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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Michaelisfest - Michelangelo

gericht zu Paderborn ein. 1849 wegen Preßvergehens angeklagt, wurde er zwar freigesprochen, aber aus dem Justizdienst entlassen. M. siedelte nach Berlin über, wurde 1851 Redacteur des volkswirtschaftlichen Teils der "National-Zeitung", war 1858 in Gotha Mitbegründer des Kongressen Deutscher Volkswirte und gab seit 1863 im Verein mit Faucher (s. d.) die "Vierteljahrsschrift für Volkswirtschaft und Kulturgeschichte" heraus. 1861 wurde M. in das preuß. Abgeordnetenhaus, 1867 auch in den Norddeutschen Reichstag gewählt, wo er sich der nationalliberalen Partei anschloß; er legte seine Mandate nieder, als er im Aug. 1867 in das neu errichtete Bundeskanzleramt als vortragender Rat berufen wurde. 1876 wurde M. Direktor der Finanzabteilung im Reichskanzleramt. Als 1879 Bismarck seine Wirtschaftspolitik änderte, wurde M. als Vorsitzender in die Verwaltnng des Reichsinvalidenfonds versetzt. Er starb 9. Dez. 1890 zu Berlin. M. hat an der Modifizierung der Gewerbeordnnng, des Münz- und Bankgesetzes den wesentlichsten Anteil gehabt. Seine "Volkswirtschaftlichen Schriften" erschienen in Answahl (Bd. 1 u. 2, Berl. 1873).

Michaelisfest, s. Michael (Engel).

Michaelsorden, bayr. Verdienstorden vom heil. Michael, 29. Sept. 1693 von dem Kurfürsten von Köln, Joseph Clemens, Herzog von Bayern, als Ritterorden gestifet, 16. Febr. 1837 von König Ludwig I. in einen Verdienstorden umgewandelt, zerfällt in fünf Klassen: Großkreuze, Großkomture, Commandeure und Ritter 1. und 2. Klasse. Das Ordenszeichen besteht in einem achtspitzigen, blau emaillierten goldenen Kreuze, dessen vier Arme die Buchstaben P(rincipi) F(idelis) F(avere) P(atriae) tragen und in dessen Mitte das von Blitzstrahlen rings umgebene Bild des heil. Michael in kriegerischer Rüstung erscheint. Das Band ist dunkelblau mit zwei rosa Streifen.

Michaels- und Georgsorden, engl. Orden, 12. Aug. 1818 besonders für Malta, zunächst auch für die Ionischen Inseln gestiftet, mit 5. April 1826 sowie 17. Okt. 1832 veränderten und 31. Jan. 1851 etwas erweiterten Statuten, zerfällt in drei Klassen, Großkreuze, Commandeure und Ritter. Das Ordenszeichen besteht in einem siebenarmigen, weiß emaillierten Kreuz, dessen rundes Mittelschild innerhalb blauen Randes mit der Umschrift "Auspicium melioris aevi" das Bild des heil. Michael auf dem Teufel stehend, auf dem Revers den heil. Georg zeigt. Das Band ist blau mit einem roten Mittelstreifen. Der Stern des Großkreuzes ist silbern, belegt mit einem roten, goldbordierten Kreuz, darauf das Mittelschild des Ordens. (S. Tafel: Die wichtigsten Orden II, Fig. 12.)

Michajlowskaja Staniza, Flecken im Bezirk Choper des russ. Gebietes der Donischen Kosaken, links am Choper, von Seen umgeben, hat (1892) 20 943 E., 2 Kirchen und 3 Jahrmärkte.

Michatoyat (spr. mitscha-), Abfluß des Amatitlansees (s. Amatitlan).

Michaud (spr. -schoh), Joseph, franz. Historiker, geb. 19. Juni 1767 zu Albens in Savoyen, erhielt seine Bildung in Bourg-en-Bresse und kam 1790 nach Paris. Durch seine Journalartikel machte er sich den Republikanern so unbequem, daß das Todesurteil über ihn gesprochen wurde; doch wirkten seine Freunde die Aufhebung dieses Urteils aus. 1797 war er Redacteur der royalistischen "Quotidienne" und wurde zur Verbannung nach Cayenne verurteilt. Er flüchtete nach dem Jura, wo er sein berühmtes satir. Gedicht "Le printemps d'un proserit" (Par. 1803; vermehrt, 8. Aufl. 1827) schrieb. Nach dem 18. Brumaire kehrte er nach Paris zurück, wurde 1814 Mitglied der Französischen Akademie und starb 30. Sept. 1839 in Passy. Seine vorzüglichsten Werke sind: "Histoire des progrès et de la chute de l'empire de Mysore sous le règne d'Hyder-Aly et de Tippoo - Saib" (2 Bde., Par. 1801), die "Histoire des croisades" (7 Bde., ebd. 1812 - 22; neue Aufl., 2 Bde., ebd. 1877; deutsch von Ungewitter, 7 Bde., Quedlinb. 1827-32) und das bibliogr. Werk "Bibliothèque des croisades" (4 Bde., Par. 1829; 6. Aufl., von Poujoulat, 6 Bde., 1840-41; 7. Aufl., von Huillard-Bréholles, 4 Bde., 1854). Mit seinem Bruder Louis Gabriel M. (geb. im Jan. 1773, gest. 20. März 1858) und Giguet hatte M. eine Buchdruckerei und Verlagshandlung angelegt. Zu ihren vorzüglichsten Unternehmungen gehörte die "Biographie universelle ancienne et moderne" (mit Suppl., 85 Bde., 1811-62; 2. Aufl., 45 Bde., Par. 1842 - 65). Seinem Haß gegen Napoleon gab M. Ausdruck in seiner "Histoire de 15 semaines, ou le dernier règne de Bonaparte" (Par. 1815), die 27 Auflagen erlebte. Die "Correspondance d'Orient" (7 Bde., Par. 1833 - 35), ein Ergebnis seiner Reise nach Afrika und Kleinasien, und die "Collection de mémoires pour servir à l'histoire de France depuis le XIII^{e} siècle" (33 Bde., 1836 - 44) gab er mit Poujoulat heraus.

Michel, die volkstümliche Abkürzung des Namens Michael, die in keinem Zusammenhang mit dem altdeutschen Worte "michel", d. i. stark, groß, steht. Dem deutschen M. sagt man Schwerfälligkeit und gutmütige Unklugheit nach, um in ihm die Verkehrtheiten der deutschen Nation in ähnlicher Weise zu personifizieren, wie dies die Engländer in ihrem John Bull, die Nordamerikaner in ihrem Bruder Jonathan thun.

Michel, Sankt, s. Sankt Michel.

Michel (spr. -schell), Louise, franz. Anarchistin, geb. 1836 auf Schloß Vroucourt (Haute-Marne) als uneheliche Tochter des Besitzers, erhielt eine gute Erziehung, so daß sie das Lehrerinnenexamen bestehen und in Paris eine Schule gründen konnte. Als 1871 die Commune die Regierung ergriff, trat sie als agitatorische Kraft für diese auf, was ihr später die Deportation nach Neucaledonien zuzog. Nach der Amnestieruug kehrte sie 1880 nach Paris zurück. Sie wurde 23. Juni 1883, weil sie zur Plünderung von Bäckerläden aufgefordert hatte, zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, im Mai 1885 von der Regierung begnadigt, wies aber die Begnadigung zurück. 1886 gab sie ihre Memoiren heraus. Als die franz. Anarchisten für den 1. Mai 1890 eine Kundgebung planten, hielt sie kurz zuvor aufreizende Vorträge zu Lyon, wurde eine Zeit lang als geistesgestört im Irrenhaus zu Vienne festgehalten, lebte darauf in London, kehrte aber 1895 wieder nach Paris zurück.

Michelangelo (spr. mikelandschelo), eigentlich Michelangelo Buonarroti, ital. Bildhauer, Maler und Architekt, überhaupt einer der größten Künstler aller Zeiten, geb. 6. März 1475 zu Caprese, erlernte die Malerei seit 1488 bei Domenico Ghirlandajo, dem damals ausgezeichnetsten Meister von Florenz, studierte daneben aber die antiken Skulpturen im Garten der Medici bei San Marco. Lo-^[folgende Seite]