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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hemerodromen - Hemiedrie

Hemerodromen (grch., "Tagläufer"), bei den alten Griechen Schnellläufer, die als Eilboten dienten.

Hemerologium (grch.), Tagezeiger, Kalender.

Hemessen, Jan van, eigentlich Jan Sanders, niederländ. Maler, der um 1550 nach Haarlem zog und hier vor 1566 starb. Er steht unter dem Einflusse der Kunst des Quentin Massys und hat mit Vorliebe die volkstümlichen Typen desselben in etwas trockner Weise weiter ausgebildet. Neuerdings schreibt man ihm auch jene Darstellungen von ausgelassenen Wirtshausscenen zu, deren Meister man als den "Braunschweiger Monogrammisten" (nach einem Hauptbilde in Braunschweig) zu bezeichnen pflegt. Es sind geistreich behandelte und witzige Genrebilder. Hauptwerke sind: Berufung des Matthäus zum Apostelamt (Wien, Hofmuseum), Heilung des Tobias (Paris, Louvre), Der Dorfchirurg, Maria mit dem Kind (beide im Pradomuseum zu Madrid).

Hemi... (grch., entsprechend dem lat. semi), halb, häufig in Zusammensetzungen vorkommend.

Hemialbumose (grch.) oder Propepton, ein Eiweißstoff, welcher bei der Magenverdauung von Eiweiß als ein Zwischenprodukt zwischen Eiweiß und Pepton entsteht und bei weiterer Einwirkung des Magensaftes in leicht lösliches Pepton übergeht. Die H. ist löslich in Wasser, leicht löslich in Säuren, Salzen und Alkalien; diese Lösungen werden nicht durch Kochen gefällt, wohl aber durch Zusatz von Essigsäure und Ferrocyankalium oder von Essigsäure und konzentrierter Kochsalzlösung. Außer im Mageninhalt während der Eiweißverdauung findet sich die H. auch im Blut und Knochenmark, ferner pathologisch im Eiter sowie in den drüsigen Organen bei Phosphorvergiftung und Leukämie; sie ist ein Hauptbestandteil der künstlichen Peptonpräparate. Hemialbumosŭrie, Ausscheidung von H. durch den Harn.

Hemianästhesie (grch.), Anästhesie (s. d.) einer Körperhälfte.

Hemianopie (grch.) oder Hemianopsie (weniger passend Hemiopie), Halbsehen, eine Störung des Sehvermögens, bei der auf beiden Augen innerhalb einer Hälfte des Gesichtsfeldes nicht gesehen wird, weil die der Lage nach korrespondierenden Netzhauthälften gelähmt sind. Sie ist begründet in der eigentümlichen Verteilung der Nervenfasern in den Netzhäuten. Bei allen Wirbeltieren nämlich vereinigen sich in jeder Gehirnhälfte die für die Netzhäute bestimmten Nervenfasern an der Schädelbasis zu einem Sehstrange (tractus opticus) und treten die beiden Traktus, nach vorn hin konvergierend, zu einer Kreuzung (chisma nervorum opticorum) zusammen, aus deren vorderm Teile die beiden Sehnerven entspringen. Diese Kreuzung ist jedoch nicht bei allen Wirbeltieren eine vollständige, sondern beim Menschen und denjenigen Tieren, die für beide Augen ein gemeinschaftliches Sehfeld besitzen, eine partielle oder Halbkreuzung (semidecussatio), indem sich innerhalb der Kreuzungsstelle jeder Traktus in ein gekreuztes und ein ungekreuztes Bündel spaltet. Das ungekreuzte Bündel des linken Sehstrangs geht an der Außenseite des linken Sehnerven zur linken Hälfte der linken Netzhaut, während sein gekreuztes Bündel an der Innenseite des rechten Sehnerven zur linken Hälfte der rechten Netzhaut verläuft, und in gleicher Weise versorgt das ungekreuzte Bündel des rechten Traktus die rechte Hälfte der rechten, und sein gekreuztes Bündel die rechte Hälfte der linken Netzhaut. (S.Tafel: Das Auge des Menschen, Fig. 4 u. 6, Bd. 2, S. 104.) Trifft nun z. B. eine Störung (Bluterguß, Geschwulstbildung u. s. w.) den linken Sehstrang oder die centralen Hirnteile, von denen er seine Fasern bezieht, so erlischt auf beiden Augen die Thätigkeit der linken Netzhauthälfte, d. h. das Sehvermögen der rechten Gesichtsfeldhälfte, sodaß bei geradeaus gerichtetem Blicke alle rechts vom Fixierpunkte gelegenen Objekte nicht gesehen werden (rechtsseitige homonyme oder gleichnamige H.), während bei Funktionsstörung des rechten Traktus infolge der Lähmung beider rechten Netzhauthälften beide linken Gesichtsfeldhälften erblinden (linksseitige homonyme H.). Liegt dagegen das Leitungshindernis hinter dem Chiasma, in dem Winkel zwischen beiden Sehsträngen, oder vor dem Chiasma, zwischen den beiden Sehnerven, so trifft die Lähmung zunächst die beiden gekreuzten, d. h. die innern Netzhauthälften beider Augen versorgenden Bündel, und dem entsprechend erblinden die schläfenwärts gelegenen Hälften beider Gesichtsfelder (temporale H.). In seltenen Fällen und bei komplizierten Prozessen in den betreffenden Hirn- oder Nervenpartien kommt es vor, daß die nasenwärts gelegenen oder obern oder untern Hälften beider Gesichtsfelder fehlen. Ein nur vorübergehendes, d. h. einige Minuten bis eine halbe Stunde anhaltendes Halbsehen, aus einem oder beiden Augen, jedoch mehr in unregelmäßiger und wechselnder Gestalt, zeigt sich bei temporären Anomalien der Blutcirkulation in der Netzhaut und den centralen Teilen des Gesichtssinnes, also namentlich bei hysterischen Zuständen, besonders aber bei einer die Migräneanfälle häufig einleitenden oder begleitenden Sehstörung, die man wegen der dabei oft vorhandenen subjektiven Lichterscheinungen Flimmerskotom nennt.

Hemianthrop (grch.), Halbmensch, ein Mensch in halbtierischem Zustande.

Hemiatrophia facialis progressiva, s. Halbseitige fortschreitende Gesichtsatrophie.

Hemicephalus (grch.), auch als Halbkopf, Katzen- oder Krötenkopf, Akranie oder Anencephalie bezeichnet, angeborene, nicht lebensfähige Mißbildung des menschlichen und tierischen Körpers, bei welcher Schädelkapsel und Gehirn fehlen und der ganze Kopf nur aus dem Gesichtsteil besteht, kommt während der Fötalzeit durch chronische Entzündung des Medullarrohrs (der embryonalen Hirnanlage) zu stande und ist mit Spaltung der Wirbelsäule und Mangel des Rückenmarks verbunden.

Hemicykel (grch.), Halbkreis; hemicyklisch, halbkreisförmig.

Hemidactylus, Eidechsengattung aus der Familie der Geckonen (s. d.), mit bloß an der Wurzel verbreiteten Zehen und zurückziehbaren Krallen. Die 40 Arten finden sich in warmen Gegenden teils der Alten, teils der Neuen Welt, eine 10 cm lange (H. verruculatus Cuv.) schon in Südeuropa.

Hemiedrie (grch.), Hälftflächigkeit, im Gegensatz zur Holoedrie oder Vollflächigkeit das gesetzmäßige Auftreten einer Krystallform mit nur ihrer halben Flächenzahl. Vielfach zeigt es sich, daß eine Krystallform zwar ihre Flächen in genau derselben Lage besitzt, wie eine andere, aber diese Flächen nur in der halben Anzahl aufweist, weshalb man von der einen (holoedrischen) Form auf die andere (hemiedrische) gelangt, wenn man die symmetrisch verteilte Hälfte ihrer Flächen verschwinden läßt, wobei