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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Legationen - Leges barbarorum

den erzbischöfl. Sitzen von Gnesen-Posen, Salzburg, Gran, Prag, Köln verbundener Ehrentitel), legati dati, d. h. besonders beauftragte (wenn sie Kardinäle sind: legati a latere, wenn Bischöfe: nuntii, wenn niedere Prälaten: internuntii) mit diplomat. Stellung, aber auch kirchlichen Vollmachten. Der König von Neapel übte als legatus natus für Sicilien gewisse kirchliche Befugnisse aus (die sog. Monarchia Sicula), worauf die ital. Regierung erst durch Gesetz vom 13. Mai 1871 verzichtet hat.

Legationen (lat.), soviel wie Gesandtschaften; auch Bezeichnung für die Provinzen des ehemaligen Kirchenstaates (s. d.; vgl. Delegation und Legat).

Legationsrat, der Titel für die Räte in der Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten (Auswärtiges Amt, Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten).

Legato (Ligato, ital.), gebunden, verbunden, in der Notenschrift durch den Bindebogen ͡^[img] angedeutet, bezeichnet, daß zwischen den einzelnen verbundenen Tönen im Vortrag keine Pause stattfinden soll oder, bei Tönen derselben Höhe, daß dieselben aufgehalten, liegen gelassen, nicht wieder angeschlagen werden sollen.

Lege artis (lat.), nach allen Regeln der Kunst.

Legel, Faß und Flüssigkeitsmaß, s. Lägel.

Legen der Bauernhöfe, s. Bauernlegen.

Legende (lat. legenda, "das zu Lesende"), in der Kirche des Mittelalters Zusammenstellungen von Erzählungen der Lebens- und Leidensgeschichte der Heiligen, die an deren Gedächtnistagen im Gottesdienst verlesen wurden. Später wurde dann jede poet. Darstellung einer kirchlichen Überlieferung und die kirchliche Sage überhaupt im Gegensatz zur Geschichte oder zur weltlichen Sage L. genannt. Unter den mittelalterlichen Legendensammlungen genoß die "Legenda aurea" des Jakobus de Voragine großes Ansehen. Das umfassendste und wertvollste Werk über die Geschichte der Heiligen aber haben im 17. und 18. Jahrh. die sog. Bollandisten in ihren "Acta Sanctorum" (s. d.) geliefert.

Aus der geistlichen Litteratur fand die L. frühzeitig auch in die nationale Poesie der christl. Völker Eingang, in die deutsche Litteratur seit dem Anfange des 12. Jahrh. In diese frühe Zeit gehören die Kaiserchronik, Wernhers Marienleben u. a. Die Verfasser dieser Gedichte waren Geistliche; und auch in der nächstfolgenden Blütezeit der mittelhochdeutschen Poesie, als die Pflege der Dichtkunst vornehmlich auf Männer des weltlichen Standes überging, bot diesen die L. den Inhalt für größere epische Dichtungen. So bearbeitete Hartmann von Aue die L. von "Gregorius", Konrad von Fußesbrunnen die von der "Kindheit Jesu", Rudolf von Ems die von "Barlaam und Josaphat" und "Eustachius", Reinbot von Durn die vom "Heiligen Georg". Aus den spätern Jahren des 13. Jahrh. verdienen namentlich Konrads von Würzburg "Alexius" und "Sylvester", des Bruder Hugo von Langenstein "Marter der heil. Martina" und von einem unbekannten Verfasser ein "Passionale" in drei Teilen (hg. von C. A. Hahn, Frankf. a. M. 1845; von Köpke in der "Bibliothek der deutschen Nationallitteratur", Quedlinb. 1852) Erwähnung. Neben einer großen Anzahl gereimter längerer und kürzerer L. ohne poet. Wert vom 14. bis 16. Jahrh. kamen auch prosaische Bearbeitungen, wie in Hermanns von Fritzlar Bücke "Der Heiligen Leben", auf und verdrängten jene allmählich. Im 16. Jahrh. endlich verschwand die L. aus der deutschen Poesie oder ging in die sittlich-lehrhafte, auch in die komische Erzählung über, wie sie namentlich von Hans Sachs mit naiver Gemütlichkeit behandelt worden ist. Auf den reichen Schatz von Poesie sowohl als auf den religiösen und sittlichen Gehalt der Legendenlitteratur machte zuerst Herder wieder aufmerksam und führte durch eigene glückliche Versuche und durch Belehrung über den poet. Charakter der L. diese wieder in die neuere poet. Litteratur ein. An ihn schloß sich L. Th. Kosegarten in seinen "Legenden" mit Erfolg an; mehr im Sinne des Katholicismus wurde die L. von den Romantikern behandelt. Meisterhaft in Hans Sachs' Ton ist Goethes L. "Sankt Peter und das Hufeisen". Von neuern Legendendichtern sind Rückert, Schwab, Kerner und Simrock zu nennen.

In der Münzkunde heißt L. die Inschrift oder Umschrift der Münzen, überhaupt jede auf der Münze befindliche Schrift. Durch sie wird der erste Anhalt zur Bestimmung der Münze gewährt. Hilfsmittel für Lesen der oft in abgekürzter Form erscheinenden L. sind: Rentzmann, "Numismatisches Legendenlexikon des Mittelalters und der Neuzeit" (2 Bde., Berl. 1865-66): Schlickeysen, "Erklärung der Abkürzungen auf Münzen" (2. Aufl. von Pallmann und Droysen, ebd. 1882).

Legendre (spr. lĕschangdr), Adrien Marie, franz. Mathematiker, geb. 18. Sept. 1752 zu Paris, wurde frühzeitig Professor der Mathematik an der Militärschule, dann an der Normalschule zu Paris, und bereits 1783 Mitglied der Akademie. 1787 begann er im Auftrag der Regierung mit Cassini und Méchain einen Breitengrad zwischen Dünkirchen und Boulogne auszumessen. Die Resultate dieser Messungen wurden in dem "Exposé des opérations faites en France en 1787" (Par. 1792) mitgeteilt. 1808 wurde L. zum lebenslänglichen Vorsteher der Universität ernannt. Er starb 10. Jan. 1833. Unter seinen Schriften sind zu erwähnen: "Éléments de géométrie" (Par. 1794 u. ö.; deutsch von Crelle, 6. Aufl., Berl. 1873), "Mémoire sur les transcendantes elliptiques" (Par. 1794), "Essai sur la théorie des nombres" (ebd. 1798; 3. Aufl., 2 Bde., ebd. 1830-, deutsch von Maser, 2 Bde., Lpz. 1886, 2. Ausg. 1893), "Nouvelle théorie des paralléles" (Par. 1803), "Nouvelles méthodes pour la détermination des orbites des comètes, etc." (ebd. 1805-20), "Exercices de calcul intégral" (3 Bde., ebd. 1811-19), "Traité des fonctions elliptiques" (3 Bde., ebd. 1827-32). Außerdem machte er sich durch seine Untersuchungen über die Anziehung der elliptischen Sphäroide und eine scharfsinnige Methode zur Bestimmung der Kometenbahnen verdient. Er entdeckte 1806, unabhängig von Gauß, die Methode der kleinsten Quadrate.

Léger (frz., spr. lescheh, im Deutschen gewöhnlich leschähr gesprochen), leicht, frei, ungezwungen, nachlässig.

Legerwall, eine Küstenstrecke, auf die stürmischer Wind zu weht. Ein Schiff hat L., wenn es bei schwerem Sturm eine Küste nahe in Lee hat; hierbei ist die Gefahr des Strandens sehr groß, namentlich, wenn sich das Beidrehen (s. d.) nicht vermeiden läßt, weil infolge der hierbei sehr starken Abtrift (s. d.) das Schiff der Küste zutreibt.

Leges, Mehrzahl von Lex (s. d.).

Leges agrariae (lat.), Ackergesetze, s. Agrargesetzgebung.

Leges barbaorum (lat.), s. Germanische Volksrechte.