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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Offener Arrest - Öffentliches Recht
Wenn ein Gesellschaftsgläubiger die O. H. wegen
seiner Forderung verklagt, thut er immer gut, wenn
er zugleich in demselben Prozesse die Personen der
Gesellschafter verklagt. Thut er das nicht, so kann
er aus der rechtskräftigen Verurteilung der O. H.
nicht Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen
der Gesellschafter vollziehen lassen, wenn schon durch
die Rechtskraft des Urteils gegen die Gesellschaft
die Forderung auch gegen die Personen der nicht
mitverklagten Gesellschafter so weit festgestellt
wird, als diesen nicht persönliche Einreden gegen
den Gläubiger zustehen. Der Gläubiger wird also
gegen diese in einem neuen Prozesse unter Zugrunde-
legung der rechtskräftigen Verurteilung der O. H.
klagen müssen.
Die O. H. wird aufgelöst durch Konkurs über
die Gesellschaft oder auch über das Vermögen eines
der Gesellschafter und durch die eingetretene recht-
liche Unfähigkeit eines der Gesellschafter zu selb-
ständiger Vermögensverwaltung; durch den Tod
eines Gesellschafters, wenn nicht der Gesellschafts-
vertrag bestimmt, daß die Gesellschaft mit den Erben
des Verstorbenen fortbestehen soll. Ist eine solche
Bestimmung getroffen, so treten die Erben des Ver-
storbenen ohne weiteres in die O. Z. und jeder Ein-
zelne von ihnen haftet den Gesellschastsgläubigern
persönlich und solidarisch für die Gesellschaftsschulden,
auch wenn sie die Erbschaft mit dem Inventarrecht
(s. d.) antraten. Die berufenen Erben können sich da-
gegen nur durch Ausschlagen der Erbschaft schützen.
Deshalb ist es einem Kaufmann anzuraten, wenn
er im Gesellschaftsvertrage solche Bestimmung ein-
geht, sich zugleich in diesem Vertrage, nicht erst in
einer letztwilligen Verfügung, vorzubehalten, welcher
feiner Erben die O. H. im Fall seines Todes mit den
übrigen Gesellschaftern fortsetzen soll. Nach dem
neuen Entwurf lß. 126) soll jeder Erbe sein Ver-
bleiben davon abhängig machen dürfen, daß ihm
die Stellung eines Kommanditisten nach bisheriger
Quote eingeräumt wird. Die O. ß. wird ferner
aufgelöst durch Übereinkunft; durch Ablauf der Zeit,
auf deren Dauer sie eingegangen ist, wenn sie nicht
stillschweigend, dann auf unbestimmte Dauer, fort-
gefetzt wird; durch Kündigung eines Gesellschafters,
wenn die O. H. auf unbestimmte Zeit geschlossen
war. Eine auf Lebenszeit eingegangene Gesellschaft
ist als Gesellschaft von unbestimmter Dauer zu be-
trachten. Ein Gesellschafter kann vor Ablauf der
Zeit, bei Gesellschaften von unbestimmter Dauer
ohne Kündigung deren Auflöfung aus wichtigen,
dem Ermessen des Richters unterstellten Gründen
verlangen. Wenn die Gesellschafter vor Auflöfung
der O. H. übereingekommen sind, daß dieselbe unge-
achtet des Ausscheidens eines oder mehrerer Gesell-
schafter unter den übrigen fortgesetzt werden soll, so
endigt die O. H. nur in Bezug auf den Ausscheiden-
den ; im übrigen besteht sie fort. Wenn die Auflösung
aus Gründen gefordert werden darf, welche in der
Person eines Gesellschafters liegen, so kann auf
Antrag aller übrigen Gesellschafter auf Ausschlie-
ßung jenes Gesellschafters erkannt werden. Über die
Auseinandersetzung mit dem ausscheidenden oder
ausgeschlossenen Gesellschafter vgl. Art. 130,131.
über Liquidation s. d. Der O. H. des Deutschen Han-
delsgesetzbuches entspricht die Kollektivgesellschast
(s. d.) des Schweizer Obligationenrechts.
Offener Arrest, in der Deutschen Konkurs-
ordnung (§. 108) die Verfügung des Konkurs-
^nichts, durch welche allen denjenigen Personen,
welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in
Besitz haben oder zu dieser Masse etwas schuldig
sind, aufgegeben wird, nichts an den Gemeinschuld-
uer zu verabfolgen oder zu leisten, ferner dieselben
verpflichtet werden, von dem Besitze der Sache und
von einem etwaigen Anspruch auf abgesonderte
Befriedigung dem Konkursverwalter Anzeige zu
machen. Dieser O. A. ist gleichzeitig mit der Kon-
kurseröffnung (s. d.) zu verfügen und vom Gerichts-
schreiber bekannt zu machen.
Offener Brief, ein Brief, der, wie z. B. der
Kreditbrief, offen übergeben wird. - Über den
O. V. in der Geschichte Dänemarks s. d.
Offene Rechnung, soviel wie Kontokorrent.
Offener Kredit, soviel wie Blankokredit (s. d.).
Offene Zeit, die Zeit, während welcher das
Weiderecht auf Wiesen und Ackern ausgeübt werden
darf; sie beginnt, sobald Heu und Grummet abge-
fahren sind, die Acker in Stoppeln oder Brache lie-
gen ; der Gegensatz ist die geschlossene oder Schonzeit.
Offenkundigkeit, s. Notorietät.
Offensiv (lat.), angreifend, verletzend.
Offensivallianz, s. Allianz.
Offensive, s. Angriffsverfahren.
Offensives Pulver, ein schnell verbrennliches
Pulver, welches die Waffe mehr anstrengt als lang-
sam verbrennendes. Es findet Verwendung bei Ge-
wehren und Kanonen mit kleiner Ladung.
Offenstehende Rechnung, eine Rechnung, die
noch nicht beglichen ist.
öffentliche Arbeiten, alle Bauten und son-
stigen Arbeiten, die der Staat, die Provinzen und
Kreise (Departements), die Gemeinden, öffentliche
Korporationen oder ermächtigte Syndikatsgenossen-
schaften im öffentlichen Interesse ausführen lassen.
Die Ausführung geschieht entweder im Selbstbetrieb
<6u i'6Fi6), oder durch Unternehmer, oder durch Kon-
zessionäre (z. B. die Eisenbahnen). Inwieweit zu
Gunsten des Unternehmers Expropriation (s. Ent-
eignung) stattfindet, bestimmt sich nach den Enteig-
nungsgesetzen.
Öffentlich e Gesundheitspflege, öffentliche
Sanitätspflege, s. Hygieine.
^öffentliches Gut, s. Staatsvermögen.
Öffentliches Recht (lat.^u8 Mlicum), das
Nechtder öffentlichen Gewalten; es bestimmt, was die
gewissen Zwecken dienenden Gesamtheiten (das Reich,
der Staat, die Gemeinde, die Kirche) gegeneinander
und ihren Gliedern (den innerhalb derselben bestehen-
den engern Gemeinschaften) gegenüber thun und
nicht thun dürfen. Es begreift in sich das Staats-
recht als den Inbegriff der für den Staat (und
das Reich: Reichsstaatsrecht) aufzustellenden,
seine Verfa^ung (Verfassungsrecht) und Negierung
(Verwaltungsrecht) betreffenden Normen; das Völ-
kerrecht, welches die Grundsätze über die Rechts-
pflichten in den Beziehungen unabhängiger Staaten
zueinander enthält. Das Kirchen recht befaßt sich
mit den Rechtsverhältnissen, welche zwischen dem
Staate und der christl. Kirche, zwischen den verschie-
denen Kirchen untereinander, innerhalb der Kirche
im Verhältnis zu ihren Gliedern über die Mittel
bestehen, welche der Kirche zur Lösung ihrer Auf-
gabe gegeben sind, und mit den Verhältnissen des
Kirchenvermögens. Das Strafrecht stellt die Be-
dingungen und das Maß für die Ausübung der
Strafgewalt des Staates wegen Verbrechen, Ver-
gehen und Übertretungen fest; das Strafprozeß-
recht stellt die Normen über das gerichtliche Ver-