderweichen
der vier Zellen entsteht sodann der Harzgang; der-
selbe nimmt an Unlfang allmählich zu, da sich die
umgebenden Zellen noch mehrmals teilen. In ältern
Stadien sind die Gänge gewöhnlich von 6 bis 12
oder noch mehr Zellen umgeben. In den Blättern
mancher Koniferen wie der Cupressineen sind die H.
verhältnismäßig kurz, eigentlich mehr als Harz-
lücken zu betrachten, d. h. als sackartige Erweite-
rungen, die mit Harz erfüllt sind. Dasselbe gilt von
den Harzlücken in der Rinde der Tannen, die oft
bedeutende Größe erlangen. Im Holzkörper der
Wurzeln und der Stämme bilden die H. lange Röh-
ren, die häufig miteinander durch quergestellte Gänge
anastomosieren. Die im Phloemkörper befindlichen
H. sind ebenfalls lange Gänge, die wohl auch zum
Teil untereinander in Verbindung stehen. Harz-
führende Gänge finden sich auch bei andern Pflan-
zen, fo bei manchen Leguminoscn, welche Kopal-
harze liefern, z. B. II^in6QH0H (s. d.). In vielen
Pflanzen mit Milchröhren (s. d.) werden ebenfalls
harzähnliche Stoffe gebildet, z. B. bci manchen
Euphorbiaceen. Die Koniferenharze sind jedenfalls
den Terpenen nahestehende Körper; sie oxydieren
sich an der Luft und bilden feste Massen.