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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schulz (Moritz) - Schulze (Franz Eilhard)
(z. B. "Das Erntefest", "Aline, Königin von Gol-
conda") u. s. w. Anfang 1795 nahm er wegen
Kränklichkeit seine Entlassung, kehrte nach Preußen
zurück und starb 10. Juni 1800 in Schwedt. Sein
Ruf und seine Bedeutung beruhen in seinen Leistun-
gen auf dem Gebiete des Liedes, das er und Rei-
ch ardt wieder einem volkstümlichen Stil zuzuführen
suchten. Von seinen größtenteils fein und geschmack-
voll gestalteten "Liedern im Volkston" leben noch
heute viele im Munde des Volks; so z. V. "Blühe,
liebes Veilchen", "Seht den Himmel wie heiter",
"Gesund und frohen Mutes", "Warum sind der
Thränen", "Am Rhein, am Rhein", "Des Jahres
letzte stunde" u. s. w.
Schulz, Moritz, Bildhauer, geb. 4. Nov. 1825 zu
Leobschütz, lernte an der Gewerbeschule in Posen
Modellieren und Zeichnen, begab sich dann an die
Akademie in Berlin, wo ihn Drake in sein Atelier auf-
nahm. Zier war er an den Marmorarbeiten für das
MonumentFriedrichWilhelmslll. beschäftigt, erhielt
den Staatspreis für eine Studienreise nach Italien
und ging darauf 1854 nach Rom. Dort entstanden
bis 1870 eine Anzahl Figuren und Gruppen in
Marmor, so der Raub des Ganymcd, die Nacht,
Bacchus als Kind mit dem Panther, der Genius
Preußens mit dem Adler (für das königl. Schloß in
Berlin), Caritas (Berliner Nationalgalerie), Sta-
tuette des Papstes Pius IX. Seit der Rückkehr nach
Berlin vollendete S. zwei Kolossalgruppen an den
Wangen der Freitreppe der Nationalgalerie, dar-
stellend den ersten Kunstunterricht, einen Fries da-
selbst (die Künstler seit Karl d. Gr. bis Friedrich
Wilhelm IV.) und die Statucngruppe Germania
als Beschützerin der bildenden Künste (in Sandstein
ausgeführt von H. Wittig); ferner eine Etatue
Friedrichs d. Gr. für Thorn, das Vronzerelief:
Scene aus der Schlacht bei Königgrätz, an der Ber-
liner Siegessäule, den Gedenkschild auf den sieg-
reichen Zug über den Rhein gegen Frankreich. Von
Bildwerken sind sodann zu nennen die Marmor-
gruppen Amor und Psyche (königl. Palais in
Berlin), Ganymed den Pfau der Juno fütternd.
Schulz, Otto Aug., Buchhändler, geb. 2. Okt.
1803 in Leipzig, errichtete daselbst 1838 eine Ver-
lagsbuchhandlung, deren Hauptuntcrnehmen das
von ihm begründete und herausgegebene "Adreß-
buch für den Deutschen Buchhandel" (1839 fg.,
in jährlichen Ausgaben) wurde. Damit verband
er den Autographenhandel. Er fchrieb: "Guten-
berg oder Geschichte der Vuchdruckcrkunst" (Lpz.
1840; Festschrift) und das "Handbuch für Auto-
graphenfammler" (im Verein mit I. Günther, ebd.
1856). Nach feinem Tode (11. Nov. 1860) führte
sein Sohn Hermann S. (geb. 1. Okt. 1840) die
Firma weiter (seit 1867 auf eigene Rechnung). Das
"Adreßbuch" vervollkommnete sich immer mehr, ging
1888 durch Kauf an den Vörsenverein der Deutschen
Buchhändler über und wird von diesem fortgesetzt.
Im Autographenhandel hat die Firma die erste
Stelle in Deutschland erlangt und veröffentlicht wert-
volle Lagerkataloge (bis 1895: 24). Der Verlag be-
steht aus handelswissenschaftlichen Lehrbüchern.
Schulze, Schulz oder Schultheiß, eigent-
lich Schuldheis (Zculäai-inZ oder scniteUis), ur-
sprünglich der Beamte, welcher die Mitglieder der
Gemeinde zu Leistung und Entrichtung ihrer Schul-
digkeit gegen den König oder Fürsten anzuhalten
hatte. Der Name kommt von "Schuld" und "hei-
schen", d. h. fordern. Der S. war der Vorsteher
der Gemeinde, wie der Graf Vorsteher des Gaues.
Schon im Mittelalter erscheint der S. aber auch
als Stellvertreter des eigentlichen Richters, des
Grafen. In den Städten kommt er dann bei deren
weiterer und kräftigerer Entwicklung häusig neben
dem Vogt vor; doch war seine Stellung und Be-
deutung nach der Verfassung der einzelnen Städte
verschieden. Gegenwärtig heißt noch sehr häufig S.
der Vorsteher der Dorfgemeinde, der von der Ge-
meinde erwählt oder von der Gutsherrschaft oder
der Regierung ernannt und eingesetzt wird. Zu-
weilen ruht das Schulzenamt auf einem Gute, und
dann heißt der S. Erbschulze, Erbscholtisei-
b esitz er und, wenn er das Gut zu Lehn hat, Lehn-
schulze. Besitzer von Schulzengütern, welche das
Amt nicht versehen können oder wollen, müssen auf
ihre Kosten geeignete Stellvertreter bestellen. In
Preußen ist diese Einrichtung durch die Kreisord-
nung vom 19. März 1881 beseitigt. Der Dorf-
fchulze wird in einigen Gegenden auch Richter,
in andern Bürgermeister genannt. - Vgl. von
Niedel, Nber die Dorfschulzen (Königsb. 1834).
Schulze, Ernst, Dichter, geb. 22. März 1789 zu
Celle, studierte seit 1806 in Göttingen Theologie und
klassische Philologie und habilitierte sich 1812 da-
selbst als Privatdoccnt. 1813 machte er im Beau-
lieuschen Iägerkorps den Feldzug an der Niederelbe
mit, kehrte dann nach Göttingen zurück, wo er bald
ernstlich erkrankte. Er starb 29. Juni 1817 in Celle.
S. ist nur in beschränktem Sinne den Romantikern
zuzuzählen. Er erklärte sich selbst für einen ent-
fchiedencn Gegner der "falschen Romantiker". Sein
Gedicht "Amor und Psyche, Fragment aus einem
griech. Märchen" (in Vouterweks "Neuer Vesta",
Lpz. 1808 u. 1810) wandelt in den Bahnen Wie-
lands. Seine Liebe zu Cäcilie Tychsen feierte er in
"Cäcilie, ein romantisches Gedicht in 20 Gesängen"
(2 Bde., Lpz. 1818), das den Sieg des Christentums
über die heidn. Germanen darstellt und reich ist an
patriotischen Anspielungen. Nach Cäciliens frühem
Tode übertrug S. seine Liebe auf deren Schwester
Adelheid. In dieser Zeit verfaßte er eine Menge
kleiner Gedichte, Poet. Episteln, Elegien, nach In-
halt und Form die bedeutendsten unter seinen Dich-
tungen, die er selbst gesammelt herausgab (Gott.
1813). Seine letzte Dichtung ist die formvollendete
"Vezauberte Rose" (Lpz. 1818 u. ö.), ein Poet. Mär-
chen, getaucht in die warme Farbenfülle Ariosts,
in die träumerisch willenlose Stimmung der Ro-
mantik; sie gewann den von F. A. Vrockhaus für
die "Urania" ausgesetzten Preis und wurde darin
(1818) zum erstenmal gedruckt. Eine Ausgabe seiner
"Sämtlichen Poet. Werke" nebst Biographie gab
Vouterwek (4 Bde., Lpz. 1818-30; 3. Aufl., mit
einer aus seinem Tagebuch - und Briesnachlaß ge-
schöpften vollständigen Biographie des Dichters von
H. Marggrasf, 5 Bde., ebd. 1855).
Schulze, Franz Eilhard, Zoolog, geb. 22. März
1840 in Eldena bei Greifswald, studierte zuerst in
Rostock unter Stannius und Bergmann, ging darauf
nach Bonn, wo namentlich Max Schultze auf ihn
einwirkte. Er habilitierte sich 1863 in Rostock für
Anatomie und wurde zwei Jahre fpäter daselbst ord.
Professor der Zoologie und der vergleichenden Ana-
tomie, als welcher er an der preuh. Expedition des
Dampfers Pommerania zur Erforschung der Nord-
see teilnahm. 1873 folgte er einem Rufe als ord.
Professor der Zoologie nach Graz und 1884 nach
Berlin. Seine zahlreichen Schriften beschäftigen sich