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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Hebräerevangelium; Hebräische Litteratur

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Hebräerevangelium - Hebräische Litteratur

keiten des Briefs erklären sich sämtlich aus dem Gedankenkreise der alexandrinischen Religionsphilosophie, den der Verfasser mit Anschauungen des Urchristentums vereinigt hat. Die eingehendste Darstellung des Lehrbegriffs des H. ist von Riehm (Ludwigsb. 1858; 2. Aufl., Bas. 1867); Kommentare lieferten Bleek (der größere, 2 Abteil., Berl. 1828-40; der kleinere, Elberf. 1868), Tholuck (3. Aufl., Hamb. 1850), Lünemann (4. Aufl., Gött. 1878), De Wette (3. Aufl., bearbeitet von Möller, Lpz. 1867), Delitzsch (ebd. 1857), Kurtz (Mitau 1869), J. C. K.^[Johann Christian Konrad] von Hofmann (Nördl. 1873), Keil (Lpz. 1885), Weiß (Gött. 1888), von Soden (2. Aufl., Freib. i. Br. 1892).

Hebräerevangelium, ein aramäisch geschriebenes Evangelium, das bei den syr. Judenchristen im Gebrauch war und von dem sich Fragmente bei Origenes, Hieronymus u. a. vorfinden. (S. auch Evangelien und Evangelienkritik, Bd. 6, S. 443 a.)

Hebräische Litteratur, die Nationallitteratur der alten Hebräer oder Israeliten. Das von dieser Erhaltene findet sich im Alten Testament (s. Bibel), d. h. man hat nur eine sehr einseitige Auswahl aus der ehemaligen Litteratur und kann von Inhalt und Umfang dieser nur durch Rückschlüsse eine Vorstellung gewinnen. Dabei ist aber weiter zu beachten, daß dieselben geistigen Bewegungen, durch die aus dem Volke Israel die jüd. Gemeinde, aus der israel. Religion die jüdische entstanden ist und deren Erzeugnis auch der alttestamentliche Kanon ist, die Entwicklung der H. L. in bestimmte Bahnen geleitet haben. Wie bei allen Völkern, so sind auch bei den Israeliten Gedichte die ältesten Litteraturdenkmäler und diese sind zunächst nur mündlich überliefert worden. Das alte Israel kennt, soweit man weiß, nur Lyrik, das Epos fehlt völlig. Daß dieses fehlt, ist die Folge der religiösen Entwicklung Israels: es ist bei diesem zu einem Polytheismus und damit zur Bildung einer Mythologie nicht gekommen, Statt der Epen findet man lyrische Lieder über die Thaten der Helden. Jedoch ist davon im Kanon nur wenig erhalten, z. B. das sog. Brunnenlied und das Lied von der Eroberung Hesbons (4 Mos. 21, 18 u. 27 fg.). Das älteste und wertvollste der erhaltenen Lieder ist das Deboralied (Richter 5). Doch ist die altisrael. Lyrik sehr mannigfaltig gewesen, da Freude wie Trauer in Liedern ausklangen (vgl. 1 Mos. 31, 27; 1 Sam. 18, 6 fg.; 2 Sam. 3, 33 fg.). Bezeugt sind Lieder der Zecher (Jes. 5, 11, 12), die man sich wahrscheinlich zugleich als kultische Lieder vorzustellen hat (vgl. Amos 5, 23; 8, 3, 10), Hirtenlieder (Richter 5, 11), Rätseldichtung (Richter 14). Sehr entwickelt scheint die Parabeldichtung gewesen zu sein, von der Produkte von hohem dichterischem Werte überliefert sind (Richter 9; 2 Sam. 12; Jes. 5). Eine sehr genaue Vorstellung kann man sich vom Totenklagelied (Kinâ) machen, da in seinem Rhythmus (nach 586 v. Chr.) das Schicksal Judas und Jerusalems besungen worden ist (s. Jeremias, Prophet) und die Propheten es vielfach anwenden. Die Dichtung erotischer Lieder wird zu allen Zeiten geblüht haben (vgl. Jes. 23, 16). Für die Epithalamien wird dies für die nachexilische Zeit durch das Hohelied und Psalm 45 belegt. Reichliche und umfangreiche Reste alter vorexilischer Dichtkunst sind in den prophetischen Büchern erhalten: der feierliche Gottesspruch kleidet sich naturgemäß in poet. Gewand. In nachexilischer Zeit bildet sich im Anschluß an den Tempelkult die religiöse Lyrik zu einer Höhe aus, die von der Lyrik keines andern Volks erreicht oder gar übertroffen worden ist (Psalmen). Noch im 1. Jahrh. v. Chr. blühte diese religiöse Lyrik (Psalter Salomos). Als Ausdruck einer das menschliche Leben in Gottesfurcht regelnden Weisheit entwickelt sich in nachexilischer Zeit die didaktische Poesie (Sprüche und Prediger Salomos). Dieser Zeit gehört auch das Gedicht von Hiob (s. d.) an. Eigentümlich ist für die hebr. Dichtkunst das Fehlen des Reims und der sog. Parallelismus der Glieder. Der hebr. Vers enthält je einen Gedanken und zerfällt in zwei Versglieder, die einander in Form und Inhalt so entsprechen, daß der zweite den Inhalt des ersten in synonymem oder antithetischem Ausdruck wiederholt (z. B. "Vom Fresser ging aus Speise - vom Grimmigen ging aus Süßes", Richter 14, 14, oder: "Sie sanken in die Kniee und fielen - wir standen und hielten uns aufrecht", Psalm 20, 9). Diese Glieder sind gleich lang (gleichschwebender Rhythmus). Eine Ausnahme macht das Totenklagelied, in dem auf ein längeres Versglied regelmäßig als eine Art Nachhall ein kürzeres folgt (z. B. "Hingefallen ist, nicht steht wieder auf - die Jungfrau Israel - hingestreckt ist sie auf ihrem Land - keiner hebt sie auf", Amos 5, 2). In neuerer Zeit hat man sich vielfach bemüht, Metra oder ein bestimmtes Gesetz in der Zahl der Hebungen nachzuweisen, ohne daß ein Einverständnis erzielt worden wäre. Auch über die strophische Gliederung der Gedichte ist man nicht einig. - Die prosaische Litteratur knüpft in den Stücken, welche die älteste Zeit behandeln, an die an den Heiligtümern erfolgte Überlieferung der alten Sagen an. Die Geschichtsüberlieferung erfolgte wie überall zunächst mündlich in der Form der Sage. Erst später schrieb man das früher mündlich Überlieferte nieder. Den Anstoß zur Geschichtschreibung im strengern Sinne gaben die Thaten der Königszeit. Jedoch haben wir von den vor 621 entstandenen Werken nur noch Trümmer. Sie sind erhalten soweit sie in die jüngern histor. Werke als Quellenbelege aufgenommen und zur Komposition neuer Bücher verwandt worden sind. Das ist allerdings in ziemlichem Umfange und wörtlich geschehen. Dreimal ist seit 621 im Zusammenhang mit der religiösen Entwicklung Israels die alte Überlieferung umgearbeitet worden. Zum erstenmal durch die sog. deuteronomistischen Schriftsteller, von denen Richter, Samuelis, Könige in ihrer jetzigen Gestalt herrühren (s. Bibel). Diese haben das Alte herübergenommen und es den fortgeschrittenern religiösen Anschauungen angepaßt, indem sie es durch Zusätze einem theol. Pragmatismus unterzuordnen versuchten. Der Priestercodex (s. Pentateuch) bildet die Sagen über die Zeit von der Schöpfung der Welt bis zur Eroberung Palästinas durch Israel im Sinne exilischer Frömmigkeit um (etwa 500 v. Chr.). Die Chronik aber (zu der auch Esra und Nehemia ursprünglich gehören) beschreibt die Geschichte von Erschaffung der Welt bis zur Stiftung der Gemeinde im Sinne der nachexilischen Frömmigkeit (etwa 300 v. Chr.). In seine Darstellung nimmt der Verfasser ältere Quellen und so namentlich viele Abschnitte aus Samuelis und Könige auf (s. Chronik [Bücher der]). Hier dient die Geschichtschreibung überall religiösen, erbaulichen Zwecken. Geschichte im strengern Sinne zu schreiben, liegt gar nicht in der Absicht der Verfasser. Den wichtigsten Teil des alttestamentlichen Kanons bildet das Gesetz (s. Pentateuch) und die Sammlung der prophetischen Werke. Diese ist erst in nachexilischer