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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Rom (das antike)

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Rom (das antike)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Rom (das moderne)'

dern, entsponnen. (Vgl. H. Grimm, Die Vernichtung R.s, in der «Deutschen Rundschau», 1886; Lanciani im «Bulletino archeologico comunale», 1886; Vogel, Die Klagen über die Vernichtung R.s, in «Nord und Süd», 1887; F. O. Schulze im «Centralblatt der Bauverwaltung», 1887.) Die Verkehrs- und Gesundheitsverhältnisse der alten Quartiere entsprachen keineswegs den Anforderungen an eine moderne Großstadt, und schleunige durchgreifende Abhilfe that hier not; richtig ist auch, daß schon in frühern Entwicklungsperioden der Stadt, z.B. unter Sixtus V., mit schonungsloser Energie gegen das Bestehende vorgegangen worden ist. Aber keine Bauperiode ist künstlerisch so arm an schönen und großartigen Neuschöpfungen wie diese jüngste. Die massenhaft errichteten, zum Teil schon wieder verfallenen Mietskasernen würden bei vollständigem Ausbau angeblich für weitere 200000 Bewohner Raum bieten. Ihre Anlage nimmt aber auf die Bedürfnisse der Bevölkerung zu wenig Rücksicht, so daß weder für kleine (Arbeiter-) noch für Mittelwohnungen genügend gesorgt ist; die Preise sind unverhältnismäßig höher als in andern ital. Städten. Die ungesunde Entwicklung der Bauthätigkeit im neuesten R. wird zum Teil dadurch erklärlich, daß es erst 1887 eine Bauordnung (regolamento edilizio) erhalten hat, nachdem die Mängel vieler Neubauten und die zahlreichen Unglücksfälle während der Bauausführung zu Klagen Veranlassung gegeben hatten. Die Beaufsichtigung des Bauwesens steht unter einer Commissione edilizia von 12 Mitgliedern, die zur Hälfte aus Stadtverordneten besteht, als ständigen besoldeten Beamten aber nur einen Sekretär (Ingenieur) hat. (Vgl. Küster im «Centralblatt der Bauverwaltung», 1887.)

Die Stadtverwaltung zeigte sich den großen Aufgaben, welche die Umwandlung R.s in eine moderne Großstadt stellten, wenig gewachsen. Daß die klerikale Partei, welche in der Stadtverordnetenversammlung stark vertreten ist, die neue Entwicklung mit wenig freundlichem Auge betrachtet, ist erklärlich. Nicht minder ist der Umstand, daß die Leitung der großen Verwaltung nicht in den Händen eines geschulten Beamten liegt, sondern als Ehrenamt verwaltet wird, in entscheidenden Momenten von ungünstigem Einfluß gewesen. Bereits 1881 befand sich die Stadt in finanziell bedenklicher Lage, so daß der Staat helfend eingreifen mußte. Für ein Anlehen von 150 Mill. Lire, das zur Fortführung der begonnenen Straßenanlagen und öffentlichen Bauten dienen sollte, übernahm der Staat die Zinsgarantie (1883). Die folgenden Jahre bezeichnen einen zweiten Höhepunkt der Bauthätigkeit in und um R. Neue Quartiere entstanden auf den Prati di Castello, auf dem Boden der zerstörten Villa Ludovisi, vor Porta Salaria, vor Porta San Lorenzo, auf den Prati del Popolo Romano am Monte-Testaccio, auf den Prati di San Cosimato in Trastevere; andere auf dem Cälius und Aventin wurden geplant. Eine kühne Spekulation schuf Häuser weit über jedes Bedürfnis hinaus; bei den Straßenanlagen wurden die Expropriationspreise durch unreelle Spekulation so gesteigert, daß die Stadt von der 150-Millionen-Anleihe einen viel größern Betrag dafür aufwenden mußte, als vorhergesehen war.

Im J. 1889 waren die Finanzen der Stadt so weit gekommen, daß das bereits seit Jahren verschleierte Deficit eingestanden werden mußte: es betrug für 1890 nahezu 7 Mill. Lire. Ein königl. Kommissar ↔ wurde mit der Ordnung der Finanzen betraut. Die Fortführung der großen öffentlichen Bauten (Tiberregulierung, Justizpalast, Poliklinik) wurde vom Staate übernommen; ein staatlicher Zuschuß, Verlangsamung der öffentlichen Bauten, die Einführung der Familiensteuer und größere Ordnung im städtischen Haushalt sollen für künftig einem Deficit vorbeugen. 1891 trat die reguläre Stadtverwaltung wieder in Funktion. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt sind seitdem ungünstig geblieben, besonders hat der Zusammenbruch der Banca Romana zahlreiche andere Institute in Mitleidenschaft gezogen.

Litteratur. Über das neuere R.: Monografia della città di Roma, della Campagna romana (2 Bde., Rom 1881); das neueste administrative und statist. Material gesammelt in dem Bullettino amministrativo del Comune di Roma (12 Bde., 1883–94); C. Tommasi-Crudeli, Il clima di Roma (Rom 1886); Helbig, Führer durch die öffentlichen Sammlungen R.s (2 Bde., Lpz. 1891); W. F. Erhardt, Das medizinische R. (in der «Berliner klinischen Wochenschrift», 1893). Neuere Reisebücher: Gsell-Fells, R. und die Campagna (3. Aufl., Lpz. 1887); de Bleser, Rome et ses monuments, guide du voyageur catholique (5. Aufl., Löwen 1891); Baedeker, Mittelitalien und R. (10. Aufl., Lpz. 1893).

Das antike Rom. Sieben mäßig erhobene Hügel am linken Flußufer werden schon im Altertum als eigentliche Stätte der «Siebenhügelstadt» (Urbs septicollis) zusammen genannt; es sind von S. nach N.: Mons Aventinus (46 m; s. Aventinischer Hügel), Mons Caelius (50 m; s. Caelius mons), Mons Palatinus (52 m; s. Palatinischer Berg), Mons Capitolinus (49 m; s. Kapitol), Mons Esquilinus (60 m; s. Esquilinischer Hügel), Collis Viminalis (56 m), Collis Quirinalis (s. Quirinal). Die vier ersten erheben sich isoliert voneinander, geschieden durch tiefe, in der Urzeit sumpfige Thäler: zwischen Kapitol und Palatin das Velabrum, zwischen Palatin und Aventin das Thal des Circus Maximus (s. Cirkus), zwischen Palatin, Kapitol und Esquilin das Thal des Forum Romanum (s. Forum). Nach dem Flusse zu, dem Fuße des Palatins und des Kapitols vorgelagert, ist das Forum Boarium; nördlich vom Kapitol, zwischen Tiber, Quirinal und Pincius, die ausgedehntere Fläche des Campus Martius (s. Marsfeld). Die drei letztgenannten Hügel laufen zungenförmig von einer Bodenerhebung aus, welche sich nach O. verflacht. Die Höhen am rechten Ufer (Janiculum, 85 m) gehörten ursprünglich nicht zur Stadt, wurden aber schon in der Zeit der Republik besiedelt und in der Kaiserzeit der Stadt einverleibt.

A. Gründung. Königszeit. Die Anfänge der Stadt R. lagen schon im Altertum, als die histor. Behandlung der röm. Urgeschichte begann, im Dunkel; die zahlreichen, zum Teil durch tendenziöse Entstellung getrübten Sagen widersprechen sich sehr häufig. Romulus (s. d.) soll 21. April 753 v.Chr., dem Tage des Festes der Palilien, auf dem Palatinischen Berge die älteste Stadt (Roma quadrata) gegründet, sie mit einer Mauer umzogen und mehrere Tempel erbaut haben. Zu dieser ältesten latinischen Ansiedelung sei dann eine zweite sabinische auf dem Quirinal hinzugekommen (Raub der Sabinerinnen); der Kapitolinische Hügel (s. Kapitol) gilt als die gemeinsame Citadelle (arx) der latinisch-sabinischen Stadt. Tullus Hostilius soll den Cälius zur Stadt gezogen und die Bewohner des von ihm zerstörten Albalonga (s. d.) dort angesiedelt haben.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 941.