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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Milz; Milzbrand

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Milz - Milzbrand

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Milwaukee'

5 Waisenhäuser, 6 Krankenhäuser, Altersversicherungsanstalten u. s. w. Das deutsche Element spielt eine große Rolle; zahlreich sind Turn-, Gesang- und Schützenvereine. Auch besteht ein deutsch-amerik. Lehrerseminar und eine Anzahl deutscher Zeitungen und Zeitschriften wie «Herold» und «Deutsche Warte». Dem Getreidehandel dienen gewaltige Elevatoren; auch der Handel mit Holz und vielem andern ist beträchtlich. Bei der Nähe der nördl. Eisenerzregion hat sich die Eisengießerei und der Maschinenbau stark entwickelt (Illinois Steel Company, Reliance Iron Works). Die großen Brauereien (z. B. Pabst, Schlitz) bilden einen speciell deutschen, wichtigen Industriezweig. Hervorzuheben sind noch Gerberei, Strickwarenfabrikation, Getreidemühlen, Brennerei und Großschlächterei.

Milz (Lien oder Splen), die große Blutdrüse der Wirbeltiere, welche in der linken Seite des Unterleibes im linken Hypochondrium unterhalb der Rippen liegt, nach oben an das Zwerchfell, nach unten an den Grimmdarm und die linke Nebenniere, nach rechts an den Magen grenzt. (S. Tafel: Die Baucheingeweide des Menschen II, 8, Bd.2, S. 499a.) Sie ist halbeiförmig, länglichrund, an der nach außen gekehrten Seite leicht konvex, an der nach innen gerichteten leicht konkav, und hier treten an einem leichten Einschnitte (hilus lienalis) die Blut- und Lymphgefäße in die Drüse. Die M. besitzt beim erwachsenen Menschen eine Länge von 12, eine Breite von 8, eine Dicke von 3 bis 4 cm und ein Gewicht von 225 g. Mitunter befindet sich an ihrem untern Ende oder an ihrer innern Fläche noch eine kleinere kirschengroße Nebenmilz (lien succenturiatus), ja bisweilen werden eine größere Anzahl (bis zu 20) solcher Nebenmilzen beobachtet. Durch bandartige Streifen (Milzbänder) ist sie an das Zwerchfell und den Magen angeheftet. Überzogen wird die M. von einer Falte des Bauchfells, der sog. Milzkapsel. Ihr Gewebe ist in verschiedenen Nuancen blaurot bis bräunlichrot und besteht aus einem festen bindegewebigen Gerüstwerk (stroma), in dessen Maschenräumen das eigentliche Drüsengewebe der M., die sog. Milzpulpa, eingeschlossen liegt, die aus einem sehr feinen retikulären Fasernetz und zahllosen eigenartigen weißen Körperchen, den sog. Milzbläschen oder Malpighischen Körperchen zusammengesetzt ist; letztere stimmen hinsichtlich ihres feinern Baues mit den einfachsten Lymphdrüsen (s. d.), den sog. Follikeln, überein.

Die Funktionen der M. bestehen hauptsächlich in der Neubildung von Lymphkörperchen, die in den Blutstrom übergeführt und hier in rote Blutkörperchen umgewandelt werden; daneben findet in der M. auch wahrscheinlich ein massenhafter Untergang älterer und unbrauchbar gewordener roter Blutkörperchen statt. (S. Lymphe.) Doch scheint das Organ für das Leben selbst nicht die hohe Bedeutung zu haben wie andere Drüsen (Leber, Nieren); denn man kann Tieren die M. ausschneiden, ohne daß diese in ihrer Thätigkeit und ihrem Befinden beeinträchtigt werden. Auch bei den Menschen hat man wiederholt die krankhaft entartete M. ohne Gefährdung des Lebens exstirpiert. Wahrscheinlich übernimmt mit dem Wegfall der M. ein anderes Organ (vielleicht das Lymphdrüsensystem) deren Funktion. Bemerkenswert ist, daß die M. bei allen schweren (fieberhaften) Krankheiten mehr oder minder Anteil nimmt, was sich durch ihre Anschwellung ↔ (Milzschwellung, Milztumor) kundgiebt, die bei einigen Krankheiten (Wechselfieber, Typhus) so beträchtlich ist, daß sie zur Erkennung der Krankheit wesentlich beiträgt. (S. Milzkrankheiten.)

Milzbrand, Milzbrandfieber, Milzbrandbräune, Karbunkelkrankheit, Anthrax, Zungen- oder Gaumenanthrax, Rückenblut, Lendenblut, Blutseuche, Rankkorn (Pustula maligna), Antonius- und Darmfeuer, Sibirische Pest, eine bei den Tieren nicht selten vorkommende und auf den Menschen übertragbare Krankheit. Der M. entsteht durch Aufnahme des Milzbrandbacillus (s. d.) oder seiner Sporen mit dem Futter oder durch das Eindringen in die verletzte Haut. Der M. ist von einem Tiere auf ein anderes nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar, d. h. durch Exkremente oder Blut, die in Wunden der andern gelangen, übertragbar. Der M. wird auf den Menschen sehr selten durch den Genuß des Fleisches von milzbrandkranken Tieren, häufig aber durch unvorsichtiges Abhäuten und Zerlegen der Kadaver übertragen. Das Reichs-Viehseuchengesetz schreibt beim Ausbruch des M. oder bei dem Verdacht desselben die Anzeige an die Polizeibehörde vor. Wird hierauf M. vom Tierarzt festgestellt, so muß der Kadaver mit Haut und Haar vorschriftsmäßig verscharrt oder unter Anwendung hoher Hitzegrade oder von Chemikalien unschädlich beseitigt werden. Die Abgänge und der Ort, an dem das kranke Tier oder der Kadaver sich befand, müssen desinfiziert werden. Der M. wurde früher namentlich durch unzweckmäßige Beseitigung der daran gestorbenen Tiere auf vorher seuchenfreie Gebiete verschleppt. In jüngster Zeit hat man in den Gerbereien oder den dort verarbeiteten Wildhäuten eine ebenfalls nicht unwichtige Quelle von Milzbrandinfektionen und -Verschleppungen entdeckt. Die Erscheinungen des M. sind bei den einzelnen Tierarten sowie nach der Art der Ansteckung verschieden. Man unterscheidet

  • 1) einen Darmmilzbrand bei Aufnahme des Giftes mit dem Futter (auch Fütterungsmilzbrand genannt) und
  • 2) den Hautmilzbrand (Karbunkel, Karbunkelkrankheit, äußerer M.).

Bei der erstern Milzbrandform werden in der Regel Sporen aufgenommen, die im Tierkörper zu Bacillen auswachsen; Bacillen, die sich in der Nahrung finden, werden gewöhnlich durch den Magensaft unschädlich gemacht. Der Hautmilzbrand wird durch Bacillen oder Sporen hervorgerufen, die zufällig in vorhandene Wunden gelangen oder durch stechende Insekten übertragen werden. Der M. kommt vor beim Rind, Schaf, Ziege, Pferd, Rot- und Damwild. Sehr wenig empfänglich ist der Hund und das Schwein (fälschlicherweise wird häufig der Rotlauf (s. d.) der Schweine mit M. verwechselt). Beim Schweine findet man in den seltenen Fällen gewöhnlich Anschwellung der Rachenschleimhaut, weshalb die Krankheit auch als Milzbrandbräune bezeichnet wurde. Bezeichnend für M. ist das plötzliche Entstehen, der schnelle Verlauf, Tod durchschnittlich in 1-3 Tagen. Während der Krankheit versiegt plötzlich die Milch, die Tiere zeigen hohes Fieber, Atemnot, Anschwellungen auf der Haut und Blutabgang aus dem After; in einem durch einen Schnitt in die Haut gewonnenen Tropfen Blut lassen sich mit dem Mikroskop zahllose Bacillen nachweisen. Sehr schnell mit dem Tode endigende Fälle nennt man Milzbrandblutschlag. An geschlachteten milzbrandkranken Tieren fallen vor allen Dingen die stark geschwol-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 901.