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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lauchs Violett - Lautverschiebung
Lauths Violett, Thionin, ein künstlicher
schwefelhaltiger Farbstoff, der bei der Oxydation
von Parapbenylendiamin, (^II^^H..)?, in saurer
schwcfelwasscrstoffhaltiger Lösung mit Eisenchlorid
entsteht. Es ist das salzsaure Salz einer Vase, des
Thionins. L. V. ist der einfachste Vertreter einer
ganzen Klasse von Farbstoffen, der Th ionine oder
Thiazine oder Lauthschen Farbstoffe. Ihre
Muttersubstanz, aus der die Farbstoffe ebenfalls,
aber schwieriger aufgebaut werden können, ist das
Thiodiphenylamin (Thiazin), ein gelblicher,
krystallisierender und destillierbarer Körper mit
dem Schmelzpunkt 180° und der Zusammensetzung
(^H^Z, der beim Erhitzen von Diphenylamin
mit Schwefel entsteht. Durch Eintritt von Amido-
gruppen in diefe Verbindung entstehen farblose
Basen (Leukobasen), deren Salze durch Oxydation
leicht in Farbstoffe übergehen. Ein Diamidothiodi-
phenylamin, (^12^11^3, ist die Leukobase von L. V.,
^2^0^3801. Nachstehende Konstitutionsformeln
geben ein Bild diefer Substanzen:
>3
Thiodiphenylamin (Thiazin). Diamidothiodiphenylamin
(Leukothionin).
> ^e"g .......... ____
^1
__l
llOI
___I
01
Lauths Violett (salzsaures
Thionin).
Methylenblau (salzsaures
Tetramethylthionin).
L. V. färbt Wolle und Seide violett, findet aber
wegen seines verhältnismäßig hohen Preises und
der Konkurrenz des Methylvioletts keine Anwen-
dung. Wertvoller ist ein Abkömmling desselben,
das Methylenblau oder Äthylenblau, das
als vierfach methyliertes L. V. (Tetramethylthionin)
aufzufassen ist. Zur Darstellung des Methylenblaus
im großen sind viele Patente erteilt worden, von
denen jedoch die meisten Nmgehungspatente sind.
Entweder verfährt man, wie bei L. V., indem man
Dimethylparadiphenylamin, ^ll^I^M^llg)^
bei Gegenwart von Schwefelwasserstoff mit Eisen-
chlorid oxydiert (nach Caro), oder man behandelt
(nach Öhler) Nitrosodimethylanilin (s. 0.) in saurer
Lösung mit Schwefelwasserstoff und oxydiert die
hierbei gebildete Leukobase des Methylenblaus eben-
falls mit Eisenchlorid. Der Farbstoff wird meist
unter Zusatz von Kochsalz mit Chlorzink gefällt und
kommt als Chlorzinkdoppelfalz in den Handel. Das
Methylenblau färbt Wolle nur schlecht, fixiert sich
jedoch leicht auf Seide und auf gebeizter Baumwolle.
Der Farbstoff ist das solideste Baumwollenblau.
Lautiermethode, s. Lesen und Lesemcthoden.
Lautlehre, s. Laut.
Lautlingerthal, s. Eyach.
Lautphysiologie, s. Laut.
Lautrec (spr. lotröck), Ödet de Foix, Seigneur de,
franz. Marschall, geb. 1485, kämpfte in den Kriegen
der Könige Ludwig XII. und Franz I. in Italien,
zeichnete sich 1512 in der Schlacht bei Ravenna aus
und erhielt 1516 den Oberbefehl des franz. Heers.
Als Generalgouverneur des Mailändischen trieb er
durch Bedrückungen aller Art das Volk zur Empö-
rung, wurde 1521 aus Mailand vertrieben und er-
litt 1522 bei Vicocca eine Niederlage. Trotzdem er-
hielt er durch den Einfluß seiner Schwester, der
Gräfin von Chateaubriand, Geliebten Franz' I.,
wieder ein Kommando in Südfrankreich. Er wurde
in Vayonne von den Spaniern eingeschlossen, ver-
mochte sich indessen zu halten, kam dann wieder nach
Italien, focht 1525 in der Schlacht bei Pavia und
übernahm 1527 abermals den Oberbefehl in Italien.
L. hatte zunächst gegen die Kaiserlichen Erfolg, er-
oberte Alessandria und Pavia und zog nach Neapel.
Bei der Belagerung dieser Stadt erlag er einer im
franz. Heere ausbrechenden Seuche, 16. Aug. 1528.
- Vgl. Mignet, Iiivg.1it6 äs ^i-anhois 1" 6t äs
0wri68-yuint (2 Bde., Par. 1875).
Lautfchburg, Badeort, s. Lucsivna.
Lautverschiebung, die gleichartige Verände-
rung des Konsonantensystems einer Sprache. Jakob
Grimm hat diese Bezeichnung für die german. Spra-
chen angewandt. Hier unterscheidet man zwei, der
Zeit nach durch ungefähr ein Jahrtausend getrennte
Lautverschiebungen:
1) Die erste oder die germanische L., die wahr-
scheinlich um die Mitte des ersten Jahrtausends
v. Chr. den Konsonantismus sämtlicher german.
Sprachen in einer noch durchgreifendem Weise
verändert hat, als es die zweite L. mit dem hoch-
deutschen Konsonantismus gethan hat. Die ger-
manische L. hat alle Konsonanten außer r, 1, m,
n, ^, >v, 8 betroffen und den german. Sprachen
einen von dem ihrer indogerman. Schwestersprachen
völlig abweichenden Charakter verlieben. Zu unter-
scheiden sind dreiPhasen der germanischen L.'. k. Die
indogerman. Tenues K, t, p sowie die Aspiraten
(Tenues mit nachfolgendem Hauch) k^, td, pti sind
zu den Reibelauten cli (geschrieben Ii), gelispeltem 8
(--- engl. tk, geschrieben td), l verschoben worden;
vgl. z. B. lat. Huoä zu got. ti^va "was", lat. cornu
zu got. kaürii "Horn", lat. äüco zu got. twlia. "ich
ziehe", lat. tre8 zu got. tdr6i8 "drei", lat. fr^ter zu
got. di'0t1i3.r "Bruder", lat. pat6r zu got. saäai-
"Vater". - d. Die indogerman. Medien 3, ä, d sind
im Germanischen zu den Tenues k,t,p verschoben
worden; z. B. lat. 6^0 zu got. ik "ich", lat. äüco zu
got. tiuka "ich ziehe", lat. turda zu got. t^üi-p
"Dorf". - 0. Die indogerman. aspirierten Medien
ßk, äb, dk sind zu den stimmhaften Reibelauten
verfchoben, die später s, ä und d werden; z. B. lat.
vekor (k aus Fli) zu got. ^^vi^an "bewegen", lat.
M6äiu8 (ä aus äk) zu got. iniäji8 "der mittlere";
lat. träter (k aus dk) zu got. drötkg.r "Bruder".
2) Die zweite oder die hochdeutsche (althoch-
deutsche) L., die etwa um die Mitte des ersten Jahr-
tausends n. Chr. stattfand und das bisher verhält-
nismäßig einheitliche deutsche Sprachgebiet in einen
hochdeutschen und einen niederdeutschen Teil schied
(s. Deutsche Sprache, Bd. 5, S. 74). Diese L. ist
von den süddeutschen Stämmen (Alamannen und
Bayern) ausgegangen und hat sich allmählich über
Mitteldeutschland ausgebreitet, ist hier jedoch nicht
mehr in ihrem ganzen Umfang durchgedrungen.
Zu unterscheiden sind zwei Phasen dieser L.: a. Die
germanischen, im Gotischen, Skandinavischen, Eng-
lischen, Friesischen und Niederdeutschen erhaltenen
Tenues k, t, p sind im Anlaut und nach Kon-
sonanten (auch KK, tt, pp) zu cd, 2, pf, nach
Vokalen zu ed, zz (woraus später 88) ss ver-
schoben worden. Diese Verschiebung ist jedoch nur
beim t auf dem ganzen hochdeutschen Gebiet durch-
gedrungen; vgl. niederdeutsch tiä, koit, Ht6n, >vat
zu hochdeutsch seit, K0I2, 688611, >va8 (althochdeutsch
21t, K0I2, 6ZZ3.N, ^a,z). Die Verschiebung des ger-
man. p teilt zwar unsere Schriftsprache auch; vgl.