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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Niederlande (Litteratur zur Geographie und Statistik. Geschichte)

Das Zeitungswesen ist mit der Unabhängigkeit des Landes aufgekommen. Die ersten Blätter, welche polit. Nachrichten brachten, erschienen in Amsterdam und Leiden im Anfang des 17. Jahrh. Die ersten derartigen Blätter aber, welche periodisch erschienen, wurden in Amsterdam seit 25. April 1627 von Broer Jansz herausgegeben. Am 3. Jan. 1655 wurde die «Oprechte Haarlemsche Courant» errichtet, welche bis jetzt noch besteht und sich sogar nach starkem Zurückgang wieder erholt hat; sie nimmt den Tagesfragen gegenüber eine neutrale Stellung ein. Des größten Ansehens erfreute sich im vorigen Jahrhundert die französisch geschriebene, 1677 errichtete sog. «Gazette de Leide», welche seit 1723 von der eingewanderten franz. Hugenottenfamilie Lusac redigiert wurde; 1809 ist sie eingegangen. Den größten Aufschwung verdankt das Zeitungswesen der Aufhebung des Zeitungsstempels (1869). – In Niederländisch-Ostindien giebt es etwa 20 Zeitungen. Die bedeutendsten sind «Het Bataviasche Nieuwsblad», «Het Bataviasche Handelsblad», welche in Batavia, und «De Javabode», welche in Samarang erscheint.

Litteratur zur Geographie und Statistik. D’Amicis, Nederland en zijne bewoners (2. Aufl., Leid. 1877); J. Heemskerk, De Praktijk onzer Grondwet (2 Tle., Utrecht 1881); Rijkens, Aardrijkskunde van Nederland (8. Aufl., Groning. 1888); Penck, Die N., Belgien und Luxemburg (in Kirchhoffs «Länderkunde von Europa», Bd. 2, Wien 1889); Blink, Nederland en zijne bewoners (Amsterd. 1889 fg.); J. Oppenheim, Handboek voor de beoefening van het nederl. Gemeenterecht (5. Aufl., Groning. 1890); N. G. Pierson, Leerboek der Staathuishoudkunde (Haarl. 1890); J. P. Sprenger van Eyk, De Rijks- en gemeentebelastingen in Nederland (Haag 1891); Schuiling, Aardrijkskunde van Nederland (3. Aufl., Zwolle 1891); Jaarcijfers over 1892 en vorige jaarn (Amsterdam); Baedeker, Belgien und Holland (20. Aufl., Lpz. 1894).

Geschichte. Die N. waren zu Cäsars Zeiten größtenteils von german. Völkerschaften bewohnt. So hatten die Bataver (s. d.) und Caninefaten das Land zwischen dem Rhein, der Waal und der Maas inne, während die ebenfalls german. Friesen mehr nördlich an der Seeküste wohnten. Im 5. Jahrh. geschieht nur noch dreier Nationen Erwähnung, der Franken im Süden, der Friesen im Norden, der Sachsen im Osten. Die beiden letztern wurden von den erstern unterjocht, und alle drei gehörten zum Reiche Karls d. Gr. Nach mehrern Teilungen dieses Reichs kam zuletzt im Vertrag zu Mersen 870 das Reich Lothars Ⅱ. (Lothringen und Friesland), das auch alle niederländ. Gebiete außer dem spätern Westflandern und Artois umfaßte, großenteils an das östl. Reich (Deutschland). Nur auf kurze Zeit 911‒924 hielt Lothringen zu Frankreich. Unter Einfluß des Lehnswesens bildeten sich hier wie überall viele fast unabhängige Fürstentümer, so in Südniederland das Herzogtum Brabant und die Grafschaft Flandern; in Nordniederland die Grafschaft Geldern (später Herzogtum), die Grafschaft Holland und Seeland und das Stift Utrecht. Die Vereinigung aller dieser Länder gelang im 14. und 15. Jahrh. den burgund. Herzögen aus dem Hause Valois und deren Erben aus dem Hause Habsburg, in dessen Besitz sie durch die Vermählung der burgund. Prinzessin Maria (s. d.) mit dem spätern Kaiser Maximilian Ⅰ. 1477 kamen. (S. Burgund, Geschichte.)

Unter der Verwaltung der Habsburger nahmen die N. einen mächtigen Aufschwung. Insbesondere wirkte Kaiser Karl V. im Interesse des Landes. Nachdem er 1543 Geldern und Zütphen erobert und Frankreich gezwungen hatte, auf das Lehnsrecht über Westflandern und Artois zu verzichten, vereinigte er alle 17 Provinzen, die größtenteils bereits 1512 von Maximilian zu dem Burgundischen Kreis (s. d.) zusammengefaßt waren, 1548 noch enger miteinander, eximierte sie von den Reichsgerichten und regelte im Verein mit den Ständen des Landes 1549 das Erbrecht in allen Provinzen auf gleicher Grundlage. Das Bestreben des Kaisers, die einzelnen Provinzen der N. zu einem mächtigen Staate zu verschmelzen, wurde durch den aus der Reformation hervorgegangenen Zwiespalt vereitelt. Ein ansehnlicher Teil des niederländ. Volks hatte die neue Lehre angenommen, die Karl Ⅴ. und besonders dessen Sohn, Philipp Ⅱ. von Spanien, schonungslos wieder auszurotten suchten. Aber die Großen des Landes, besonders Oranien, Egmond und Hoorn, zwangen 1564 den König, seinen verhaßten Günstling, den Kardinal Granvella, aus den N. zu entfernen. Später verband sich auch der niedere Adel in dem sog. Kompromiß von Breda und überreichte der Oberstatthalterin Margareta von Parma eine Bittschrift um Abstellung der Edikte gegen die Ketzer (1566). Endlich im Aug. 1566 begann das Volk den Angriff gegen die kath. Kirchen und die Vernichtung der Bilder. 1567 schickte König Philipp den Herzog Alba (s. d.) ab, um die kirchliche Bewegung zu dämpfen. Die Hinrichtung vieler Tausende, darunter die Angesehensten des Landes, Egmond und Hoorn, schüchterte zwar das Volk ein; aber um den geflüchteten Prinzen Wilhelm Ⅰ. von Oranien sammelten sich eine große Anzahl von Verbannten, die sich seit dem Herbste 1567 vornehmlich zur See als sog. Geusen (s. d.) gefürchtet machten. Nach vergeblichen Versuchen von seiten Oraniens und seines Bruders Ludwig von Nassau, mit einem Landheere im Mai und Juni sowie im Okt. 1568 die Spanier aus den N. zu vertreiben, gelang es 1572 den Geusen unter dem Grafen von der Mark, sich des Hafens Briel und darauf der meisten Städte Hollands und Seelands zu bemächtigen. Die Aufständischen erkannten Oranien, den frühern königl. Statthalter dieser Provinzen, als ihr gesetzmäßiges Oberhaupt an; im Süden wurde von Frankreich aus die starke Festung Mons von Ludwig von Nassau überrumpelt, doch unterwarf Alba die meisten dieser Plätze bis zum Frühjahr 1573 wieder; Haarlem mußte nach siebenmonatiger tapferer Verteidigung kapitulieren. Alkmaar aber leistete erfolgreichen Widerstand, und Leiden überstand heldenmütig eine zweimalige vielmonatige Belagerung.

Obgleich inzwischen Ludwig von Nassau mit fast seiner ganzen (deutschen) Armee in der Schlacht auf der Mooker-Heide umgekommen war, dauerte doch nach dem Entsatz von Leiden der Aufstand in Holland und Seeland weiter auch gegen Albas Nachfolger, Ludwig de Requesens y Zuniga, der eine mildere Politik beobachtete. Als nach dem plötzlichen Tode des letztern 1576 die Meuterei der span. Soldaten auch die südl. Provinzen zur Verzweiflung trieb, wußte Oranien durch den Vertrag von Gent (s. Genter Pacifikation) die übrigen Provinzen mit Holland und Seeland zu verbinden und dem neuen Statthalter Johann von Österreich die Regie-^[folgende Seite]