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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Linse (in der Optik)

wie die nachstehende Fig. 1 zeigt, auf den beiden gegenüberliegenden Seiten durch Teile von Kugel- (mitunter auch von Cylinder-) Oberflächen begrenzt wird. Je nachdem die erhabene Seite der Kugelfläche oder die hohle vertiefte nach außen gewendet ist, nennt man die Fläche eine konvexe oder eine konkave. Anstatt durch eine gekrümmte Fläche kann die eine Seite einer L. durch eine Ebene gebildet werden, also plan sein. Nach der Gestalt der beiden Seiten nennt man die L.: bikonvex (Fig. 1 a), wenn beide Seiten konvex; plankonvex (Fig. 1 b), wenn eine Seite plan, die andere konvex; konkavkonvex (Fig. 1 c), wenn die schwächer gekrümmte Seite konkav, die stärker gekrümmte konvex ist; bikonkav (Fig. 2 a), wenn beide Seiten konkav; plankonkav (Fig. 2 b), wenn eine Seite plan, die andere konkav ist; konvexkonkav (Fig. 2 c), wenn die konkave Fläche stärker gekrümmt ist als die konvexe.

^[Abb: Fig. 1. a b c]

^[Abb: Fig. 2. a b c]

Im allgemeinen bewirken L., die in der Mitte dicker sind als am Rande (Fig. 1), eine Konvergenz oder Sammlung paralleler Strahlen und heißen daher Sammellinsen oder Kollektivlinsen, während L., die in der Mitte dünner als am Rande sind (Fig. 2), parallele Strahlen divergent machen oder zerstreuen, daher sie Zerstreuungslinsen heißen. Konkavkonvexe L. (Fig. 1 c) haben wegen ihres mondsichelförmigen Querschnitts auch den Namen Menisken (Möndchen). Eine Gerade durch die Krümmungsmittelpunkte beider Linsenflächen heißt Achse der L.

Die auf eine Sammellinse parallel zur Achse auffallenden Lichtstrahlen vereinigen sich, nach ihrer Brechung, hinter der L. in einer eigentümlichen Fläche (s. Diakaustische Flächen und Linien), die in eine auf der Achse liegende Spitze, den sog. Brennpunkt (s. d.), ausläuft.

Man hat zwei Brennpunkte zu unterscheiden: den hintern, der den von vorn einfallenden, und den vordern, der den von hinten einfallenden Strahlen entspricht. Der Strahlengang (Fig. 3) wird verständlich, wenn man sich die L. in kleine Teile zerlegt denkt, die wie schwach ablenkende Prismen wirken. Die vereinigende Wirkung macht die Sammellinse als Brennglas geeignet. Ebenso wie Strahlen von einem weit entfernten axialen Punkt durch die L. nahezu in einem Punkt vereinigt werden, geschieht dies auch mit Strahlen, die von andern Punkten ausgehen. Alle Strahlen, die von einem weit entfernten Punkt außer der Achse kommen, werden in einem Punkt vereinigt, der in der senkrecht zur Achse durch den Brennpunkt gehenden Ebene, der Brennebene, liegt. In dieser Ebene entsteht ein Bild entfernter Gegenstände (Strahlengang beim Objektiv des Fernrohrs, s. d.). Das Verhältnis der wahren linearen Größe dieses Bildes zu der scheinbaren Größe des entsprechenden Gegenstandes (wahre Größe desselben dividiert durch die Entfernung) heißt die Brennweite der L.; dasselbe gilt von den Linsenkombinationen (s. d.); dieselbe ist bei einfachen dünnen L. nahezu gleich dem Abstande des Brennpunktes von der L.

^[Abb: Fig. 3]

Rückt der Gegenstand näher an die L. heran, so fallen die Strahlen mit stärkerer Divergenz auf die L. und können daher erst in größerer Entfernung hinter dem Brennpunkt vereinigt werden (Objektiv des Mikroskops, s. d.). Kommt der Gegenstand gar innerhalb des vordern Brennpunktes zu stehen, so können die Strahlen durch die L. nicht mehr konvergent gemacht werden, sie treten nur weniger divergent aus, als wenn sie von einem Punkt in größerer Entfernung vor der L. kämen. Dies ist der Fall bei der Lupe (s. d.) und dem Okular des Fernrohrs und des Mikroskops. Bei den Zerstreuungslinsen scheinen parallele Strahlen aus einem Punkte F (Fig. 4), dem sog. virtuellen Brennpunkte, zu kommen, den man erhält, wenn man die durch die L. divergent gemachten Strahlen nach rückwärts verlängert, bis sie sich auf der Achse schneiden. Zu Brillen (s. d.) dienen sowohl Sammel- als Zerstreuungslinsen.

^[Abb: Fig. 4]

Ist a die Entfernung des Gegenstandes vom vordern Brennpunkt der L., b die Entfernung des Bildes von dem hintern Brennpunkt, f die Brennweite, so ist ^[Formel], wonach sich in einfacher Weise zugehörige Gegenstands- und Bildörter bestimmen.

Die Vergrößerung, d. h. die Bildgröße durch die Objektgröße, ist ^[Formel]. Diese Formeln gelten für Sammel- wie Zerstreuungslinsen, desgleichen für Linsenkombinationen. Bezüglich der Unvollkommenheiten der Abbildung einer einzelnen L. und der Hebung dieses Mangels durch geeignete Linsenkombinationen s. d.

Die L. werden aus optischem Glas (s. Glas für wissenschaftliche Zwecke, Bd. 8, S. 44 a) hergestellt. Der aus dem Schmelztiegel entnommene Glassatz zerspringt bei der langsamen Abkühlung gewöhnlich in mehrere Stücke, die zunächst auf ihre optische Homogenität untersucht werden. Sind keine Schlieren vorhanden, widrigenfalls der Satz wieder eingeschmolzen werden muß, so prüft man das Glas darauf hin, ob es die der Berechnung der L. zu Grunde gelegten optischen Konstanten besitzt. Sind die Stücke für gut befunden worden, so werden sie "gesenkt" oder "ramouilliert", d. h. erweicht, in eine Form gedrückt und dann sehr vorsichtig abgekühlt, um innere Spannungen zu verhüten. Passende Stücke senkt man direkt in eine der spätern L. entsprechende Form. Sonst fertigt man größere ramouillierte Platten, zerschneidet dieselben in solche von der reichlichen Dicke der spätern L. und teilt die letztern Platten in quadratische Stücke, die mit der Bröckelzange zu runden Scheiben geformt werden. Das Zerschneiden eines größern ramouillierten Stückes geschieht durch Schneidmaschinen, bei denen gewöhnlich ein Stahlband, dessen Rand mit Schmirgelpulver bestrichen wird, nach Art einer