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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lingenthal - Linie (militärisch)

und Paris Rechtswissenschaft, trat 1840 in den Justizdienst und wurde 1845 in seiner Vaterstadt Rechtsanwalt. 1852-55 war er Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, wo er Mitbegründer der kath. Fraktion wurde. 1871 wurde er in den Reichstag gewählt, dem er seitdem ununterbrochen angehört und wo er als einflußreiches Mitglied des Centrums besonders für Arbeiterwohl, Verbesserung der Sonntagsruhe, Schutz der Auswanderer, sowie für ethische Zwecke eintritt. L. ist Geheimkämmerer des Papstes.

Lingenthal, Zachariä von, s. Zachariä von Lingenthal.

Lingerie (frz., spr. längsch'rih), Leinwand-, Weißzeughandel, Wäschegeschäft; Wäschkammer, Weißzeugkammer.

Lingg, Herm. Ludw. Otto, Dichter, geb. 22. Jan. 1820 zu Lindau am Bodensee, studierte in München, Berlin, Prag und Freiburg Medizin, war dann zwei Jahre Armenarzt in München, wurde 1840 Militärarzt und lebt, seit 1850 pensioniert, in München. L. bekundet überall ein Talent von eigentümlichem Gepräge, düsterm Kolorit und weiten weltgeschichtlichen Ausblicken. Der Ton der Ode und Hymne klingt aus allen seinen Poesien hervor. Mit seinen "Gedichten" (7. Aufl., Stuttg. 1871) wurde L. zuerst 1854 von Geibel in die Litteratur eingeführt. Ihnen folgten später zwei weitere Sammlungen "Gedichte" (Bd. 2, 3. Aufl., Stuttg. 1874; Bd. 3, ebd. 1870), ferner das dramat. Gedicht "Die Walkyren" (Münch. 1864; 2. Aufl. 1865), das Trauerspiel "Catilina" (ebd. 1864) und andere Dramen sowie eine umfangreiche epische Dichtung "Die Völkerwanderung" (in drei Büchern, Stuttg. 1866-68; 2. Aufl. 1892). Außerdem sind hervorzuheben: "Vaterländische Balladen und Gesänge" (Münch. 1809), ein Band Erzählungen in Versen: "Dunkle Gewalten" (Stuttg. 1872), "Schlußsteine" (Gedichte, Berl. 1878), "Byzant. Novellen" (ebd. 1881), "Von Wald und See" (Novellen, ebd. 1883), "Clytia. Eine Scene aus Pompeji" (Münch. 1883; 2. Aufl. 1887), "Högnis letzte Heerfahrt. Nordische Scene" (ebd. 1884), "Die Bregenzer Klause. Schauspiel" (ebd. 1887), "Furchen. Novellen" (Stuttg. 1889), "Jahresringe. Neue Gedichte" (ebd. 1889), "Der Herr des Feuers" (Drama, Münch. 1893).

Lingga-Inseln, s. Riau.

Lingonen, im Altertum ein kelt. Volk in Gallia Belgica, auf der flachen Wasserscheide zwischen der obern Saône und dem Ouellgebiet der Marne und Seine; ihr Hauptplatz war die Stadt Andematunnum, die im Mittelalter Lingones, bisweilen auch Langoinum hieß, jetzt Langres (s. d.). Mit ihnen hängen wohl zusammen die nach Oberitalien ausgewanderten L. in Gallia Cisoadana, am untern Laufe des Po, auf dem rechten Ufer des untern Po (nördlich vom Lande der Bojer).

Lingua (lat. und ital.), Zunge, Sprache; L. rustica (d. h. bäuerliche Sprache), die lat. Volkssprache, aus welcher die roman. Sprachen hervorgegangen sind (s. Romanische Sprachen); L. franca (eigentlich fränk, Sprache, nach der im Orient üblichen unterschiedslosen Bezeichnung der Westeuropäer als Franken), das verdorbene Italienisch, welches seinen Ursprung der Zeit der venet. und genues. Herrschaft in der Levante verdankt und dort als Verkehrsmittel zwischen der einheimischen Bevölkerung und den Europäern dient. L. Saxonica, s. Altsächsisch.

Linguaglossa, Stadt im Kreis Acireale der ital. Provinz Catania auf Sicilien, zum Teil auf dem Lavastrom des Ätna von 1566 erbaut, an der Ätna-Ringbahn, hat (1881) 10 421 E. L. soll nach dem groben Dialekt der Bewohner benannt sein.

Linguale (vom lat. lingua) oder Kakuminale, soviel wie Cerebrallaute (s. Laut, Bd. 10, S. 1019 a).

Linguatulina., s. Zungenwürmer.

Linguet (spr. länggeh), Sim. Nic. Henri, franz. Publizist, geb. 14. Juli 1730 zu Reims, studierte zu Paris die Rechte, wurde später Parlamentsadvokat und erregte durch seine Erfolge den Haß seiner Kollegen, so daß ihn das Parlament 1774 von der Liste der Sachwalter strich. Er gab nun das "Journal politique et littéraire" (1774-76; bis 1778 von La Harpe fortgesetzt) heraus, mußte jedoch wegen seiner scharfen Feder Frankreich verlassen. L. ging nach der Schweiz, dann nach England, wo er seine berühmten "Annales politiques, civiles et littéraires" (19 Bde., 1777-92) herausgab, die er später zu Brüssel fortsetzte. Als L. 1780 in Paris erschien, wurde er in die Bastille gesteckt und erst 1782 entlassen. Er floh nach London und schrieb die "Memoires sur la Bastille" (Lond. 1783; neue Aufl., Par. 1821). Bei den Verwicklungen Kaiser Josephs II. mit den Holländern schrieb L. die "Considérations sur l'ouverture de l'Escant" (Lond. und Brüss. 1784-85) und erhielt vom Kaiser ein Adelsdiplom; wegen seiner Angriffe auf die Nationalversammlung wurde er vom Revolutionstribunal zum Tode verurteilt und 27. Juni 1794 enthauptet. Seine Hauptwerke sind die Aufsehen erregende "Histoire du siécle d'Alexandre le Grand" (Amsterd. 1762", die "Histoire des révolutions de l'Empire romain" (2 Bde., Par. 1766), die "Théorie des lois civiles" (2 Bde., Lond. 1767; 3 Bde., Par. 1774) und die "Histoire impartiale des Jésuites (Madr. 1768; neue Aufl., Par. 1824).

Linguist (vom lat. lingua), Sprachforscher; Linguistik, Sprachwissenschaft (s. d.).

Lingula, s. Armfüßer.

Linguliflorae, Unterfamilie der Kompositen (s. d.).

Linie, in der Geometrie ein in die Länge Ausgedehntes ohne Breite und Dicke. Die L. sind gerade, gebrochen oder krumm (s. Kurve), in einer Ebene entfalten oder uneben. Die geraden L. nennt man L. der ersten, die krummen aber L. der zweiten oder einer höhern Ordnung, je nach der Anzahl von Punkten, die sie mit einer Geraden (Ebene) gemein haben. (S. Geometrie, Bd. 7, S. 814 a.)

Ballistische L., s. Flugbahn.

In der Geographie und Schiffahrtskunde versteht man unter L. den Erdäquator.

L. war früher auch ein Längenmaß, der zehnte oder zwölfte Teil eines Zolls; eine rheinländische oder preußische oder dänische L. (der 144. Teil eines rheinländ. Fußes) = 2,180 mm; eine alte Pariser L. (der 144. Teil eines Pariser Fußes) = 2,256 mm.

Linie, im militärischen Sinne: 1) Die dem militär. Verkehr vorzugsweise bei der Mobilmachung und zum strategischen Aufmarsch nach einem bestimmten Kriegsschauplatz zu dienenden großen Eisenbahnstrecken (Eisenbahnlinien). (S. auch Linienkommissionen, Friedeusleistungcn, Kriegsleistungen und Militärtransportordnungen.)

2) Die Geländestrecke, in der der Verteidiger dem Angreifer Widerstand zu leisten entschlossen ist (Verteidigungslinie). Die Kriegführung früherer Zeiten (von den ältesten Zeiten bis Ende des 18. Jahrh.) legte in der Verteidigung den sog. befestigten L. hohen Wert bei, d. h. sie sicherte eine