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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Luzerne

Haunbergsche Panorama (Übertritt der Bourbakischen Armee in die Schweiz) vom Grafen Malar Castres, das Stauffersche Museum ausgestopfter Alpentiere und der berühmte Löwe von L., 1821 zum Gedächtnis der 10. Aug. 1792 bei der Verteidigung der Tuilerien in Paris gefallenen Schweizergarden (26 Offiziere, 760 Soldaten), nach Thorwaldsens Modell von dem Bildhauer Ahorn aus Konstanz in die Felswand (eine 14 m lange, 8 m hohe Grotte) eingehauen; neben dem Denkmal der "Gletschergarten", mit Strudellöchern, erratischen Blöcken und Gletscherschliffen, 1872 aufgefunden. Von Unterrichtsanstalten bestehen eine höhere Lehranstalt, bestehend aus Kursus für Theologie, Lyceum, Gymnasium, Realschule mit technischer und Handelsabteilung, Kunstgewerbeschule, gewerbliche Fortbildungs- und Musikschule. Die Stadt erhält ihr Wasser durch eine 22,5 km lange Leitung aus Quellen am Pilatus.

L. ist trotz seines Produkten- und Transithandels (Gotthardbahn) und mancherlei Industrie (Seidenspinnerei, Eisenwarenfabrikation u. s. w.) weder Handels- noch Fabrikstadt. Dank seiner Umgebung, seinem milden Klima (Jahresmittel 10,5° C.) und seiner herrlichen Lage, ist L., namentlich seit Eröffnung der Gotthardbahn, Mittelpunkt des schweiz. Fremdenverkehrs. (Vom 1. Mai bis 15. Okt. 1895 beherbergten die 66 Gasthöfe und Pensionen mit zusammen 4600 Betten 101 654 Fremde.) 14 Personendampfer, darunter 10 elegante Salon- und Halbsalonschiffe, besorgen den Verkehr auf dem Vierwaldstätter See mit über 1 Million Passagieren jährlich (1895: 1 689 866 Passagiere). Die schönsten Aussichtspunkte der Umgebung sind: die Höhen von Allenwinden, Wesemlin (Kapuzinerkloster), Drei Linden und Dietschenberg (Kleiner Rigi) auf dem rechten Ufer, der Sonnenberg und der Gütsch, nach dem eine Drahtseilbahn führt, auf dem linken; in der weitern Umgegend der Rigi (s. d.) und der Pilatus (s. d.).

Geschichte des Kantons und der Stadt. L. erscheint zuerst als Stadt im 11. Jahrh. unter der Herrschaft von Murbach und ging 1291 an die Habsburger über. Nachdem L. sich schon um 1247 mit den Waldstätten vorübergehend verbunden hatte, trat es 1332 für ewige Zeiten dem Bunde bei; mit den Waldstätten vereint, erstritt es 1386 in der Schlacht von Sempach seine Freiheit endgültig. Durch Eroberung und Kauf, namentlich durch die Erwerbung des Entlebuches (s. d.), der Grafschaft Willisau, des Amtes Sursee u. s. w. vergrößerte sich allmählich sein Gebiet. Es erwarb Anteil an den "Gemeinen Herrschaften" im Aargau, Thurgau, Tessin u. s. w. Die Reformation fand in L. keinen Eingang, vielmehr stand der Kanton in den Religionskriegen (1531, 1656 und 1712) an der Spitze der kath. Orte, berief schon 1574 die Jesuiten, trat 1586 dem Borromeischen oder Goldenen Bund zur Schirmung des kath. Glaubens (s. Borromeo) bei und war 1579-1874 Sitz des päpstl. Nuntius bei der schweiz. Eidgenossenschaft. Die ursprünglich mehr demokratische Verfassung des Staatswesens ging im 16., 17. und 18. Jahrh. in eine aristokratische über; die patricischen Geschlechter führten die Herrschaft über das Land, und die Härte, mit welcher sie regierten, führte in L. wie in Bern, Basel und Solothurn 1653 zum Bauernkriege, welcher mit der blutigen Unterwerfung des Landvolks endete. 1798 wurde L. ein Kanton der Helvetischen Republik und die Stadt L. Hauptstadt der Republik. Nach der Einführung der Mediationsakte (1803) war L. wieder ein souveräner Kanton der Schweiz und mit andern Orten zusammen abwechselnd Vorort, d. h. Sitz der Tagsatzung. 1815 bemächtigte sich die alte Aristokratie wieder der Herrschaft, 1829 fand eine partielle liberale Reform statt. 1830 folgte der entschiedene Umschwung, indem eine neue repräsentativ-demokratische Verfassung vom Volke angenommen wurde, welche indessen schon 1841 wieder zu Gunsten des Klerus und des diesem ergebenen Landvolks abgeändert wurde. 1844 berief L. die Jesuiten, und 1845 stellte es sich an die Spitze des Sonderbundes. Zwei Aufstandsversuche der liberalen Partei scheiterten, und ebenso erfolglos blieben die zu ihrer Unterstützung unternommenen Freischarenzüge aus den liberalen Kantonen (s. Schweiz). Nach dem Gefecht von Gislikon, 23. Nov. 1847, kapitulierte die Stadt und wurde von eidgenössischen Truppen besetzt. Im J. 1848 wurde durch eine neue Verfassungsrevision die Preßfreiheit wiederhergestellt und die Vorrechte des Klerus aufgehoben. Diese Verfassung blieb in Kraft bis 1875, wo durch eine Totalrevision das Veto gegen mißliebige Gesetze und Finanzdekrete eingeführt und damit der Übergang von der repräsentativen zur reinen Demokratie eingeleitet wurde. Während nach der Auflösung des Sonderbundes die liberale Partei in L. die Oberhand gewann und bis 1870 behielt, ergaben die Wahlen in den Großen Rat ein allmähliches Anwachsen der konservativen und ultramontanen Opposition, die endlich so stark wurde, daß sie 1871 die Mehrheit erhielt. Seither ist der Kanton durchaus wieder im ultramontan-konservativen Fahrwasser; bei den Abstimmungen über die Revision der Bundesverfassung 1872 und 1874 stand er mit großer Majorität auf der Seite der Verwerfenden. 1890 fand eine partielle Verfassungsrevision statt, mit neuen Bestimmungen über Referendum, Initiative u. s. w. 1892 bekam L. seinen ersten Vertreter im Bundesrate.

Vgl. Pfyffer, Geschichte der Stadt und des Kantons L. (2 Bde., Zur. 1850-52); Segesser, Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Republik L. (4 Bde., Luzern 1850-58); Pfyffer, Der Kanton L. (2 Tle., St. Gallen 1858-59); von Liebenau, Das alte L. (Luzern 1881-82); Heer, Führer für L. (5. Aufl., ebd. 1896); Wapf, Das Wirtschaftsleben der Stadt L. (neu hg. von Guyer-Freuler, Zür. 1895); Führer für L., Vierwaldstätter See und Umgebung (hg. von der offiziellen Verkehrskommission L., 4. Aufl., Luzern 1895).

Luzerne (Medicago sativa L.), auch ewiger Klee, Monatsklee, Spargelklee, burgundisches Heu genannt, geschätzte Futterpflanze, eine Art der Gattung Medicago (s. d.), hat verkehrt länglich-eirunde, ausgerandete, stachelspitzige, oben gezähnte Blättchen, deren drei ein Blatt bilden, und im blühenden Zustande ährenähnliche Köpfe mit violett schattierten Blüten. Die L. stammt aus dem Orient, wo sie das am allgemeinsten kultivierte Futterkraut ist, und kam erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. nach Deutschland; jetzt wird sie hier sowie im südl. Frankreich, in Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Nordafrika und in Nord- und Südamerika (unter dem Namen Alfaffa) in großer Ausdehnung angebaut. Sie verträgt Hitze und Trockenheit, da sie tiefgehende Wurzeln hat, liefert ein zeitiges Grünfutter im Frühjahr und giebt zwei bis drei, in Südeuropa bei gehöriger Bewässerung sogar bis sechs Schnitte. Auf passendem Standort hält die L. bis zu 25 Jahren auf dem-^[folgende Seite]