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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rhusma - Rhythmus

Einer der schönsten Ziersträucher ist die in Südeuropa und im Orient einheimische R. cotinus L., der Perückenbaum, mit einfachen, verkehrt-eirund-elliptischen, steifen, glänzend hellgrünen Blättern. Seinen Hauptschmuck erhält dieser Baum, wenn in den lockern Rispen der unscheinbaren Blüten viele derselben, weil unfruchtbar, abfallen und ihre Stiele zu langen, röhrigen oder platten Haaren sich verlängern und zusammen große Perücken ähnliche Ballen bilden. Das Holz dieser Art wird unter dem Namen ungar. Gelbholz oder Fisetholz (s. d.) zum Gelbfärben benutzt, ähnliche Verwendung findet auch das unter dem Namen Goldholz bekannte Holz von R. coriaria. Von der im östl. Asien wachsenden Art R. semialatum Musc. stammen die sog. chinesischen Galläpfel, die in großen Mengen in den europ. Handel kommen und als Gerbmaterial verwendet werden, ebenso wie die in Bombay gehandelten Kakrasinghi-Gallen auf R. Kakrasinghee Royle. Früher in den Gärten und Parkanlagen häufig, doch wegen der Giftigkeit aller seiner Teile meistens unterdrückt, hier und da jedoch verwildert, ist der Giftsumach, R. toxicodendron L. (s. Tafel: Terebinthinen, Fig. 3), ein in ganz Nordamerika einheimischer, kletternder oder auf dem Boden liegender Strauch. Sehr giftig ist auch der gegen den Winter Deutschlands empfindliche Firnisbaum, R. vernix L., aus Nordamerika, sowie R. vernicifera DC. (China und Japan), der Firnissumach und die kaliforn. Gifteiche, R. varielobata Steud. Der Saft der beiden erstgenannten Arten erzeugt auf der menschlichen Haut Blasen und mehr oder weniger starke Hautentzündungen. Auch der Saft von R. cotinus und anderer Arten übt dieselbe Wirkung aus, wenn er in Wunden oder kleine Hautverletzungen gelangt. Es ist deshalb beim Beschneiden der Zweige und Wurzeln aller Rhusarten die größte Vorsicht geboten.

Rhusma, Enthaarungsmittel, s. Rusma.

Rhyakolīth, ältere Bezeichnung für das Mineral Sanidin (s. d.).

Rhyl (spr. reil), Stadt in der Grafschaft Flint des engl. Fürstentums Wales, an der Mündung des Clwyd in die Irische See, hat (1891) 6491 E., Hotels, Seebäder und schöne Aussicht auf die walisischen Berge.

Rhymney (spr. rimmnĕ), Stadt in der engl. Grafschaft Monmouth, 32 km im N. von Cardiff, am R., hat (1891) 7733 E.; große Eisenwerke.

Rhynchītes, s. Birkenblattroller und Rebenstecher,

Rhynchobdellĭdae, Rüsselegel, s. Blutegel.

Rhynchocephalĭa, s. Brückenechsen.

Rhyncholīthen (Rhyncholithes), Schnabelsteine, hat man die in verschiedenen geolog. Systemen (Trias, Jura, Kreide) aufgefundenen Kieferkerne von Nautiliden (s. d.) und andern Cephalopoden genannt.

Rhynchonella, s. Armfüßer.

Rhynchophŏra, weniger gebräuchlicher Name für Rüsselkäfer (s. d.).

Rhynchops, s. Scherenschnabel.

Rhynchosaurus, s. Brückenechsen.

Rhynchōta, Insektenordnung, s. Schnabelkerfe.

Rhynchōtus, Vogel, s. Inambu.

Rhynns of Galloway, Landzunge, s. Galloway.

Rhynsburger, religiöse Sekte, s. Kollegianten.

Rhyolīth, Liparit oder Quarztrachyt, zur Trachytgruppe gehöriges Eruptivgestein der Tertiärformation, ein späteres Äquivalent der den frühern Perioden angehörigen Quarz- oder Felsitporphyre. In der Regel zeigt es in einer weißlichen, hellgrauen oder hellrötlichen Grundmasse Krystalle von Quarz und Sanidin (glasigem Orthoklasfeldspat) ausgeschieden, wozu sich auch noch Plagioklasleisten, dunkle Glimmerblättchen, Hornblendesäulen und Augitkörner gesellen können. In manchen R. finden sich reichliche Aggregate von Tridymit. Die vielfach nicht kompakt, sondern porös ausgebildete oder Trümer und Nester von Hornstein und Jaspis enthaltende Grundmasse ist unter dem Mikroskop sehr verschiedenartig zusammengesetzt und struiert; sphärolithische Bildungen besitzen darin eine außerordentliche Verbreitung; ausgezeichnete Fluktuationsstruktur ist sehr häufig, die sich vielfach auch dem bloßen Auge in einer lamellaren Beschaffenheit ausspricht. In chem. Hinsicht sind die R. noch kieselsäurereichere Gesteine als die ältern Granite und Quarzporphyre, indem der Kieselsäuregehalt 75‒77 Proz. beträgt; auch waltet, im Gegensatz zu letztern, hier das Natron über das Kali vor. Reich an R. sind die Insel Island, das ungar.-siebenbürg. Gebirge, die Hügelgruppe der Euganeen, die Liparischen und Pontinischen Inseln, das Rhodopegebirge der Balkanhalbinsel, das armenische Hochland, Neuseeland, Mexiko, insbesondere der Westen von Nordamerika, wo rhyolithische Ergüsse sich in großer Mächtigkeit verbreiten. In engster Beziehung zum R. stehen die meisten Obsidiane und Perlite, gewisse Bimssteine und Pechsteine, die nur besondere Erstarrungsmodifikationen desselben Gesteinsmagmas sind.

Rhypĭa (grch.), s. Schmutzflechte.

Rhythmik (grch.), die Lehre vom Rhythmus; rhythmisch, taktmäßig.

Rhythmus (grch.), jede taktmäßige Bewegung, namentlich der abgemessene, gesetzmäßige, in seinen verschiedenen Formen zur Versinnlichung verschiedener seelischer Bewegungen dienende Wechsel von Hebungen und Senkungen der Silben in Worten, der Töne in Tonstücken u. s. w. Den R. in der Poesie bestimmt teils die Gruppierung der langen und kurzen Silben in Betracht ihrer Zeitlänge oder Quantität (so in der antiken Metrik), teils der Accent oder die verschiedene Betonung der Silben (so namentlich im german. Vers, s. Metrik). Man bemerkt nämlich außer der längern oder kürzern Zeitdauer der Silben, nach welcher sie in lange, kurze und mittelzeitige eingeteilt werden, noch eine andere Eigentümlichkeit der Sprachen, vermöge deren gewisse Wörter oder Silben durch stärkern Druck der Stimme vor andern hervorgehoben werden. So sind die beiden Silben in «Heirat» an Zeitgehalt einander gleich, aber verschieden in Hinsicht auf die Tonstärke. Die Silbe, welcher die Hebung (s. d.) zukommt, nennt man gewöhnlich Arsis (bezeichnet durch ´), die, auf welche die Senkung (s. d.) fällt, Thesis, die Hebung der Stimme selbst aber Iktus (Ictus); oder man sagt, eine Silbe stehe in der Arsis oder Thesis. Auch wo kein Wechsel von langen und kurzen Silben stattfindet, wie z. B. in dem spondeischen Hexameter, kann durch die bloße Arsis und Thesis Mannigfaltigkeit des Ganges und der Bewegung hervorgebracht werden. – Die der rhythmischen Gliederung zu Grunde liegende Zeiteinheit heißt Grundzeit, die keine absolute Dauer, sondern einen nach der größern oder geringern Schnelligkeit der Bewegung (dem Tempo) wechselnden