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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hengersberg - Henk
Hengersberg, Marktflecken im Bezirksamt
Deggendorf des bayr. Reg.-Bez. Niederbayern, an
der Ohe, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Deg-
gendorf), hat (1890) 1467 kath. E., Postexpedition
und Telegraph.
Hengist und Horsa sollen nach der Überliefe-
rung 449 die ersten angelsächs. Scharen aus Iüt-
land nach Britannien hinübergeführt und sich im
Südosten Englands festgefetzt haben, wobei Horfa
noch im Anfang der Eroberung umkam. Sind die
Perfönlichkeiten der beiden Führer mit ihren gleich-
bedeutenden, auf das Noß, das Tier des spätern
kentifchen Wappenzeichens, hinweifenden Namen
schon sehr zweifelhaft, fo ist besonders die Zeit-
angabe falsch, da nach bessern Nachrichten Britan-
nien bereits 441 in die Herrschaft der Sachsen ge-
riet. Mit Ausnahme des angegebenen Ortes der
Landung, der frühern Insel Thanet an der Ost-
spitze von Kent, ist der Inhalt der Überlieferung
wegen ihres sagenhaften Charakters aus der be-
glaubigten Geschichte zu entfernen.
Hengst, der männliche Einhufer.
Hengstdepot, ein Institut, in dem fiskalische
Deckhengste aufgestellt und verpflegt werden, die
von hier zur Deckzeit auf die Beschäl- oder Sprung-
stationen zur Belegung von Stuten entsendet wer-
den. In Preußen führen die H. den Namen Land-
gestüte. (S. Pferdezucht.)
Hengstenberg, Ernst Wilhelm, prot. Theolog,
der einflußreichste Vorkämpfer der neuluth. Ortho-
doxie der Gegenwart, geb. 20. Okt. 1802 zu Frönden-
burg in der Graffchaft Mark, studierte m Bonn, wo
er ein eifriges Mitglied der Vurfchenschaft war und
als Frucht seiner philos. und orient. Studien bereits
eine Übersetzung der "Metaphysik" des Aristoteles,
Bd. 1 (Bonn 1824), und die Schrift "^mi-u11l6i8i
^loalialiHw (ebd. 1823) erschienen. In Basel, wo
er 1823-24 Hauslehrer war, vollzog sich in ihm
der Übergang zur strengen Orthodoxie. 1824 habi-
litierte er sich zu Berlin in der philos., 1825 in der
theol. Fakultät, bei der er 1826 außerord., 1828
ord. Professor wurde; er starb 28. Mai 1869 in
Berlin. Die von ihm 1827 begründete "Evang.
Hiirchenzeitung", das einflußreiche Parteiorgan der
strengen Orthodoxie, vertrat zunächst noch die
Union gegen die separierten Lutheraner, stellte
sich aber seit den vierziger Jahren entschieden auf
den Standpunkt des luth. Konfessionalismus. H.
veröffentlichte "Christologie des Alten Testaments"
(3 Bde., Verl. 1829-35; 2. Aufl. 1854-57), "Bei-
träge zur Einleitung ins Alte Testament" (3 Bde.,
ebd. 1831-39), "Die Bücher Moses und Ägypten"
(ebd.1841), "Kommentar über die Psalmen" (4 Bde.,
ebd. 1842-47; 2. Aufl. 1849-54), "Die Offen-
barung des heil. Johannes erläutert" (2 Bde., ebd.
1849-51; 2. Aufl. 1861-62), "Das Hohelied
Salomonis ausgelegt" (ebd. 1853), "Die Frei-
maurerei und das evang. Pfarramt" (3 Tle., ebd.
1854), "Das Duell und die christl. Kirche" (edd. 1856),
"Die Juden und die christl.Kirche" (ebd. 1857; 2.Aufl.
1859), "Der Prediger Salomo" (ebd. 1859), "Das
Evangelium des heil. Johannes erläutert" (3 Bde.,
ebd. 1861-63; 2. Aufl. 1867-71), "Die Weis-
sagungen des Propheten Ezechiel" (2 Bde., ebd.
1867-68). Nach seinem Tode wurden seine Kolle-
gienhefte über "Gefchichte des Reiches Gottes unter
dem alten Bunde" (2 Bde., Berl.1869-71), "Das
Buch biob erläutert" (2 Bde., ebd. 1870-75) und
die "Vorlesungen über die Leidensgeschichte" (Lpz.
1875) herausgegeben. - Vgl. Bachmann, Ernst
Wilhelm H. (Bd. 1 u. 2, Gütersloh 1876 - 80;
Bd. 3 von Schmalenbach, ebd. 1892).
Henikstein, Alfred, Freiherr von, österr. Feld-
marfchalllieutenant, geb. 11. Aug. 1810 zu Ober-
döbling bei Wien, Sohn des jüd. Bankiers Ritter
Iofeph von H., wurde als Kind getauft und trat
1828 als Kadett in das österr. Ingenieurkorps,
zeichnete sich 1848 in Italien aus, stieg 1849 zum
Obersten im Generalstabe auf, wurde 1854 General-
major und diente 1859 als Feldmarschalllieutenant
in Südtirol. 1860 wurde Z. Generaladjutant der
Armee in Italien, 1863 Kommandant des 5. Armee-
korps und 1864 Chef des Generalstabs im Kriegs-
ministerium. Bei Ausdruch des Deutschen Krieges
von 1866 trat H. als Generalstabschef zur Nord-
armee, wurde nach der Niederlage bei Königgrätz
wie Feldzeugmeister Benedek seiner Stellung ent-
hoben und vor ein Kriegsgericht gestellt. Das Ver-
fahren ist nicht zu Ende geführt worden, doch wurde
H. nach der Beendigung des Krieges in den Ruhe-
stand verfetzt und starb 29. Jan. 1882 zu Wien.
Hönin-Listard (fpr. enäng lletahr), Stadt im
Kanton Carvin, Arrondissement Bethune des franz.
Depart. Pas-de-Calais, an den Linien Lens-Carvin
und H.-Don Sainghin (19 km) der Nordbahn, hat
(1891) 8940, als Gemeinde 9467 E., eine alte Kirche
mit Kunstwerken; Steinkohlenbergbau, Papierfabri-
kation, Flachsspinnerei und Stickerei.
Heniöchen (jetzt Hainuch), ein kaukas. Volk
auf einem Teile der nordöstlichen, von den Aus-
läufern des Kaukasus erfüllten Küste des Schwarzen
Meers. Sie waren im Altertum als gefährliche
Seeräuber gefürchtet.
Heniöchos (lat. Auriga), das Sternbild des
Fuhrmanns, in welches Hippolytos, Erichthonios,
Orsilochos, Myrtilos, Killos oder Phaethon ver-
wandelt worden sein sollten.
Henk, Ludw. Friedr. Wilh. von, Viceadmiral,
aeb. 4. März 1820 zu Anklam, begann seine Lauf"
bahn auf Handelsschiffen, machte Reisen nach Bra-
silien, dem Mittel- und Schwarzen Meer und wurde
1844 Kapitän. Bei der Bildung der preuh. Marine
1849 trat er als Auxiliarofsizier in dieselbe ein,
wurde 1855 Kapitänlieutenant, 1859 Korvetten-
kapitän, 1861 Decernent und Vorstand des Hydro-
graphischen Bureaus im Marineministerium zu
Berlin und 1865 als Kommandant der Dampf-
korvette Nymphe nach dem Mittelmeer entsandt. Im
Deutschen Kriege von 1866 war er Chef der preuh.
Nordseestottille und wurde 1867 zum Kapitän zur
See ernannt. 1870 und 1871 kommandierte er die
Panzerfregatte König Wilhelm und wurde 1871
Chef der Marinestation der Nordfee, 1872 Konter-
admiral und Direktor der Admiralität m Berlin.
Er verblieb in diefer Stellung bis zum Juli 1879,
wurde jedoch 1873,1874 und 1875 zur Führung des
während der Sommermonate zusammengezogenen
Nbungsgeschwaders zeitweilig abkommandiert, 1877
zum Viceadmiral befördert und 1878 in den erblichen
Adelstand erhoben. 1879 erbat sich H. den Abschied
und wurde mit der gesetzlichen Pension M Dis-
position gestellt. H. lebt seitdem in Berlin. 1890
-93 vertrat er den Wahlkreis Nckermünde-Usedom-
Wollin im Reichstage, wo er sich der deutschkonser-
vativen Partei anschloß. Außer zahlreichen Ab-
handlungen von nautisch-militär. Natur hat H. an
größern Werken "Die Kriegführung zur See in ihren
wichtigsten Epochen" (Berl. 1881; 2. Aufl. 1884)