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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schleswig-Holsteiner Kanal - Schleswig-Holsteinische Marschbahn

preuß. Civilbehörde, die die Regierung in Kiel aufhob und 1. Febr. 1865 nach alter Weise eine "Schleswig-Holsteinische Landesregierung" auf Schloß Gottorp einsetzte.

Immer deutlicher gaben sich jetzt die Ziele der preuß. Politik kund. Unterm 14. Dez. 1864 erhielt das preuß. Kronsyndikat den Auftrag, ein Rechtsgutachten über die vorliegenden sämtlichen Ansprüche auf S. und Lauenburg zu erstatten. Acht Tage später (22. Dez.) richtete Baron Karl von Scheel-Plessen nebst 16 Genossen eine Adresse an den Wiener und Berliner Hof, die den "engsten Anschluß" S.s an die preuß. Monarchie als wünschenswert bezeichnete. Diese Adresse veranlaßte eine Gegendemonstration, die sog. Vierziger-Erklärung zu Kiel 15. Jan. 1865, welche die sofortige "Konstituierung des schlesw.-holstein. Staates unter Herzog Friedrich VIII." forderte. Dem gegenüber vereinigte sich die nationale Partei zu Rendsburg 12. Febr. über ein polit. Programm, worin alles Gewicht auf die bundesstaatliche Unterordnung S.s unter Preußen gelegt war. Seit dieser offenen Spaltung entbrannte in S. ein lebhafter Parteikampf. Andererseits fing Österreich jetzt an, der preuß. Politik mit größerer Entschiedenheit entgegenzutreten; eine österr. Depesche vom 10. Juli formulierte das äußerste Maß der an Preußen in S. einzuräumenden Zugeständnisse. Ein offener Bruch schien unvermeidlich; doch fand die Diplomatie in der 14. Aug. abgeschlossenen Konvention von Gastein ein Auskunftsmittel, wonach unbeschadet der Fortdauer der durch den Wiener Frieden gemeinsam erworbenen Rechte Österreich diese Rechte in Holstein, Preußen in Schleswig ausüben, Lauenburg dagegen definitiv an Preußen übergehen sollte. Bald darauf (11. Sept.) erstattete das preuß. Kronsyndikat das erforderte Rechtsgutachten. Dasselbe erklärte die auf dem Londoner Traktat von 1852 beruhende dän. Thronfolgeordnung auch in S. für rechtsgültig und Preußen und Österreich, als Rechtsnachfolger des Königs Christian IX., für nicht verpflichtet, Erbansprüche anderer Mitglieder des Oldenburger Hauses anzuerkennen.

Am 15. Sept. 1865 trat die durch den Gasteiner Vertrag geschaffene neue Ordnung ins Leben. Im Herzogtum Schleswig ward der General von Manteuffel zum preuß. Militär- und Civilgouverneur ernannt. Unter ihm wirkte der bisherige Civilkommissar von Zedlitz als Regierungspräsident und eine "Schleswigsche Regierung" auf Schloß Gottorp. Im Herzogtum Holstein trat als kaiserl. österr. Statthalter der Feldmarschalllieutenant von Gablenz ein, der seinen Sitz in Kiel nahm; ihm war als Civiladlatus der Ministerialrat von Hoffmann beigeordnet, der an der Spitze einer "Herzoglich Holsteinischen Landesregierung" in Kiel stand. Seit Anfang 1866 trat der Zwiespalt der beiden Mitbesitzer immer deutlicher hervor. Am 1. Juni stellte Österreich die definitive Entscheidung der schlesw.-holstein. Frage dem Deutschen Bunde anheim und ließ durch den Statthalter die holstein. Provinzialstände nach Itzehoe berufen. Eine preuß. Depesche vom 3. Juni erklärte dies für einen Bruch der Gasteiner Konvention. Am 7. Juni rückte der Gouverneur Manteuffel zur Wahrung der Rechte Preußens wieder in Holstein ein; 10. Juni verkündigte er die Auflösung der sog. Herzoglich Holsteinischen Landesregierung und die Ernennung des Barons Karl von Scheel-Plessen zum königlich preuß. Oberpräsidenten für S. Am 11. und 12. Juni gingen die österr. Truppen über die Elbe nach Harburg, denen Erbprinz Friedrich folgte.

Der Deutsche Krieg von 1866 (s. d.) und der Prager Frieden vom 23. Aug. 1866 (s. Prag, Bd. 13, S. 353 a fg.) entschieden über das Schicksal S.; doch wurde durch einen zu Wien 11. Okt. 1878 zwischen Preußen und Österreich abgeschlossenen Vertrag Art. 5 des Friedensvertrags förmlich aufgehoben und außer Kraft gesetzt (s. Preußen, Bd. 13, S. 422 b fg.). Am 27. Sept. 1866 kam ein Vertrag zwischen Preußen und Oldenburg zu stande, wodurch Großherzog Peter die Rechtsansprüche der Linie Holstein-Gottorp zu Gunsten des preuß. Königshauses aufgab. Dafür erhielt er 1 Mill. Thlr., das holstein. Amt Ahrensböck und einige anstoßende kleine Distrikte, die 19. Juni 1867 mit dem oldenb. Fürstentum Lübeck vereinigt wurden. Schon vorher hatte die Einverleibung S.s in die preuß. Monarchie 24. Jan. 1867 stattgefunden. Nachträglich gewährte die preuß. Krone dem Hause Schleswig-Holstein-Glücksburg für die auf Art. XI des Wiener Friedens begründeten Ansprüche durch Gesetz vom 20. März 1882 eine Abfindungsrente von jährlich 54000 M. Auch das herzogl. Augustenburgische Haus, das seinen Rechtsansprüchen zu Gunsten Preußens entsagte und seine erlittenen Vermögensverluste geltend machte, erhielt durch Gesetz vom 1. April 1885 eine Schadloshaltung, im wesentlichen bestehend aus dem Schloß Augustenburg und einer Jahresrente von 300000 M. Seit 1891 bildet die Insel Helgoland einen Teil der Provinz S.

Litteratur. Die Schleswig-Holstein-Lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Geschichte hat eine Urkundensammlung (1839 fg.), eine Quellensammlung (1862 fg.), sowie Regesten und Urkunden (1885 fg.) herausgegeben und veröffentlicht eine "Zeitschrift" (Kiel 1871 fg.). Vgl. ferner Christiani, Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (4 Bde., Flensb. 1776-79); ders., Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein unter dem Oldenburger Hause (Bd. 1 u. 2, Hamb. und Dessau 1781-84; fortgesetzt von Hegewisch, Bd. 3 u. 4, Kiel 1801-2, und von Kobbe bis 1808, Altona 1834); Waitz, S.s Geschichte (2 Bde., Gött. 1851-54); ders., Kurze schlesw.-holstein. Landesgeschichte (Kiel 1864); Handelmann, Geschichte von S. (ebd. 1873). Über die neuere Zeit vgl. Droysen und Samwer, Die Herzogtümer S. und das Königreich Dänemark. Aktenmäßige Geschichte der dän. Politik seit dem J. 1806 (2. Aufl., Hamb. 1850); Lüders, Denkwürdigkeiten zur neuesten schlesw.-holstein. Geschichte (4 Bde., Stuttg. 1851-53); Möller, Geschichte S.s. Von der ältesten Zeit bis auf die Gegenwart (neue Ausgabe von Godt, 2 Bde., Altona 1888; 3. Abteil.: Von der Erhebung bis zur Gegenwart, von Godt, ebd. 1888); von Sybel, Die Begründung des Deutschen Reichs durch Wilhelm I., Bd. 3 (Münch. und Lpz. 1889).

Schleswig-Holsteiner Kanal, s. Eiderkanal.

Schleswig-Holsteinische Kriege, s. Deutsch-Dänischer Krieg von 1848 bis 1850 und Deutsch-Dänischer Krieg von 1864.

Schleswig-Holsteinische landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zu Kiel, s. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaften.

Schleswig-Holsteinische Marschbahn, von Elmshorn über Glückstadt, Itzehoe, Heide, Husum und Tondern nach der dän. Grenze bei Ribe