Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

148

Hexanchus - Hexen

Versuch meist mißlingen, weil diese Sprachen die Quantitätsgesetze, auf welchen der antike H. beruht, nicht haben (s. Metrik); die H. der modernen Litteraturen sind daher wohl Verse von sechs Füßen, verhalten sich aber rhythmisch anders als die antiken. Am besten ist dieser Versuch im Deutschen gelungen, obwohl der Widerspruch zwischen den Quantitätsverhältnissen der deutschen Silben und der antiken Form des H. sehr fühlbar bleibt. Man glaubt Spuren der Nachahmung des lateinischen H. in deutscher Sprache schon im 12. Jahrh. zu finden. Die Anwendung desselben bis auf Klopstock behandelt Wackernagel ("Geschichte des deutschen H. und Pentameters bis aus Klopstock" (1831). Martin Opitz verwarf den H. wie daktylische Verse überhaupt. Versuche, den H. der deutschen Sprache anzupassen, wurden bis in die Mitte des 18. Jahrh. mehrere gemacht, namentlich auch von Gottsched; eine Abart des H. wendet z. B. E. von Kleist im "Frühling" an, wo dem sechsfüßigen Verse noch ein einsilbiger Auftakt vorangeht. Erst Klopstocks "Messias" bürgerte die Form fest ein, in der der deutsche H. seitdem geblieben ist, und in der z. B. Voß' Homer-Übersetzung, Goethes "Hermann und Dorothea" und andere Goethesche und Schillersche Dichtungen geschrieben sind. (Vgl. Distichon.)

Hexanchus, Haifischgattung mit stumpfer, abgerundeter Schnauze und sechs Kiemenöffnungen, während die sehr ähnliche Gattung Heptanchus deren sieben besitzt. Beide gehören jetzt zur Familie der Notidanitae (s. d.) und Gattung Notidanus.

Hexandrus (grch., d. i. sechsmännig) oder hexandrisch nennt man die Blüten, die sechs nicht miteinander verwachsene Staubgefäße besitzen. Im Linnéschen System heißt Hexandria die 6. Klasse, die alle Pflanzen mit hexandrischen Blüten umfaßt.

Hexane, gesättigte Kohlenwasserstoffe mit sechs Kohlenstoffatomen, von der Zusammensetzung C<sub>6</sub>H<sub>14</sub>. (Vgl. Äthane.) Es sind alle fünf möglichen isomeren Verbindungen von dieser Formel bekannt; sie sieden zwischen 46 und 71°. Das normale Hexan (Siedepunkt 71°) findet sich im Petroleum. Hexyl ist die Bezeichnung für das einwertige Radikal C<sub>6</sub>H<sub>18</sub>.

Hexanitrocellulose, s. Cellulose.

Hexapla (grch.), s. Septuaginta.

Hexapoda, Sechsfüßer, Insekten.

Hexapolis, der Bund der sechs Hauptstädte des kleinasiat. Doris (s. d.).

Hexastichon (grch.), Strophe von sechs Versen.

Hexastylos (grch.), Bauwerk mit sechs Säulen an der Front.

Hexateuch (grch., d. h. aus sechs Teilen bestehend), Bezeichnung für die fünf Bücher Mose (Pentateuch, s. d.) nebst dem Buche Josua.

Hexavalent (grch.-lat.), sechswertig (s. Wertigkeit).

Hexen und Hexenprozesse. Das Wort Hexe ist althochdeutsch hagazussa, verkürzt hâzus, hâzis, hâzissa, mittelhochdeutsch hecse, hexse, hesse, ein Kompositum, von dem hag eine Rodung, Feld und Flur, das Übrige die Schädigende, Hexe also "die den Hag Schädigende" bedeutet; nach andern sind ursprünglich unter Hexen (hag und disen oder idisen, hagedissen) Waldfrauen, Waldgöttinnen zu verstehen, die am nächsten den Walküren verwandt sind. Man vermutet in ihnen für das höhere Altertum Priesterinnen, weibliche Ärzte, sagenhafte Nachtfrauen, die man ehrte, scheute, endlich geringschätzte, aber noch nicht zu verfolgen und hinzurichten trachtete. Die "weisen Frauen", die den Saidh, einen Sud aus allerlei zauberkräftigen Dingen, unter Hersagen von Spruch und Lied bereiteten und damit Haß und Liebe, langsames Hinsiechen, Versetzung von einem Ort an einen andern, Sturm, Unwetter und Mißwachs, aber auch Heilung von Krankheiten bewirkten, wandelten sich in die spätern Hexen (in einigen Gegenden auch "Wickerschen", "Töverschen" genannt) um, bei denen allerdings die schlimmere Seite des Wesens in der Volksmeinung sich ausschließlich entwickelte. Die Grundlagen des Hexentums stammen also aus dem german. Altertum und auf dieses läßt sich auch alles Beiwerk: das Beschwören, Besingen, Besprechen der Kessel, der Besen zurückführen. Mit dem Emporkommen des Christentums wuchs wie der Glaube an die Hexen, so auch allmählich die Verfolgung derselben. Die Kirchenväter verwiesen die alten heidn. Götter als wirklich bestehende Wesen in das Reich der Dämonen; die Legenden erzählten von Kämpfen der Heiligen gegen den und die Teufel, die mönchische Phantasie schildert eingehend die Dienerschaft des Höllenfürsten und seiner Anhänger Macht gegen die Menschen. Immer fester wurzelte der Glaube an Bündnisse mit dem Bösen, aber erst die Inquisitoren des 13. Jahrh. wußten diesen den armen Hexen zu vermählen und erbauten eine förmliche Teufelslehre. Den ersten Hexen, wie es heißt 1230-40 in Trier, wurde vorgeworfen, sich in Kröten verwandelt und gewissen Versammlungen beigewohnt zu haben. Ihr Los ist unbekannt. In Toulouse fand die erste sicher beglaubigte Verbrennung 1275 an einer 60jährigen Frau statt, die mit dem Teufel gebuhlt haben sollte. Aus Frankreich drang dieses Unwesen auch in andere Länder, zunächst nach der Schweiz, wo zu Anfang des 15. Jahrh. die ersten Hexenverbrennungen stattfanden. In Deutschland, wo das Schicksal des ersten Ketzerrichters, Konrad von Marburg (s. d.), bereits im 13. Jahrh. die Inquisition zurückgeschreckt hatte, stieß die Hexenverfolgung noch auf Hindernisse, bis Papst Innocenz VIII. in der Bulle Summis desiderantes vom 3. Dez. 1484 die ganze Lehre von der Häresie des Zauberwesens und dem dawider erforderlichen durchgreifenden Inquisitionsprozesse (Hexenprozesse) bestätigte. Kurz darauf, 1489, unterwiesen Krämer und Sprenger mit ihrem "Malleus maleficarum" (Hexenhammer) die Gerichte in dem henkermäßigen Verfahren zur Überführung der Hexen und Zauberer, und seitdem flammten die Scheiterhaufen auch in Deutschland auf.

Aus der Geschichte der geistigen Epidemie, die fast drei Jahrhunderte lang herrschte, ist als auffällige Thatsache hervorzuheben, daß ihre plumpen Wahngebilde auf den niedrigsten Bildungsgrad hinwiesen, und daß sie ihre Opfer in allen Klassen und Lebensaltern suchten. In Würzburg z. B. wurden Kinder von 4 bis 12 Jahren, die Kanzlerin, ein Rechtsherr, der Rechtsvogt, die Bürgermeisterin, 2 Edelknaben, 1 Student, 3 Chorherren, 14 Domvikare wegen Hexerei und Zauberei hingerichtet. Die plumpsten Erfindungen wurden Geständnisse, welche dem einmal Angeschuldigten mittels der Folter ausgepreßt wurden. Der Teufel sollte mit den Angeschuldigten einen Pakt geschlossen haben. Er erschien zuerst gewöhnlich als junger Mann aus den höhern Ständen, weiterhin als Fliege, Maus, Bock, aus welcher Maske er sodann in die Jünglingsgestalt schlüpfte, und beredete die Erwählten, die Knechtschaft Gottes mit seiner unbedingten Botmäßigkeit zu vertauschen. Zur Befestigung des