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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Moltke (Hellmuth Karl Bernhard, Graf von)

in dritter Generation, Ludwig Philipp M., zur Würde eines österr. Feldmarschalls empor. Aus derselben Linie stammt in fünfter Generation der preuß. Feldmarschall Hellmuth Karl Bernhard von Moltke (s. d.), der 28. Okt. 1870 von König Wilhelm in den nach dem Rechte der Erstgeburt vererbenden preuß. Grafenstand erhoben und somit der Stifter der neuern (preußischen) Grafenlinie wurde. Da die 20. April 1841 geschlossene Ehe des Feldmarschalls mit seiner Stiefnichte Mary von Burt kinderlos geblieben ist, so folgte ihm nach seinem Tode (24. April 1891) sein Bruderssohn Wilhelm von M. (geb. 11. Sept. 1845 zu Kopenhagen), preuß. Oberstlieutenant und Commandeur des schles. Leibkürassierregiments Nr. 1, im Fideïkommiß und im Grafentitel.

L. Gerhards Enkel (von der jüngern Linie) in vierter Generation, Joachim M. auf Stridfeld und Walkendorf (1662-1730), ist der Stammvater aller dänischen M. Sie haben schon seit Mitte des 17. Jahrh. in der dän. Armee, Diplomatie und Verwaltung bedeutende Stellungen eingenommen. Adam Gottlob (geb. 1709, gest. 25. Sept. 1792), Günstling und Minister des Königs Friedrich V. von Dänemark, ward 1750 zum dän. Lehnsgrafen auf Bregentved (Seeland) erhoben; seine zahlreiche Nachkommenschaft verbreitete sich über Dänemark und Schleswig-Holstein. Die Lehnsgrafschaft Bregentved erbte Adam Gottlobs Sohn Joachim Godske (geb. 27. Juli 1746, gest. 5. Okt. 1818), dän. Staatsminister unter König Christian VII. bis 1784, und diesem folgte sein Sohn Adam Wilhelm (geb. 25. Aug. 1785,gest. 15. Febr. 1864), dän. Staatsminister unter König Christian VIII. und Friedrich VII. bis 1852. Dessen Enkel, Friedrich Christian (geb. 20. Aug. 1854), ist gegenwärtig Besitzer von Bregentved. Von den übrigen Söhnen des Adam Gottlob sind zu nennen: Gebhard (geb. 1764, gest. 1851), Stifter der Nebenlinie Moltke-Hvitfeldt zu Moltkenborg (Fünen), dessen Enkel, Gebhard Leon (geb. 23. April 1829), seit 1860 königlich dän. Gesandter in Paris ist, und Otto Joachim (geb. 1770, gest. 1853), dän. Staatsminister und Präsident der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Kanzlei unter König Friedrich VI. und Christian VIII. bis 1842. Ein vierter Sohn, der königlich dän. Generalmajor Christian Magnus Friedrich, war auf dem Gute Noer in Schleswig angesessen. Zwei Söhne des letztern spielten eine Rolle in der schlesw.-holstein. Bewegung. Magnus (geb. 1783, gest. 1864) war 1813-50 Obergerichtsrat und Landrat in Schleswig. In der schlesw. Provinzialständeversammlung zeichnete er sich durch seine liberale Gesinnung aus und ward in der ersten Session 1836 zum Präsidenten erwählt. Sein älterer Bruder, Adam Gottlob Detlev (geb. 1765, gest. 17.Juni 1843), ging als Abgeordneter der schlesw.-holstein. Ritterschaft auf den Wiener Kongreß, um von König Friedrich VI. die Wiederherstellung der alten schlesw.-holstein. Landesverfassung zu fordern; 1815-23 war er in derselben Richtung thätig, als die Ritterschaft unter Dahlmanns Leitung am dän. Hofe und am Deutschen Bundestage sich mit dieser Frage beschäftigte. Auch veröffentlichte er die "Reise nach Mainz zur Zeit des Bombardements" (Altona 1794) und eine Sammlung "Oden" (Zur. 1805) und "Gedichte" (ebd. 1806). Zwei Söhne des letztgenannten wirkten im Sinne der dän. Politik gegen Schleswig-Holstein. Karl M. (geb. 15. Nov. 1798, gest. 12. April 1866) ward 1846 nach Erlaß des Offenen Briefs Präsident der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Kanzlei und suchte vergebens der fortschreitenden Bewegung in den Herzogtümern Einhalt zu thun. Nach Beendigung des Deutsch-Dänischen Krieges von 1848 bis 1850 übernahm er das Ministerium für Schleswig. In dieser Stellung 1851-54 führte er die dän. Reaktion mit rücksichtsloser Härte durch, wurde aber abgesetzt. Erst nach dem Deutsch-Dänischen Kriege von 1864 trat er wieder auf kurze Zeit ohne Portefeuille in das dän. Ministerium ein, welches den Wiener Frieden abschloß. Sein Sohn, Adam Heinrich Karl, Graf von M. (geb. 23. Juni 1828), ist Besitzer des Moltke-Reventlowschen Fideïkommisses. Karls jüngerer Bruder, Adam Friedrich Adamson (geb. 17. April 1816, gest. 10. Febr. 1885 in Kiel), war 1862-63 Präsident der holstein. Regierung zu Plön. Diese Behörde sollte die Aussonderung Holsteins aus dem dän. Gesamtstaate durchführen, wurde aber unmittelbar nach dem Einmarsch der deutschen Bundestruppen aufgelöst. - Vgl. Langhorn, Histor. Nachrichten über die dänischen M. (Kiel 1871).

Moltke, Hellmuth Karl Bernhard, Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, geb. 26. Okt. 1800 zu Parchim in Mecklenburg-Schwerin als Sohn des preuß. Hauptmanns a. D., spätern dän. Generallieutenants Friedrich Philipp Victor von M. (geb. 12. Juli 1768, gest. 19. Okt. 1845) und einer Tochter des preuß. Geh. Finanzrats Paschen, entstammte der ältern deutschen (Samower) Linie des Geschlechts Moltke (s. d.). Er besuchte die Landkadettenakademie zu Kopenhagen, wurde 8. März 1819 dän. Offizier, trat aber 12. März 1822 als Sekondelieutenant des 8. Infanterieregiments in preuß. Militärdienste. 1823-26 besuchte er die Allgemeine Kriegsschule in Berlin und wurde 1828-31 bei der Landesvermessung beschäftigt; 1832 wurde er zum Generalstab kommandiert, 1833 zum Premierlieutenant und 1835 zum Hauptmann befördert. Noch in demselben Jahre unternahm M. eine Reise nach dem Orient, wurde aber schon in Konstantinopel durch den Seraskier Mehmet Chosref Pascha vermocht, längere Zeit dort zu bleiben. In durchaus unabhängiger Stellung nahm M. an der von Mahmud II. geplanten Reorganisation des türk. Heers hervorragenden Anteil, begleitete den Sultan auf einer Reise durch Bulgarien und führte fortifikatorische Aufträge in Rustschuk, Silistria, Varna, Schumla sowie später an den Befestigungen der Dardanellen aus. Nachdem die türk. Regierung die Beurlaubung M.s auf fernere drei Jahre bewirkt hatte, ging M. 1838 zur Armee nach Kleinasien und durchstreifte das Land nach allen Richtungen hin. (Über seine Itineraires vgl. Ritters "Erdkunde".) Auch nahm M. am Feldzug gegen die Kurden (1838) und gegen die Ägypter in Syrien (1839) teil, wo Hafis Pascha 24. Juni in der Schlacht bei Nisib, die er gegen M.s Rat unternommen hatte, geschlagen wurde. Nach dem 1. Juli 1839 erfolgten Tode Mahmuds II. kehrte M. in die Heimat zurück, wurde 1840 zum Generalstab des 4. Armeekorps versetzt und 1842 zum Major befördert, 1845 jedoch dem Generalstab aggregiert und als Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen nach Rom gesendet. Während des Aufenthalts daselbst nahm M. die Umgegend Roms topographisch auf, kehrte nach dem Tode des Prinzen zurück, wurde 1846 dem Generalstabe des 8. Armee-^[folgende Seite]