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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Pflanzengewebe; Pflanzengrün; Pflanzenheilpulver

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Pflanzengewebe – Pflanzenheilpulver

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Pflanzengeographie'

Beziehung ist z. B. die nördl. Hälfte Europas arm, die Sahara reicher, unter den Tropen das Amazonasgebiet reicher als das des Kongo, von allen Ländern unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Flächenausdehnung aber wohl die Südwestecke des Kaplandes und die des südwestl. Australien mit 70‒80 Proz. Endemismen am reichsten zu nennen.

Es geht hieraus hervor, daß in der Jetztzeit (d. h. vor der kulturellen Veränderungsthätigkeit des Menschen) weit entlegene Länder zumal dann, wenn sie auch klimatisch sehr different sind, eine sehr weit verschiedene Flora zeigen, und daß man eher Grund hat, sich über etwa hier und dort auftretende gleiche Arten zu verwundern als über die bestehende Ungleichheit. Denn die wirksamste Schranke, welche sich dem Ausbreitungsvermögen schnell sich vermehrender Pflanzen entgegenstellt, ist stets das Antreffen einer fest mit dem Boden verbundenen gesunden, geschlossenen anderweiten Vegetationsdecke. Selbst die nordamerik. Nachtkerzen, typische Bürger des mittlern nordamerik. Florenreichs mit Astern und Heliantheen, bevorzugen noch heute Eisenbahndämme und ähnliche Schüttungen, wo die altdeutsche Flora keine besiedelungskräftige Arten einzuführen pflegt. Die Kulturthätigkeit, indem sie altangesessene ehrwürdige Pflanzengenossenschaften aufrollt, schafft neue Bedingungen für Besiedelung, und hierdurch erweitert sie das Areal einiger besonders gut dafür geeigneter Arten in unnatürlich große Ausbreitungszüge. Von subtropischen Unkräutern ist Xanthium spinosum L.durch seine Verbreitung, durch klettenartige Stachelfrüchte besonders befördert, ein berühmtes Beispiel geworden.

In jeder Landschaft ist also zunächst der Charakter des Florenreichs maßgebend für das die Pflanzenbestände zusammensetzende Material. Aber die an jeder Stelle gegebenen charakteristischen Pflanzen gruppieren sich doch jeweilig analog nach den in Standort und Klima liegenden äußern Bedingungen, sie treten überall zu großen, auf der weiten Erde sich unter gleichem Himmel gleichartig aus ähnlichen Lebensformen wiederholenden Beständen, zu großen Vegetationsformationen zusammen. Für diese Formationen liegt das Bestimmende in erster Linie in der Lebens- und Wachstumsweise der sie bildenden Pflanzenarten, also darin, ob diese verholzen, rasch- oder langsamwüchsig, lang- oder kurzlebig sind u. s. w., kurz, das Bestimmende liegt in der vegetativen Leistung der gesamten, zur Erhaltung des Organismus dienenden Organe und zeigt sich in allen seinen Merkmalen auffällig und gewissermaßen sich aufdrängend in den Zügen jeder Landschaft. Die Vegetationsformationen erhalten also in jedem Lande ihr Material aus dem Florenreichscharakter, sind aber in diesem Material lediglich prägnante Ausdrücke der Zusammenwirkung von Klima, Standort, Mitwirkung und Gegenwirkung der übrigen organisierten Genossen; sie sind ein Ausdruck der Zone und des lokalen Klimas, für das die geogr. Lage und die orogr. Beschaffenheit den Maßstab liefert. Die großen Gesamtzüge der Vegetation in ihrer Anordnung auf der Erdoberfläche bezeichnet man als die natürlichen Vegetationszonen; eine solche bildet jeder einheitliche Erdabschnitt, der sich durch besonders physiol. Erscheinungsweise seiner Vegetation auszeichnet und in dieser durch Klima und den natürlichen geolog. Aufbau schützend erhalten wird. Diese Vegetationszonen liefern zugleich einen unveränderlichen Untergrund für den menschlichen Pflanzenanbau, es decken sich also die Kulturzonen mit ihnen. Unter Kulturzonen versteht man die großen Abschnitte der Erde, wo eine bestimmte gleichartige Bodenbewirtschaftung durch den Fall der Jahreszeiten und durch den Anbau bestimmter Kategorien von Nahrungspflanzen das Feld regiert; die äußern Lebensbedingungen der Pflanzen sind also in den Vegetations- und Kulturzonen in der Hauptsache die gleichen, ihre geogr. Areale müssen sich decken.

Nach vier großen Hauptzonen lassen sich die Vegetations- und Kulturgebiete der Erde zusammenfassen: 1) Unter dem Äquator und von da bis in die Nähe oder stellenweise sogar über die Breite der Wendekreise hinaus stört kein Frost und kein Regenmangel die Vegetation; das üppigste Pflanzenleben in Wald und Savanne wetteifert mit der Ergiebigkeit der Kultur.

2) Unter den Wendekreisen und in höhern Breiten macht sich ein stärkerer Temperaturausschlag bemerkbar, sehr heiße Sommer wechseln mit gemäßigten, noch fast überall frostfreien Wintern; die sommerliche Hitze ist meist von einer dürren Periode begleitet, die die immergrünen Gebüsche und Bäume mit lederartigem Laube ertragen; die Neigung zu Steppen- und Wüstenbildungen liegt in der dem Baumleben durch Wassermangel drohenden Gefahr. Wo Wasser genügend vorhanden, ist die Kultur in den minderheißen Monaten ergiebig.

3) Etwa mit dem 40.° nördl. Br. beginnt die Wirkung der Winterfröste bedeutend zu werden, während zugleich die trockne Hitze des Sommers seltener die höchsten, zur Wüstenbildung führenden Grade erreicht. Im Laubkleid der Wälder vollzieht sich daher der alljährliche Wechsel mit normalem Abfall zum Herbst; immergrüne Grasfluren, welche auch unter Schneedecke nicht absterben, treten zum Waldlande hinzu und ersetzen die Steppen. Die Kultur ist auf den, nach Norden zu allmählich stark verkürzten Sommer angewiesen und baut nur frostharte Arten oder solche, die in wenigen Monaten ihren ganzen Vegetationsprozeß bis zur Fruchtreife vollziehen.

4) In der ungefähren Breite des Polarkreises reicht die Wärmemenge während des Sommers, die Zahl der genügend warmen Tage nicht mehr zur Erhaltung kräftiger Holzgewächse aus; als bedeutungsvolle Scheide zeigt sich die nördl. Baumgrenze. Dieselbe verläuft analog, aber in viel niederer Breite im Süden, und ebenso als Höhengrenze überall auf Hochgebirgen. Mit ihr geht die Möglichkeit, noch die anspruchslosesten Feldfrüchte zu ziehen, verloren, nur noch im mühsamen Gartenbau lassen sich etliche Gemüse, gewöhnlich ohne zur Samenreife heranzuwachsen, anbauen. (Hierzu Karten: Pflanzengeographie Ⅰ. Ⅱ nebst Erläuterungen.)

Litteratur. A. de Candolle, Géographie botanique raisonnée (2 Bde., Par. 1855); Engler, Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt (2 Bde., Lpz. 1879‒82); Grisebach, Die Vegetation der Erde (2. Aufl., 2 Bde., ebd. 1884); Drude, Die Florenreiche der Erde (Gotha 1884); ders., Atlas der P. (ebd. 1887; Abteil. 5 von Berghaus’ «Physik. Atlas»); ders., Handbuch der P. (Stuttg. 1890).

Pflanzengewebe, die Gewebe der Pflanzen, s. Histologie und Zelle.

Pflanzengrün, soviel wie Chlorophyll (s. d.).

Pflanzenheilpulver, s. Geheimmittel.