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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kraken - Krakusen
erweitert, 1379 umgebaut, mit dem Turme des 1820
abgebrochenen Rathauses, enthält das National-
Kunstmuseum mit Bildern von Matejko, Siemiradzki
<die lebenden Fackeln des Nero) u. a. sowie eine Ge-
mäldeausstellung. Im ehemaligen Refektorium des
Franziskancrklosters das technisch-industrielle Mu-
seum. Der fürstbischöfl. Palast ist nach dem Brande
von 1850 renoviert. Die neue Universität, ein
Prachtbau im got. Stil nach Ksi^zarskis Plänen
(1881 - 87), mit stattlichem Vestibül und schöner
Aula, enthält die kunsthistor. Sammlung und das
archäol. Museum, die poln. Akademie der Wissen-
schaften, eine Bibliothek, Altertümer, eine Gemälde-
galerie und physiographische Sammlung. Die Ia-
gellonische (Universitäts-)Bibliothek (283 858 Bände,
5150Handschriften, 1702 Atlanten und Karten u.a.)
birgt einen prachtvollen Kreuzgang. Das Museum
Czartoryski birgt Kunstgegenstände aller Art, eine
Bibliothek und Gemäldegalerie. In der Vorstadt We-
sota liegt der Echützengarten mit dem Schützenhaus.
Unterrichtswesen. Die alte berühmte Iagello-
nische Universität erhielt ihren Namen von den
Königen aus dem Hause der Iagellonen. Kasimir
d. Gr. ordnete 12. Mai 1364 durch eine Stiftungs-
urkunde ein Ltuäium Fenorais in ^ukUdkt licita
fiicultate an, wozu Papst Urban V. seine Erlaubnis
gab. Am 1. Sept. folgte der Stiftsbrief für alle
Fakultäten außer der theologischen, doch verfiel die
Universität nach Kasimirs Tode. Im 15. Jahrh,
blühte die Hochschule auf infolge der besonders ge-
pflegten astronomischen und humanistischen Studien,
hatte damals europ. Ruf und wurde von mehr als
8000 Studenten besucht. Sie war jahrhundertelang
Mittelpunkt des wissenschaftlichen Lebens der Polen.
Später verfallen, wurde sie 18. Okt. 1817 neu orga-
nisiert und hat sich seit 1833 stetig entwickelt. Die
deutsche Sprache, 29. Okt. 1853 als Unterrichts-
sprache (außer sür die theol. Fakultät) erklärt, ist seit
4. Febr. 1861 nach und nach, seit 30. April 1870 voll-
ständig durch die polnische ersetzt. Die Universität
hatte (1893/94) 94 Docenten und 1363 Studierende.
Zur Universität gehören die Iagellonische Biblio-
thek, serner eine Sternwarte, ein botan. Garten,
ein Naturalienkabinett und mehrere andere Samm-
lungen. Die kaiscrl. Akademie der Wissenschaften ist
1872 aus der 1815 gegründeten Gesellschaft der
Wissenschaften entstanden. Ferner hat die Stadt
eine 1873 erweiterte Schule der Schönen Künste, bis
Nov. 1893 unter Matejkos Leitung, ein fürstbischöfl.
Seminar, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungs-
anstalt, drei Obergymnasien, eine Realschule, eine
technische Gewerbeschule, eine Handelsschule und eine
höhere Anstalt für Fraucnbildung; eine Litterarische,
Musikalische Gesellschaft, einen Forstwissenschaft-
Kchen Verein und ein Konservatorium.
Die Industrie erstreckt sich auf Maschinenfabri-
kation, Herstellung von Tuch, Leder, Ackerbaugerät-
schaften, Wachskerzen, Zündhölzer, Chemikalien und
Öl, Vierbrauerei und Dampfmüllerei; der Handel
auf Getreide, Holz, Salz, Wein, Schweine und Lein-
wand, besonders aber Aussuhr von Eiern und Butter.
Umgebung. 3 1cm im NW. der Kosciuszko-
berg (333 m), ein 34 m hoher Erdhügel in Form
eines Schneckenbergs, 1820-23 zu Ehren Kosciuszkos
von der Bevölkerung auf dem Vronislawaberge zu-
sammengetragen und 1855 in ein Fort umgewandelt.
Im S. von K. bei Podgorze der Krakusberg
(276 m) mit trigonometr. Signalstation, nach der
Sage zum Andenken an Kratus, den Gründer von
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter E auszusuchen.
K., von der Bevölkerung zusammengetragen. Süd-
lich von K., nur durch die Weichsel getrennt, be-
findet sich die Stadt Podgorze.
Geschichte. Nach Gnesen war K. von 1320 an
Haupt- und Residenzstadt Polens, bis 1610 Sigis-
mund III. sein Hoslager nach Warschau verlegte;
auch später blieb es Krönungsstadt. Bis 1060 war
K. Sitz eines Erzbischofs, seitdem eines Bischofs,
der seit 1443 auch souveräner Fürst von Sewerien,
des Landstrichs zwischen K. und Schlesien, war. Das
Magdeburger Recht bekam die Stadt schon 1257.
Früher eine reiche, wohlhabende Stadt, die 1430
der Hansa beitrat, verarmte sie nach und uach und
zählte 1787 nur 9449 E. Bei der dritten Teilung
Polens (1795) kam sie an Österreich, welchem schon
früher die Vorstadt KaZimierz zugefallen war, und
mit ganz Westgalizien bildete sie 1809-14 einen
Teil des Herzogtums Warschau.
Die Republik K., durch die Wiener Kongreh-
akte geschaffen, umfaßte ein Gebiet von 1220 ykni
mit etwa 140000 E. Der kleine Staat, letzter Rest
des selbständigen Polen, sollte unter dem Schutze
von Preußen, Österreich und Rußland Neutralität
genießen. Nach der Verfassung vom 3. Mai 1815
befand sich die gesetzgebende Gewalt in den Händen
einer Volksrepräsentation; vollziehende Gewalt war
ein Senat aus acht Senatoren und einem Präsiden-
ten. Infolge wiederholter Eingriffe des Adels in
die Konstitution sandten Nov. 1829 die drei Echutz-
mächte eine Untersuchungskommission nach K. Ende
1830 schloß sich ein Teil der Bevölkerung der poln.
Revolution an. Infolge davon wurde K. durch russ.
Truppen besetzt. Die Reorganisation der Republik
erfolgte 1833. Wegen erneuter Umtriebe ward 5t.
im Febr. 1836 und wiederum Okt. 1838 bis 1841 bc-
setzt. Im Febr. 1846 wurde K. Hauptwaffenplatz der
Insurrektion, aber schon 3. März von russ. und österr.
Truppen besetzt. Am 6. Nov. 1846 kam zu Wien
eine Übereinkunft zu stände, wonach die Verträge
von 1815 widerrufen und trotz der Protestation Eng-
lands und Frankreichs Stadt und Gebiet an Öster-
reich übergeben wurden. Durch die Neichsverfassung
von 1849 ward dann das Gebiet dem Kronlande
Galizien einverleibt. - Vgl. Essenwein, Die mittel-
alterlichen Kunstdenkmale der Stadt K. (Nürnb.
1867); Müldner, K. und Umgebung (im "Illustr.
Führer durch die Karpaten" von R. Soukuz, Wien
1874): Österreichisches Städtebuch, IV (ebd. 1891).
Kraken, Weichtiere, s. Kopffüßer.
Krakow, Stadt im Kreis Güstrow des Großher-
zogtums Mecklenburg-Schwerin, an dem Krakow er
See (11 km lang, 6,3 1cm breit) und der Linie
Güstrow-Karow der Mecklenb.Fricdrich-Franz-Eisen-
bahn, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Güstrow),
bat (1890) 2050 E., darunter 21 Israeliten, Post,
Telegraph, evang. Pfarrkirche, Synagoge, Vorschuh-
verein, Sparkasse, Kram- und Viehmärkte.
Krakow, poln. Name von Krakau (s. d.).
Krakowiak (frz. Oacovienne), der National-
tanz des Krakauer Landvolks, zu dem eine eigen-
tümliche melancholische Melodie im Zweivierteltakt
gespielt wird. Der Tanz beginnt damit, daß das
anführende Paar ein kurzes, zweizeiliges Lied singt,
einen momentanen, oft scherzhaften Einfall, der
häusig an ein Bild aus der Natur anknüpft.
Krakusberg, s. Krakau.
Krakusen, während der poln. Revolution von
1830 die Reiterregimenter, welche sich aus Frei-
willigen in den einzelnen Woiwodschaften bildeten