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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Klassensteuer – Klastische Gesteine

Klassensteuer, auch wohl Rangsteuer genannt, eine direkte Steuer, die weder nach dem Einkommen der Pflichtigen, noch nach dem Ertrag bestimmter Vermögensobjekte oder Erwerbsquellen bemessen, sondern nur nach einigen allgemeinen Kategorien oder Klassen veranlagt wird, deren Abgrenzung zwar im allgemeinen nach der Lebenslage und der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen, jedoch nur nach einer ungefähren diskretionären Schätzung und ohne feste Anhaltspunkte erfolgt. Die K. bildet daher hinsichtlich der Individualisierung der Besteuerung nur den ersten Schritt über die Kopfsteuer (s. d.) hinaus. Das bemerkenswerteste Beispiel einer K. ist die 1820 in Preußen (mit Ausnahme der größern Städte) eingeführte, die 1821 in der Weise geregelt wurde, daß die erste Hauptabteilung die besonders wohlhabenden und reichen Einwohner, die zweite den wohlhabenden Mittelstand, die dritte den geringern Bürger-und Bauernstand und die vierte die gewöhnlichen Lohnarbeiter, Tagelöhner- und Dienstboten umfaßte. Jede der drei ersten Hauptabteilungen war in drei Klassen, die letzte aber in vier Klassen geteilt. Der niedrigste Steuerbetrag war ½ Thlr., der höchste 144 Thlr. Offenbar waren die Wohlhabenden und Reichen bei diesem System verhältnismäßig zu günstig gestellt, und die durch das Gesetz vom 1. Mai 1851 geschaffene Reform setzte daher für diejenigen, welche mehr als 1000 Thlr. Einkommen hatten, an die Stelle der K. eine Einkommensteuer (s. d.). Die neue K. hatte ebenfalls 12 Abstufungen und bewegte sich zwischen den Sätzen von ½ Thlr. bis 24 Thlr. Durch das Gesetz vom 25. Mai 1873 wurde die K. der Einkommensteuer so nahe wie möglich gebracht, indem unter Freilassung der Einkommen bis 420 M. für die einzelnen Stufen Einkommensklassen aufgestellt wurden, in welche die Steuerpflichtigen einzuschätzen sind; 1883 wurden die Einkommen bis 900 M. freigelassen. Bei der Neuregelung der preuß. Klassen- und Einkommensteuer (Gesetz vom 24. Juni 1891) wurde der Unterschied zwischen Klassen- und Einkommensteuer ganz beseitigt. Übrigens ist auch die neue preuß. Einkommensteuer eine klassifizierte, d. h. die einzelnen Einkommen werden nicht auf einen bestimmten Betrag geschätzt, sondern in Klassen eingeschätzt, die anfangs um je 150 M., später um je 300 M., alsdann um je 500 M., je 1000 M., je 1500 M., je 2000 M. und bei Einkommen über 100000 M. um je 5000 M. voneinander abstehen. Solche Einschätzungen in Klassen kommen auch häufig bei andern direkten Steuern (Grund- und Gebäudesteuer, Gewerbesteuer) vor und empfehlen sich als praktisch und bequem, haben aber den Nachteil, daß die verschiedenen, in eine Klasse fallenden Einkommen u. s. w. mit abweichenden Steuerprozentsätzen belastet sind. – In einem von dem obigen ganz abweichenden Sinne wurde die Bezeichnung K. bis 1876 in Baden gebraucht, wo sie die von dem Erwerbe der Beamten, Ärzte und der andern liberalen Professionen erhobene Steuer bedeutete.

Klassensystem, Klassenlehrersystem, im Unterrichtswesen, s. Fachsystem.

Klassicismus (neulat.), in Frankreich Empire-Stil genannt, der Kunststil, der sich gegen Ende des 18. und im Anfang des 19. Jahrh. geltend machte. Gegenüber dem Rokoko bedeutet er eine Rückkehr zum Geradlinigen und Steifen, zugleich mit einer stärkern Wiederanlehnung an die klassisch-antiken Formen und Vorwürfe sowie an die Natur. Vertreter des K. in der Baukunst sind die Italiener Piranesi und Michelangelo Simonetti; in England Kent, Chambers, Dance, Gebrüder Adams und Wyatt; in Holland Jacob van Campen und Post; in Frankreich Servandoni, Gabriel, Soufflot, der Theoretiker Laugier, Clérisseau, Leroy, Vignon; in Deutschland de Bodt, Longuelune, von Erdmannsdorff, Langhans, Jussow, Weinbrenner, Gilly u. a., endlich Joane, Percier, Fontaine, Klenze und Schinkel. Vertreter des K. in der Malerei sind außer Vien besonders L. David (s. d.) und dessen Schüler, sodann Heinr. Füger, P. Krafft, Madrazo, Eckersberg; in der Bildnerei die Franzosen Cartellier, Chaudet, Bosio, Lemaire, ferner Canova, Thorwaldsen u. a. – Vgl. Gurlitt, Geschichte des Barock, Rokoko und K. (2 Abteil, in 3 Tln., Stuttg. 1887‒89).

Klassicität (neulat.), klassisches Ansehen, Mustergültigkeit.

Klassifikation oder Klassifizierung (neulat., von Klasse, Abteilung eines größern Ganzen), die Anordnung der Dinge nach vollständigen Reihen einander bei- und untergeordneter Begriffe. Die K. fällt demnach mit der Einteilung zusammen und bedarf eines oder mehrerer allgemeiner Gesichtspunkte, nach welchen sich die Anordnung richtet. Die K. ist analytisch, wenn sie, vom Allgemeinen zum Besondern vorschreitend, aus der Zerlegung des als Einteilungsgrund gewählten Princips die Gliederungen des Systems ableitet (künstliches System). Oder sie ist synthetisch, wenn sie vom Besondern stufenweise zur Ermittelung des Allgemeinen aufsteigt (natürliches System). Bei Bildung eines künstlichen Systems ist der die Einteilung bestimmende Gesichtspunkt willkürlich gewählt, und es sind darum für einen und denselben Gegenstand zahlreiche künstliche Systeme möglich (z. B. K. der Säugetiere nach dem Gebisse, dem Bau der Füße, der Beschaffenheit der Placenta u. s. f.). Das natürliche System ordnet nicht nach einem willkürlich gewählten Einteilungsprincip, sondern nach der innern Verwandtschaft der Objekte, wie sie aus der Gesamtheit der durch Untersuchung der Entwicklung und des Baues erkannten wesentlichen Charaktere sich ergiebt; es kann darum in jedem Gebiete der organischen Welt nur ein natürliches System geben, das auf die wirkliche natürliche Verwandtschaft der Einzelformen gegründet ist.

Klassifikationssystem, im Eisenbahnwesen, s. Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 898 a).

Klassiker (lat. classici), im alten Rom die Bürger der ersten Klasse. (S. Rom und Römisches Reich, Römische Altertümer.) Im 2. Jahrh. n. Chr. findet man diesen Ausdruck bei Gellius (s. d.) bildlich auf Schriftsteller ersten Ranges übertragen, und seitdem ist er für alles Hervorragende in Kunst und Litteratur allgemein gebräuchlich geworden. Jede Nation nennt die Blütezeit ihrer Litteratur ihre klassische Zeit und ihre besten Schriftsteller ihre K. Im engern Sinn versteht man aber unter K. auch jetzt noch die hervorragenden Schriftsteller des griech. und röm. Altertums und braucht dann «klassisch» als gleichbedeutend mit «antik». So sprechen neuere Ästhetiker vom Gegensatz des Klassischen, Romantischen und Modernen.

Klassisch, s. Klassiker.

Klastische Gesteine (vom grch. klastós, zerbrochen), Gesteine, die ihr Material vorzugsweise aus einer Zertrümmerung von vorhanden gewesenen Felsarten bezogen haben. Nach ihrer Ent- ^[folgende Seite]

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