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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ludwig

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Ludwig XVI. (König von Frankreich)

schloß, verwickelte Spanien nur in die franz. Niederlagen und Verluste.

Der König, der nun mit diplomat. Agenten vom Schlage des Chevalier d'Eon (s. Eon de Beaumont) ein inhaltsloses Spiel hinter dem Rücken seiner Minister trieb, blieb bei alledem in Trägheit versunken. Selbst ein Mordversuch, den 1757 ein Fanatiker, Damiens, auf ihn machte, konnte ihn nicht emporreißen. Mehr bewegte ihn der Kampf der von jansenistischen Sympathien erfüllten Parlamente gegen die Jesuiten. Choiseul, der seit Aug. 1758 erster Minister war und im Sinne der Aufklärung vergebliche allgemeinere Reformanläufe vornahm, hielt sich anfangs neutral; das starre Verhalten des Ordensgenerals Ricci veranlaßte ihn jedoch Nov. 1764, den Orden für Frankreich aufzuheben. (S. Jesuiten, Bd. 9, S. 907 b.) Es war ein Sieg der Parlamente, mit denen gleichzeitig, in Finanz- und Verfassungsfragen, die Regierung unablässigen Streit führte. Unter Choiseul trat dieser Gegensatz zurück; unter dessen schroff absolutistischen Nachfolgern, die 1770 mit Hilfe der bigotten Gruppen und der Dubarry (s. d.) den Minister gestürzt hatten, unter Aiguillon (s. d.) und Maupeou (s. d.) ward er wieder brennend. Ein halber Staatsbankrott wurde 1770 erklärt; Maupeou eröffnete gleichzeitig gegen die parlamentarischen Ansprüche einen erbitterten Krieg, löste das Pariser Parlament auf, verbannte die Räte und setzte ein Interimsparlament und sechs Obergerichte ein. Diese Gewaltstreiche brachten die Nation in die heftigste Bewegung und steigerten den Zorn und die Verachtung gegen den Hof. L. hingegen, anstatt aus den Eingriffen Maupeous wenigstens die Früchte zu ziehen, widmete sich in der letzten Zeit gänzlich der Jagd und seinen Maitressen. Da er ernste Beschäftigungen scheute, griff er oft aus Langerweile zu den seltsamsten Zerstreuungen. Er druckte nicht nur Bücher, sondern wollte auch als der beste Koch in seinem Reiche gelten. Schon lange war er zufolge seiner Ausschweifungen mit einer geheimen Krankheit behaftet. In diesem Zustande bekam er durch ein junges Mädchen die Kinderblattern, an denen er 10. Mai 1774 starb. Die Nation freute sich über die Erlösung von einem durch Gemeinheit entehrten Despoten, und der Pöbel feierte sein Begräbnis durch Pasquille und Gassenlieder. Sein einziger Sohn war 20. Dez. 1765, seine Gemahlin 24. Juni 1768 gestorben. Ihm folgte sein Enkel Ludwig XVI. auf dem Throne.

Vgl. Lemontey, Histoire de la régence et de la minorité de Louis XV (2 Bde., Par. 1832); Tocqueville, Histoire philosophique du règne de Louis XV (2 Bde., 2. Aufl., ebd. 1847); Jobez, La France sous Louis XV (6 Bde., ebd. 1864-73); Barbier, Chronique de la régence et du règne de Louis XV (zuletzt, 8 Bde., ebd. 1866); Boutaric, Correspondance inédite de Louis XV sur la politique étrangère (2 Bde., ebd. 1866); Campardon, Madame de Pompadour et la cour de Louis XV (ebd. 1868); Bonhomme, Louis XV et sa famille (ebd. 1873); Broglie, Le secret du roi (2 Bde., neue Ausg., ebd. 1879); Pajol, Les guerres sous Louis XV (7 Bde., ebd. 1881-91); Carré, La France sous Louis XV (ebd. 1891).

Ludwig XVI., August, König von Frankreich (1774-92), geb. 23. Aug. 1754 zu Versailles als der dritte Sohn des Dauphin Ludwig aus der Ehe mit Marie Josephe von Sachsen, führte anfangs den Titel eines Herzogs von Berry, wurde aber nach dem Tode seiner ältern Brüder und seines Vaters (1765) Dauphin. Obschon in der Atmosphäre des verdorbenen Hofs erzogen, bewahrte er einfache, reine Sitten, zeigte Rechts- und Pflichtgefühl, haßte den Luxus und hatte ein warmes Herz für die arbeitenden Klassen. Am 16. Mai 1770 vermählte er sich mit Marie Antoinette, der Tochter der Kaiserin Maria Theresia. Bei einem Feuerwerk, das die Stadt Paris zur Feier dieses Ereignisses veranstaltete, entstand ein Gedränge, in dem Tausende beschädigt, 300 getötet wurden. Der Prinz that alles nur Mögliche und wies viele Monate seine Apanage an, um die Verunglückten zu unterstützen. Nach dem 10. Mai 1774 erfolgten Tode seines Großvaters Ludwigs XV. trat L. unter den größten Hoffnungen die Regierung an, doch noch vor der Krönung zu Reims, 11. Juni 1775, sah er schon die Schwierigkeiten seiner Stellung wachsen. Die unheilvolle Lage des Staates (s. Frankreich, Bd. 7, S. 89 fg.) und die zerrütteten Finanzen forderten dringend durchgreifende Reformen, die Turgot, der 23. Aug. 1774 zum Contrôleur général des finances berufen war, energisch in Angriff nahm. L. war schwach genug, ihn den Angriffen seiner Gegner, zu denen auch die Königin gehörte, zu opfern und 12. Mai 1776 zu entlassen. Auch Neckers, Calonnes und Loménies Versuche, die Finanzen zu ordnen, scheiterten, und L. sah sich endlich veranlaßt, durch ein Edikt vom 8. Aug. 1788 die Generalstände auf 1. Mai des nächsten Jahres zu berufen. Wenige Wochen darauf, 26. Aug., dankte Loménie de Brienne ab, und Necker trat sein zweites Ministerium an.

Am 5. Mai 1789 wurden die Generalstände in Versailles eröffnet; der dritte Stand erklärte sich als Vertretung der Nation und erzwang die Anerkennung einer konstituierenden Nationalversammlung. Der König, beständig schwankend, war dabei ein willenloses Werkzeug der Parteien. Necker wurde 11. Juli entlassen, es folgte der Bastillensturm 14. Juli, worauf L. sich 17. Juli nach Paris begab und die Errichtung der revolutionären Autoritäten und der Nationalgarde bestätigte. Necker wurde zurückgerufen und eine Verfassung entworfen. Über den Artikel des suspensiven oder absoluten Vetos geriet die Krone mit der Nationalversammlung im September in Konflikt. Bei einem Fest der Gardes du Corps, das 1. Okt. in Versailles stattfand und an dem der König teilnahm, kam es zu royalistischen Kundgebungen. Auf die Kunde hiervon rotteten sich am Morgen des 5. Okt. in der Hauptstadt wütende Haufen zusammen und zwangen den König, am folgenden Tage nach Paris überzusiedeln; die Nationalversammlung nahm seit dem 19. Okt. ebenfalls ihren Sitz in Paris.

L. schien alle Willenskraft verloren zu haben; er bestätigte alle Beschlüsse der Nationalversammlung und nahm 14. Juli 1790 an dem Föderativfeste teil. Eine Rettung schien sich ihm in der Verbindung mit Mirabeau zu bieten; doch vereitelte dessen Tod (2. April 1791) auch diese Hoffnung, und L. suchte nun mit Hilfe des Marquis von Bouillé und des Grafen von Fersen in der Nacht vom 20. zum 21. Juni 1791 mit seiner Familie aus Paris zu entfliehen. Er war bereits bis nach Varennes gelangt, als der Postmeister Drouet (s. d.) ihn erkannte und festhalten ließ. In der Begleitung einer aufgeregten, nach Tausenden zählenden Menge trat L. die Rückreise nach Paris an. Nachdem ihm hier die Nationalversammlung die Krone, die sie ihm 24. Juni abgesprochen,