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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Lombardo - Loménie de Brienne

1859 die eigentliche Lombardei und sechs Distrikte der Provinz Mantua an Sardinien überlassen werden mußten, und dessen Rest, die venet. Provinzen Venedig, Udine, Belluno, Vicenza, Verona, Rovigo, Padua, Treviso nebst dem noch bei Österreich gebliebenen Teil der Provinz Mantua, im Wiener Frieden vom 3. Okt. 1866 an Italien kam.

Lombardo, eine Künstlerfamilie, die im 15. Jhdt. in Venedig, eine bedeutende Thätigkeit in der Baukunst und Bildnerei entwickelte. Das älteste Mitglied ist Martino L., der die Scuola di San Marco und vielleicht auch San Zaccaria baute. Ihm folgte Pietro L., dem eine Fülle der phantasievollsten, in zierlich reichem Geschmacke gestalteten Bauten, so der Palazzo Vendramin-Calergi (1481), Sta. Maria dei Miracoli (1484-89), die Torre dell' Orologio zugeschrieben werden. Als Bildhauer war er 1482 in Ravelina thätig, wo er die Grabkapelle Dantes und die zwei Säulen auf dem Marktplatze entwarf; später schuf er in Venedig das Grabmal des Dogen P. Mocenigo in San Giovanni e Paolo, das Bronzemonument des Kardinals Zeno in San Marco und einige Statuen in San Stefano. Mehrfach beschäftigte er bei seinen Arbeiten seine Söhne Antonio L. und Tullio L., von denen der letztere (1478-1559) durch verschiedene Arbeiten: das Grabmal des Giovanni Mocenigo in San Giovanni e Paolo, vier Engel in San Martino, Reliefs in San Antonio zu Padua u. a., besser bekannt ist. Endlich ist Sante L. zu nennen, der den Bau der Scuola di San Rocco leitete und dem eine Anzahl Paläste zugeschrieben werden.

Lombard-Street (spr. striht), Straße in der City von London, Sitz der großen Bankinstitute; daher im übertragenen Sinne Bezeichnung für den engl. Geldmarkt überhaupt. Der Name stammt von den lombard. Geldwechslern.

Lombardus, Petrus, Scholastiker, stammte aus Novara in der Lombardei, woher er seinen Zunamen erhielt. Seine Bildung erhielt er in Reims, danach in Paris, wohin Bernhard von Clairvaux ihn empfohlen hatte. Später trat er in Paris selbst als Lehrer der Theologie auf. Seit 1159 Bischof zu Paris, starb er 20. Juli 1160. In dem Werke "Sententiarum libri IV" (neueste Ausgabe von Vives, Par. 1892), das bis auf die Reformation ein fast klassisches Ansehen unter den Theologen hatte, stellte er die Aussprüche der Kirchenväter, besonders des Augustinus, über Dogmen unter gewissen Titeln zusammen, unter Hinzufügung der Einwendungen gegen dieselben und der Widerlegungen dieser Einwendungen durch kirchliche Autoritäten. Dieser dogmatischen Methode folgte die Schule der Sententiarier. L. stellte unter anderm die Theorie von den sieben Sakramenten auf und erhielt von seinem Hauptwerke den Namen "Magister sententiarum". Seine Schriften gab Aleaume (Löwen 1546; Antw. 1657), zuletzt Migne ("Patrologiae cursus", Par. 1839-54, Bd. 192) heraus. - Vgl. Protois, Pierre Lombard, son époque, sa vie, ses écrits, son influence (Par. 1881).

Lombardzinsfuß, s. Lombardgeschäft.

Lombok, niederländ.-ind. Insel, zu den kleinen Sunda-Inseln gehörig, wird im W. durch die Lomdokstraße, einer für Flora und Fanua wichtigen Scheidelinie, von Bali, im O. durch die Allasstraße von Sumbawa getrennt und bedeckt 5435 qkm. L. ist tertiär und vulkanisch und steigt von der Küste nach der Mitte, wo sich etwas nordöstlich der Berg Rindschani bis zu 4200 m Meereshöhe erhebt, amphitheatralisch auf. Doch hat die Insel auch fruchtbare, gut bewässerte Ebenen. Ochsen, Büffel und Pferde werden in großer Anzahl ausgeführt und teilweise gegen Reis eingetauscht. Die Bevölkerung, etwa 300 000 Seelen, aus brahmanischen Auswanderern aus dem östl. Java zur Zeit der Einführung des Islam daselbst im 15. Jahrh. entstanden, hat sich von der von Bali durch Aufnahme anderer ethnolog. Bestandteile, durch ihren Übertritt zum Mohammedanismus u. s. w. mehr entfernt. L. bildet mit Bali zusammen eine Residentschaft, mit der Hauptstadt Beliling (Buleleng) auf Bali. Haupthandelsplatz ist Ampenam in der Mitte der Westküste. Die Reede ist von geringer Tiefe, aber während des Ostmonsuns mittelgroßen Handelsschiffen zugänglich. Eine 1894 hier ausgebrochene Empörung wurde erst nach blutigen Kämpfen unterdrückt (s. Niederlande). Hierauf wurde L. unter einen eigenen Assistentresidenten gestellt. - Vgl. Schoemaker, Het verraad van L. (Haag 1895).

Lombroso, Cesare, ital. Mediziner und Anthropolog, geb. 1836 in Verona, studierte in Turin, wurde 1862 Professor der Psychiatrie in Pavia, hierauf Professor der gerichtlichen Medizin und Psychiatrie in Turin. 6r machte sich besonders bekannt durch seine experimentellen Untersuchungen und philos. Ideen über die Geisteskranken, die Verbrecher, die Prostituierten u. a., die jedoch bei Ärzten und Juristen Widerspruch fanden. (S. Kriminalanthropologie.) L.s Hauptwerke sind ins Deutsche übersetzt: "Klinische Beiträge zur Psychiatrie" (Lpz. 1869), "Der Verbrecher in anthropol., ärztlicher und jurist. Beziehung" (3 Bde., Hamb. 1887-95), "Der geniale Mensch" (ebd. 1890), "Der polit. Verbrecher und die Revolutionen" (mit R. Laschi, 2 Bde., ebd. 1891-92), "Das Weib als Verbrecherin und Prostituierte" (mit G. Ferrero, ebd. 1894), "Verbrecherstudien" (Lpz. 1894), "Der Antisemitismus und die Juden" (ebd. 1894), "Die Anarchisten" (Hamb. 1895). Auch die Pellagra machte L. zum Gegenstand seiner Untersuchungen ("Trattato della pellagra", Tur. 1892).

Lomé, aufblühender Hafenplatz in Nordwestafrika, in der deutschen Kolonie Togo, an der Grenze der engl. Goldküste, mit 1500 E. und 300 Häusern, Kokosplantagen, 14 Faktoreien und Postagentur. Eine Straße nach Misahöhe und Kpandu ist im Bau begriffen (1893).

Lomellina, vor 1859 Provinz des Königreichs Sardinien, jetzt Bezirk Mortara in der ital. Provinz Pavia; darin der Ort Lomello an der Linie Alessandria-Pavia mit (1881) 3247 E.

Loménie de Brienne (spr. -nih de brĭénn), Etienne Charles de, franz. Kardinal und Minister, wurde 1727 zu Paris geboren, wurde 1760 Bischof zu Condom und 1763 Erzbischof zu Toulouse. 1766 ernannte ihn der Hof zum Mitglied der Kommission, die mit der Reform der religiösen Orden beauftragt war. In dieser Eigenschaft hob er viele Klöster und ganze Orden auf; 1770 ward er Mitglied der Akademie. In der Versammlung der Notabeln von 1787 half er Calonne stürzen. Obwohl charakter- und sittenlos, wurde er durch Marie Antoinettes Einfluß zum Nachfolger Calonnes als Generalkontrolleur der Finanzen erhoben (1. Mai 1787). L. versuchte mit den auf Turgot zurückgehenden letzten Vorschlägen Calonnes bei den Notabeln durchzudringen, jedoch ohne Erfolg; er brachte die Edikte vor das Parla-^[folgende Seite]