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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Milchverfälschung; Milchwage; Milchwein; Milchweiß; Milchwirtschaft; Milchzähne; Milchzeichen; Milchzucker

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Milchverfälschung - Milchzucker

ersehen. Ihre Breite ist sehr verschieden und wechselt zwischen 3½ und 22°; in vielen Gegenden erscheint sie dem bewaffneten Auge um 6-7° breiter als dem unbewaffneten. Schon Demokrit soll von der M. die richtige Ansicht gehabt und dieselbe aus dem vereinigten Glänze unzähliger Fixsterne erklärt haben. Dieselbe Behauptung sprach Galilei bald nach der Erfindung der Fernrohre mit Bestimmtheit aus; aber erst William Herschel vermochte durch seine vortrefflichen Instrumente die M. wirklich in einzelne Sterne aufzulösen. Kant machte bereits um die Mitte des 18. Jahrh. darauf aufmerksam, daß sie, wenn anders Galilei recht habe, auf eine ungleiche Verteilung der Sterne im Weltraume schließen lasse. Die Ansicht wurde durch Herschels Beobachtungen vollkommen bestätigt, und gegenwärtig sind die meisten Astronomen der Meinung, daß die M. nichts anderes als eine linsen- oder vielleicht auch ringförmige, an einer Stelle in zwei Teile gespaltene Sternschicht sei, in deren Mitte oder nahe bei derselben unser Sonnensystem sich befinde. So erklärt sich ganz ungezwungen, warum die Sterne immer dünner gesät zu sein scheinen, je weiter sich unser Auge von der M. entfernt. Den in Mitteleuropa sichtbaren Teil der M. hat Heis in seinem Himmelsatlas: "Atlas coelestis novus" (Köln 1872), sowohl der Ausdehnung als auch der Helligkeit nach möglichst genau verzeichnet. - Vgl. Easton, La voie lactée dans l'hémisphére boréal (Par. 1893).

Milchverfälschung, s. Milch (S. 876 b).

Milchwage, Lactodensimeter, ein Aräometer zum Bestimmen des specifischen Gewichts der Milch behufs ihrer Prüfung. Die auf der Skala angegebenen Zahlen 20-40 entsprechen dem spec. Gewicht 1,020 bis 1,040 und heißen "Milchgrade". Ein Milchgrad drückt mithin die Anzahl Gramme aus, um welche ein Liter Milch schwerer ist als ein Kilogramm.

Milchwein, soviel wie Kumys (s. d.); moussierender M., s. Kefir.

Milchweiß, soviel wie Annaline (s. d.).

Milchwirtschaft, Meierei, im engern Sinne die vornehmlich auf Milchnutzung gerichtete Viehhaltung, welche bei verhältnismäßig geringen Betriebskosten einen raschen Geldumsatz gestattet; im weitern Sinne rechnet man zur M. auch die Verarbeitung der selbst gewonnenen oder gesammelten Milch auf Butter und Käse, das eigentliche Molkereiwesen (s. d.). Während in letzterm ein besonderer Wert auf hohen Gehalt und gute Beschaffenheit der Milch gelegt wird, begnügt man sich beim Verkauf der Milch zum direkten Konsum meistens mit den ortsüblichen polizeilichen Anforderungen. In den Milchviehhaltungen in den Städten selbst oder in der Nähe derselben trachtet man deshalb, möglichst milchergiebige neumelke Kübe zu halten, und wenn die Milchergiebigkeit nachläßt, durch andere zu ersetzen. Im allgemeinen ist der Gehalt, also der wahre Wert der Milch um so niedriger, je größer die ermolkene Milchmenge ist; in der Stadt wird die Milch aber nicht nach ihrem Gehalt, sondern nach der Anzahl Liter bezahlt. Die Milchleistung ist individuell; manche Rassen und Schläge zeichnen sich indes durch besondere Milchergiebigkeit aus; so erzielt man von den Niederungsrassen (Holländer, Oldenburger) und dem einfarbigen Gebirgsvieh (Schwyzer, Allgäuer) Jahreserträge von 3000 bis 4000 l. Sehr hohe Milcherträge (es wurden bis zu 8000 l beobachtet) erscheinen als krankhafte Zustände; solche Tiere sind wenig widerstandsfähig gegen Krankheiten, und dadurch sind der Zucht auf Milchleistung, die bis zu einem gewissen Grade ihre volle Berechtigung hat und eine größere Beachtung verdient, ihre natürlichen Grenzen gesetzt. Ein hoher Wassergehalt des Futters (Grünfutter, Rüben, Schlempe u. s. w.) und eine warme Verabreichung desselben oder des Tränkwassers, reichliche Gaben von Salz, welches die Tiere zu größerer Wasseraufnahme anregt, befördert die Menge und erniedrigt den prozentischen Gehalt der Milch. Medikamente und Geheimmittel, die zur Erhöhung des Milchertrags angepriesen werden, haben keinen Wert. Durch fleißiges, sorgfältiges Melken der jungen Kühe können dieselben zu größerer Milchleistung erzogen werden. Die sog. Milchzeichen (weiches, kräftig ausgebildetes Euter, großer Milchspiegel, feiner Schwanz, Knochenbau, Haarwuchs u. s. w.) lassen nicht mit Sicherheit auf gute Milcherträge schließen, sind aber nicht ganz von der Hand zu weisen. Arbeitsleistung (Zug) beeinträchtigt die Milchmenge. Die hygieinischen Bedenken gegen die auf hohen Milchertrag gerichtete Fütterung und gegen die meist sehr mangelhafte Stallwirtschaft in den Städten sowie die Furcht vor der Tuberkulose haben zur Errichtung kostspieliger Kindermilchanstalten geführt, in welchen tierärztlich beaufsichtigte Kühe nur mit Trockenfutter ernährt werden dürfen; nachdem man heute mit der Bahn aus weiterer Umgebung der Städte bei gut geregelter polizeilicher Milchkontrolle gehaltreiche Milch beziehen und den Tagesbedarf im Hause selbst sterilisieren kann, hat sich diese Einrichtung so ziemlich überlebt. Auch schmeckt die Milch von Weidevieh besser als von Stallvieh. Die Milchversorgung der Städte und die polizeiliche Kontrolle des Milchhandels hat eine große hygieinische Bedeutung. - Vgl. Kurtze, Der Berliner Milchhandel (Berl. 1888); Martiny, Die Versorgung Berlins mit Vorzugsmilch (Brem. 1891); Fleischmann, Lehrbuch der M. (ebd. 1893); Milchzeitung. Organ für die gesamte Viehhaltung und das Molkereiwesen, hg. von Petersen (ebd., seit 1872).

Milchzähne, s. Zahn.

Milchzeichen, s. Milchwirtschaft.

Milchzucker, Laktose, Laktobiose (Saccharum lactis), C12H22O11 + H2O, ein Bestandteil der Milch der Säugetiere. Er wird im großen besonders in der Schweiz durch Verdampfen der vom Fett-und Käsestoff befreiten Kuhmilch, der süßen Molken und durch darauf folgende Krystallisation erhalten, worauf er durch wiederholtes Auflösen in heißem Wasser, Entfärben der Lösung durch Tierkohle und Krystallisieren gereinigt wird. Die Kuhmilch enthält gegen 5 Proz. M. Im Handel trifft man ihn teils in der Form von sog. Trauben, teils als Bodenstücke an. Ersteres sind Krystallaggregate, die sich an Stäbchen, die in die krystallisierende Flüssigkeit gehängt wurden, gebildet haben, letzteres Krusten, die am Boden und an den Wandungen der Krystallisiergefäße sich abgesetzt haben; häufig gewinnt man ihn auch durch gestörte Krystallisation als mikrokristallinisches Pulver. Er ist in Alkohol und Äther gar nicht und in Wasser schwerer als der Rohrzucker löslich; auch ist er härter. Der M. besitzt einen schwachen, aber angenehm süßen Geschmack und hat die Eigenschaft, manche Metalle (Kupfer, Silber, Quecksilber) aus ihren Lösungen zu reduzieren. Man verwendet daher zuweilen seine