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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ortleralpen - Örtliche Kollision der Gesetze oder Statuten
Vedretta del Zebru (3735 m) verbunden ist, und von
dieser führt der Ortlerpaß (3346 iu) zum Untern
Ortlerferner hinüber, der den Westfuß umsäumt.
Die erste Besteigung wurde 27. Sept. 1804 von dem
Passeyer Jäger Iosele mit den ZillerthalernKlansner
und Leitner vom Trafoier Thal aus ausgeführt,
im nächsten Jahre von dem Botaniker Gebhard
wiederholt. Aetzt wird die Besteigung, zu deren Er-
leichterung die Payerhütte (3020 iu) am Tabaretta-
kamm dient, meist vom Suldenthal aus gemacht.
Ortleralpen, s. Ostalpen.
Örtliche Kollision der Gesetze oder Sta-
tuten. Die durch eine Kollision (s. d.) der Gesetze
verschiedener Rechtsgebiete entstehende Frage, welche
Rechtsnorm für einen gegebenen Rechtsfall maß-
gebend fei, hat der Richter, welchem der Rechtsfall
zur Entscheidung vorliegt, zunächst nach dem für
ihn maßgebenden Gesetze seines Landes zu entschei-
den. Kein Landesgesetz enthält aber darüber aus-
reichende Bestimmungen. Die Praxis und die
Rechtswissenschaft der modernen Kulturnationen,
namentlich von Deutschland, Österreich, England,
Nordamerika, Italien und Frankreich, hat sich des-
halb bemüht, Grundsätze zu finden, nach welchen
die Frage zu beantworten ist. Man faßt dieselben
zusammen unter der Bezeichnung internationa-
les Recht. Dasselbe erstreckt sich auf das Etraf-
recht (s. Ausland), auf den Prozeß und namentlich
das bürgerliche Recht. Für den Civilprozeß ist
man darin einig, daß im allgemeinen der Richter
den Civilprozeß feines Staates anzuwenden hat,
auch wenn ein Ausländer bei ihm klagt oder ver-
klagt wird, und daß, wenn er dem ausländischen
Richter Rechtshilfe gewährt, er bei feinen prozeffua-
len Handlungen fein Gesetz anwendet. Das aus-
ländifche Urteil wird aber, wenn der Prozeß
von neuem in einem andern Staate anhängig ge-
macht wird, nicht für maßgebend erachtet in Frank-
reich und Rußland; es wird also namentlich aus
einem deutfchen Urteil dort nicht die Zwangsvoll-
streckung vollzogen. In England und Nordamerika
muß zwar unter Zugrundelegung des ausläudischen
Urteils eine neue Klage erhoben werden; eine Nach-
prüfung findet aber nicht statt, wenn der dortige
Richter den ausländischen Richter für zuständig er-
achtet. Anders, wenn das vorhergegangene Ver-
fahren oder das Urteil für offenbar ungerecht erach-
tet werden. Ahnliche Grundsätze gelten für Italien.
In Deutschland und Österreich gilt der Grundsatz der
Reciprocität. (Vgl. Deutsche Civilprozeßordn. §.661.)
Über die in Deutschland für den Konkurs maß-
qebenden Grundfätze f. Konkursverfahren (Bd. 10,
S. 570). Anderwärts wird mehrfach der Grundfatz
empfohlen, daß der in einem Staate eröffnete Konkurs
das auswärtige Vermögen des Gemeinfchuldners
nicht berührt. Den Folgen solchen Rechtszustandes
soll durch Staatsverträge vorgebeugt werden.
Für das bürgerliche Recht, für das das Ein-
sührungsgesetz zum Vürgerl. Gesetzbuch für das
Deutsche "Reich in den Art. 6-31 Bestimmungen
vorsieht, muß man davon ausgehen, daß, wenn zur
Zeit des Erwerbs eines Rechts nur die Gesetze ei nes
Rechtsgebietes in Frage kommen, das hier einmal
erworbene Recht (s. Erworbene Rechte) auch in
andern Rechtsgcbieten anzuerkennen ist, wenn es
später dort geltend gemacht wird. Wer in Amerika
Eigentum an dort befindlichen Sachen erworben
bat, behält fein Eigentum, wenn er die Sachen nach
Deutschland mitbringt. Nur gilt das nicht von solchen
Rechten, deren Wirksamkeit sich auf das Rechtsgebiet
beschränkt, in welchem es entstanden ist. Aus einem
auch einem Deutfchen für Nordamerika erteilten Er-
finderpatent kann in Deutschland wegen Patentver-
letzung nicht geklagt werden. Ebensowenig gilt jener
Grundsatz von solchen Rechten, welche von unserm
Gesetz nicht anerkannt werden, wie z. B. einer Hypo-
thek an einer beweglichen Sache. Für die Verhält-
nisse der Person, namentlich die H anolun g s -
fähigkeit (s. d.), ist das Gesetz des Rechtsgebietes
maßgebend, welchem die Person angehört (sw-
wta personalia). Die deutsche Rechtswissenschaft
erachtet den Wohnsitz für maßgebend, fo daß der
Ausländer, welcher in Deutschland feinen Wohnsitz
(nicht bloß Aufenthalt) genommen hat, nach deut-
fchem Recht, der Deutsche, welcher im Auslande
wohnt, nach dortigem Recht volljährig, ^estierfähig^
wechselfähig wird. Das franz. Recht läßt für den
Franzosen, welcher im Auslande wohnt, das franz.
Recht als das feiner Staatsangehörigkeit entschei-
den, ebenso das Einführungsgefetz zum Bürgert.
Gesetzbuch für das Deutsche Reich Art. 7; nach dem
Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 34 foll die Geschäfts-
fähigkeit des Fremden nach den Gesetzen des Ortes,
denen er vermöge feines Wohnsitzes, und wenn er
den nicht hat, vermöge feiner Geburt als Unterthan
unterliegt, beurteilt werden; dagegen bleibt der
österr. Staatsbürger an das österr. Gesetz bezüglich
seiner Handlungen im Auslande gebunden, soweit
seine Handlungsfähigkeit dadurch eingeschränkt wird
bezüglich der in Österreich aeltend zu machenden
Folgen (§. 4). Auch in Italien wird die Staats-
angehörigkeit für maßgebend erachtet. Die Deutsche
Wechselordnung Art. 84 läßt zwar auch die Fähig-
keit eines Ausländers, wechselmähige Verpflichtun-
gen zu übernehmen, nach den Gesetzen des Staates
beurteilen, welchem er angehört; jedoch wird ein
nach den Gesetzen feines Vaterlandes nicht wechsel-
fähiger Ausländer, wenn er in Deutschland Wechsel-
verbindlichkeiten übernimmt, verpflichtet, fofern er
nach dem deutfchen Gefetz wechselfähig ist.
Ähnliche Bestimmungen hat das Sächs. Bürgerl.
Gesetzb. ߧ. 7, 8, das Preuß. Allg. Landr. Einlei-
tung §. 35 getroffen. Auch die Handlungsfähigkeit
juristischer Personen, wie Aktiengesellschaften,
Genossenschaften, Stiftungen u. s. w., soll nach dem
Rechte des Landes beurteilt werden, welchem sie an-
gehören; nur können die ausländischen Korporatio-
nen , Stiftungen u. s. w. nicht Grundeigentum oder
Erbschaften im Inlande günstiger erwerben, als dies
den inländischen Instituten gestattet ist. Den Aktien-
gesellschaften und andern Handels-, industriellen
und finanziellen Gesellschaften des Auslandes ist
die Ausübung ihrer Rechte einfchließlich des Rechts,
vor Gericht zu erscheinen, gegenfeitig zugestanden
durch Konventionen, welche das Deutsche Reich
mit Belgien, Großbritannien, Italien, der Schweiz.
Serbien, Spanien u. s. w. abgeschlossen hat.
DieRechtsfähigkeit wollen zwar einige Gesetze
und Schriftsteller wie die Handlungsfähigkeit beur-
teilen, andere nur mit Einschränkung für befondere
Verhältnisse. Daß ein Sklave aus einem Lande,
in welchem die Sklaverei anerkannt ist, als Freier
behandelt wird, wenn er den deutschen Boden be-
tritt, versteht sich von felbst. Für die Rechtsverhält-
nisse bezüglich der Grundstücke ist das Gesetz des
Ortes maßgebend, wo das Grundstück liegt (kta.wtn.
realia, lex rei Litae). Für das Eigentum und die
dinglichen Rechte an beweglichen Sachen erach-