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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Libellatici - Liberal

(s. Dodrans). Später war L. eine kleine Kupfermünze, welche dem Werte nach ein Zehntel des Sesterz (s. d.) betrug (etwa 2 Pf.). Übertragen wurde das Wort für einen ganz geringen Wert gebraucht, wie unser Heller.

Libellatici, s. Lapsi.

Libelle (lat-), Niveau oder Wasserwage, Instrument zum Bestimmen der horizontalen Richtung einer geraden Linie. Es beruht auf dem physik. Gesetz, daß die Oberfläche jeder ruhenden Flüssigkeit sich infolge der Schwerkraft stets von selbst horizontal, d. h. senkrecht zur Richtung der Schwerkraft einstellt. Von den nach diesem Grundsatz konstruierten Instrumenten, zu denen z. B. auch die Kanalwage (s. d.) gehört, bezeichnet, man meist nur zwei Arten mit dem Ausdruck L., nämlich die sog. Dosenlibelle oder das Dosenniveau (s. d.) und die Röhrenlibelle oder kurzweg L. Letztere besteht aus einer zylindrischen Glasröhre, die innen tonnenförmig ausgeschliffen und mit Äther oder Weingeist so weit gefüllt ist, daß nur eine kleine Luftblase bleibt. Die beiden Enden der Glasröhre sind durch eingekittete Glasstöpsel gut verschlossen und das Ganze in eine messingene Fassung gebracht, welche die L. mit derjenigen Linie (z. B. Fernrohrachse) in Verbindung bringt, deren Horizontalstellung bewirkt oder untersucht werden soll. Die Fassung ist oben (bei Reversionslibellen gleichzeitig auch unten) ausgeschnitten, so daß die Stellung der Luftblase in der Röhre beobachtet werden kann. Die jedesmalige Stellung der Blasenmitte zeigt den höchsten Punkt der Innenfläche an, und zur Beurteilung dieser Stellung ist die Glasröhre mit einer Teilung versehen (kalibriert). Die Röhrenlibelle bildet einen sehr wichtigen Teil der meisten Winkelmeß- sowie insbesondere der Nivellierinstrumente. Die Wasserwage der Maurer ist in Holz gefaßt und länger; oft ist in dem einen Ende des Holzkastens noch eine zur Hauptröhre senkrechte kleine Röhre eingelassen, um damit auch senkrechte Linien beurteilen zu können.

Libellen, Wasser- oder Seejungfern (Libellulidae oder Odonata), eine zu den Amphibiotica (s. d.) gehörige Geradflüglerfamilie, charakterisiert durch frei beweglichen Kopf mit sehr großen Netzaugen, kurzen, pfriemenförmigen Fühlern und sehr kräftigen, stark gezahnten Mundteilen; das kräftige Bruststück trägt vier gleich große und fast gleich gestaltete, glasartige, von einem dichten Adernetz durchzogene Flügel; der Hinterleib ist langgestreckt und elfgliederig. Der Körper ist häufig prächtig gefärbt, doch bei vielen Arten nur der der Männchen. Die L. halten sich am liebsten in der Nähe von Gewässern auf und verfolgen hier gewandten Fluges andere Insekten, von denen sie sich nähren. Ihre Eier lassen sie entweder ins Wasser fallen oder bringen sie in den Geweben von Wasserpflanzen unter. Die Larven leben im Wasser und nähren sich von Wasserinsekten und andern kleinen Wassertieren. Zum Einfangen ihrer Beute dient ihre sog. Fangmaske: ihre Unterlippe ist stark verlängert und am Ende mit einer kräftigen Zange versehen; sie kann weit vorgestreckt werden, wird aber in der Ruhe zusammengeklappt und bedeckt dann, einer Maske vergleichbar, den Kopf von unten. Die Larven atmen durch Kiementracheen (s. Tracheen), die entweder als drei längliche Blätter am Hinterleibsende befestigt oder in Form von drei Hautfalten im Enddarm geborgen sind. In letzterm Falle wird das Atemwasser in rhythmischer Bewegung durch den After eingezogen und ausgestoßen. Bekannte einheimische Arten sind die Wiesenlibelle (Libellula pratensis Müll., s. Tafel: Libellen, Fig. 1, und deren Larve und Puppenhülse, Fig. 3, 4, 8), der Plattbauch (Libellula depressa L., Fig. 2) mit flachgedrücktem Hinterleib, die Schmaljungfern (s. d.) oder Schneider, die Arten von Calopteryx, deren Männchen schön dunkelblaue oder dunkelblaugefleckte Flügel besitzen (s. Tafel: Zuchtwahl II, Fig. 1a, 1d), und die Schlankjungfern (s. d., Agrion) mit der häufigsten Agrion puella L. (s. Tafel: Libellen, Fig. 5-7 u. 9-12).

Libellenquadrant, eines der gebräuchlichsten Instrumente zur Bestimmung der Erhöhung eines Geschützrohrs, besteht gewöhnlich aus einer Röhrenlibelle (s. Libelle), die am einen Ende an einem dreieckigen Gehäuse befestigt ist, während das andere Ende auf einer Viertelkreiseinteilung dieses Gehäuses schleift. Wird dies Gehäuse an einer besonders dazu vorbereiteten Stelle, der Quadrantenfläche, aufs Rohr gesetzt und die Libelle sodann genau wagerecht gestellt, so kann man die Erhöhung des Rohrs unmittelbar von der Einteilung ablesen. Seit in neuester Zeit die Treffsicherheit der Geschütze so außerordentlich gesteigert ist, haben auch die L. vielfache Verbesserungen und Verfeinerungen erfahren. (S. Pendelquadrant, Richtbogen.)

Libelli pacis (lat.), s. Friedensbriefe.

Liber, altital. Gott,s. Dionysos (Bd. 5, S.330 a).

Liber (lat.), Buch; L. Extra, s. Extra.

Libera (lat., "erlöse"), Anfangswort und Bezeichnung eines in der kath. Messe vorkommenden, die siebente Bitte des Vaterunsers weiter ausführenden Gebetes.

Libera chiesa in libero stato (ital., spr. ki-), s. Freie Kirche im Freien Staate.

Liberal (lat.), eigentlich freigebig, billig, gütig, vorurteilslos, wird meist im polit. Sinne in der Bedeutung von freisinnig, nach Freiheit strebend, gebraucht. Als Parteiname kommt die Bezeichnung Liberale, im Gegensatz zu Servile (s. d.), zuerst in Spanien vor. Am gewöhnlichsten war die Anwendung dieses Ausdrucks in Deutschland, namentlich in der Zeit von den Befreiungskriegen bis zum J. 1848. Im preuß. Abgeordnetenhaus bezeichneten sich, im Gegensatz zur demokratischen Partei, die gemäßigt Liberalen als Altliberale. Später entstand die Fortschrittspartei (s. d.) und von dieser trennte sich 1866 die Nationalliberale Partei (s. d.). Aus der Verschmelzung der von der nationalliberalen Partei abgelösten Liberalen Vereinigung (s. Secessionisten) mit der Fortschrittspartei entstand die Deutsche freisinnige Partei (s. d.), die sich 1893 wieder in die Freisinnige Volkspartei und die Freisinnige Vereinigung spaltete. - In Österreich sind die liberalen Deutschen in der Vereinigten Deutschen Linken (s. d.) vertreten; in Ungarn bilden die Liberalen die offizielle Regierungspartei; für England s. Tory und Unionisten; in Frankreich stehen die gemäßigten Republikaner (s. Opportunisten und Union républicaine) zusammen mit den Radikalen den Monarchisten und Bonapartisten sowie den konservativen Republikanern (s. Konstitutionelle Rechte) gegenüber; in Italien bekennen sich fast alle, die überhaupt an dem polit. Leben teilnehmen, zu liberalen Grundsätzen, da nach dem Willen des Papstes den gläubigen Katholiken die Teilnahme an den Wahlen verboten ist. Streng geschiedene Parteien wie in andern Parlamenten giebt es daher in der ital. Deputiertenkammer